Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

auch genug; wir wollen uns nicht mit tausend-
fach vereinzelten Stichen das Herz durchprikkeln,
sondern nur kurz dabei bleiben, daß es nun ein-
mal so gekommen war, wie ich es vorhin sagte.
Die arme Undine war sehr betrübt, die andern
Beiden waren auch nicht eben vergnügt; sonder-
lich meinte Bertalda bei der geringsten Abwei-
chung von dem, was sie wünschte, den eifersüch-
tigen Druck der beleidigten Hausfrau zu spüren.
Sie hatte sich deshalb ordentlich ein herrisches
Wesen angewöhnt, dem Undine in wehmüthiger
Entsagung nachgab, und das durch den verblen-
deten Huldbrand gewöhnlich auf's entschiedenste
unterstützt ward. -- Was die Burggesellschaft
noch mehr verstörte, waren allerhand wunder-
liche Spukereien, die Huldbranden und Bertal-
den in den gewölbten Gängen des Schlosses
begegneten, und von denen vorher seit Menschen-
gedenken nichts gehört worden war. Der lange,
weiße Mann, in welchem Huldbrand den Oheim
Kühleborn, Bertalda den gespenstischen Brun-
nenmeister nur allzuwohl erkannte, trat oftmals

auch genug; wir wollen uns nicht mit tauſend-
fach vereinzelten Stichen das Herz durchprikkeln,
ſondern nur kurz dabei bleiben, daß es nun ein-
mal ſo gekommen war, wie ich es vorhin ſagte.
Die arme Undine war ſehr betruͤbt, die andern
Beiden waren auch nicht eben vergnuͤgt; ſonder-
lich meinte Bertalda bei der geringſten Abwei-
chung von dem, was ſie wuͤnſchte, den eiferſuͤch-
tigen Druck der beleidigten Hausfrau zu ſpuͤren.
Sie hatte ſich deshalb ordentlich ein herriſches
Weſen angewoͤhnt, dem Undine in wehmuͤthiger
Entſagung nachgab, und das durch den verblen-
deten Huldbrand gewoͤhnlich auf’s entſchiedenſte
unterſtuͤtzt ward. — Was die Burggeſellſchaft
noch mehr verſtoͤrte, waren allerhand wunder-
liche Spukereien, die Huldbranden und Bertal-
den in den gewoͤlbten Gaͤngen des Schloſſes
begegneten, und von denen vorher ſeit Menſchen-
gedenken nichts gehoͤrt worden war. Der lange,
weiße Mann, in welchem Huldbrand den Oheim
Kuͤhleborn, Bertalda den geſpenſtiſchen Brun-
nenmeiſter nur allzuwohl erkannte, trat oftmals

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0140" n="126"/>
auch genug; wir wollen uns nicht mit tau&#x017F;end-<lb/>
fach vereinzelten Stichen das Herz durchprikkeln,<lb/>
&#x017F;ondern nur kurz dabei bleiben, daß es nun ein-<lb/>
mal &#x017F;o gekommen war, wie ich es vorhin &#x017F;agte.<lb/>
Die arme Undine war &#x017F;ehr betru&#x0364;bt, die andern<lb/>
Beiden waren auch nicht eben vergnu&#x0364;gt; &#x017F;onder-<lb/>
lich meinte Bertalda bei der gering&#x017F;ten Abwei-<lb/>
chung von dem, was &#x017F;ie wu&#x0364;n&#x017F;chte, den eifer&#x017F;u&#x0364;ch-<lb/>
tigen Druck der beleidigten Hausfrau zu &#x017F;pu&#x0364;ren.<lb/>
Sie hatte &#x017F;ich deshalb ordentlich ein herri&#x017F;ches<lb/>
We&#x017F;en angewo&#x0364;hnt, dem Undine in wehmu&#x0364;thiger<lb/>
Ent&#x017F;agung nachgab, und das durch den verblen-<lb/>
deten Huldbrand gewo&#x0364;hnlich auf&#x2019;s ent&#x017F;chieden&#x017F;te<lb/>
unter&#x017F;tu&#x0364;tzt ward. &#x2014; Was die Burgge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
noch mehr ver&#x017F;to&#x0364;rte, waren allerhand wunder-<lb/>
liche Spukereien, die Huldbranden und Bertal-<lb/>
den in den gewo&#x0364;lbten Ga&#x0364;ngen des Schlo&#x017F;&#x017F;es<lb/>
begegneten, und von denen vorher &#x017F;eit Men&#x017F;chen-<lb/>
gedenken nichts geho&#x0364;rt worden war. Der lange,<lb/>
weiße Mann, in welchem Huldbrand den Oheim<lb/>
Ku&#x0364;hleborn, Bertalda den ge&#x017F;pen&#x017F;ti&#x017F;chen Brun-<lb/>
nenmei&#x017F;ter nur allzuwohl erkannte, trat oftmals<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0140] auch genug; wir wollen uns nicht mit tauſend- fach vereinzelten Stichen das Herz durchprikkeln, ſondern nur kurz dabei bleiben, daß es nun ein- mal ſo gekommen war, wie ich es vorhin ſagte. Die arme Undine war ſehr betruͤbt, die andern Beiden waren auch nicht eben vergnuͤgt; ſonder- lich meinte Bertalda bei der geringſten Abwei- chung von dem, was ſie wuͤnſchte, den eiferſuͤch- tigen Druck der beleidigten Hausfrau zu ſpuͤren. Sie hatte ſich deshalb ordentlich ein herriſches Weſen angewoͤhnt, dem Undine in wehmuͤthiger Entſagung nachgab, und das durch den verblen- deten Huldbrand gewoͤhnlich auf’s entſchiedenſte unterſtuͤtzt ward. — Was die Burggeſellſchaft noch mehr verſtoͤrte, waren allerhand wunder- liche Spukereien, die Huldbranden und Bertal- den in den gewoͤlbten Gaͤngen des Schloſſes begegneten, und von denen vorher ſeit Menſchen- gedenken nichts gehoͤrt worden war. Der lange, weiße Mann, in welchem Huldbrand den Oheim Kuͤhleborn, Bertalda den geſpenſtiſchen Brun- nenmeiſter nur allzuwohl erkannte, trat oftmals

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/140
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/140>, abgerufen am 26.11.2024.