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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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ließ, kein Auge von Undinen. Aber die schöne
Frau blieb noch immer still, und lächelte nur
heimlich und innig froh vor sich hin. Wer um
ihre gethane Verheissung wußte, konnte sehn,
daß sie ihr erquickendes Geheimniß alle Augen-
blick verrathen wollte, und es doch noch immer
in lüsterner Entsagung zurücklegte, wie es Kinder
bisweilen mit ihren liebsten Lekkerbissen thun.
Bertalda und Huldbrand theilten dies wonnige
Gefühl, in hoffender Bangigkeit das neue Glück
erwartend, welches von ihrer Freundin Lippen
auf sie hernieder thauen sollte. Da baten ver-
schiedne von der Gesellschaft Undinen um ein
Lied. Es schien ihr gelegen zu kommen, sie
ließ sich sogleich ihre Laute bringen, und sang
folgende Worte:

Morgen so hell,
Blumen so bunt,
Gräser so duftig und hoch
An wallenden See's Gestade!
Was zwischen den Gräsern
Schimmert so licht?

ließ, kein Auge von Undinen. Aber die ſchoͤne
Frau blieb noch immer ſtill, und laͤchelte nur
heimlich und innig froh vor ſich hin. Wer um
ihre gethane Verheiſſung wußte, konnte ſehn,
daß ſie ihr erquickendes Geheimniß alle Augen-
blick verrathen wollte, und es doch noch immer
in luͤſterner Entſagung zuruͤcklegte, wie es Kinder
bisweilen mit ihren liebſten Lekkerbiſſen thun.
Bertalda und Huldbrand theilten dies wonnige
Gefuͤhl, in hoffender Bangigkeit das neue Gluͤck
erwartend, welches von ihrer Freundin Lippen
auf ſie hernieder thauen ſollte. Da baten ver-
ſchiedne von der Geſellſchaft Undinen um ein
Lied. Es ſchien ihr gelegen zu kommen, ſie
ließ ſich ſogleich ihre Laute bringen, und ſang
folgende Worte:

Morgen ſo hell,
Blumen ſo bunt,
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Schimmert ſo licht?
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[106/0120] ließ, kein Auge von Undinen. Aber die ſchoͤne Frau blieb noch immer ſtill, und laͤchelte nur heimlich und innig froh vor ſich hin. Wer um ihre gethane Verheiſſung wußte, konnte ſehn, daß ſie ihr erquickendes Geheimniß alle Augen- blick verrathen wollte, und es doch noch immer in luͤſterner Entſagung zuruͤcklegte, wie es Kinder bisweilen mit ihren liebſten Lekkerbiſſen thun. Bertalda und Huldbrand theilten dies wonnige Gefuͤhl, in hoffender Bangigkeit das neue Gluͤck erwartend, welches von ihrer Freundin Lippen auf ſie hernieder thauen ſollte. Da baten ver- ſchiedne von der Geſellſchaft Undinen um ein Lied. Es ſchien ihr gelegen zu kommen, ſie ließ ſich ſogleich ihre Laute bringen, und ſang folgende Worte: Morgen ſo hell, Blumen ſo bunt, Graͤſer ſo duftig und hoch An wallenden See’s Geſtade! Was zwiſchen den Graͤſern Schimmert ſo licht?

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/120>, abgerufen am 24.11.2024.