nun bald darauf die großen Unwetter und Ue- berschwemmungen merkbarer wurden, zweifelte man um so minder an dem gewissen Untergange des schönen Fremden, den auch Bertalda ganz unverholen betrauerte, und sich selbst verwünsch- te, daß sie ihn zu dem unseeligen Ritte nach dem Walde gelockt habe. Ihre herzoglichen Pflegeältern waren gekommen, sie abzuholen, aber Bertalda bewog sie, mit ihr zu bleiben, bis man gewisse Nachricht von Huldbrands Le- ben oder Tod einziehe. Sie suchte verschiedne junge Ritter, die emsig um sie warben, zu be- wegen, daß sie dem edlen Abentheurer in den Forst nachziehn möchten. Aber ihre Hand moch- te sie nicht zum Preise des Wagestücks ausstellen, weil sie vielleicht noch immer hoffte, dem Wie- derkehrenden angehören zu können, und um Handschuh oder Band, oder auch selbst um einen Kuß, wollte Niemand sein Leben dran setzen, einen so gar gefährlichen Nebenbuhler zurück zu holen.
Nun, da Huldbrand unerwartet und plötz-
nun bald darauf die großen Unwetter und Ue- berſchwemmungen merkbarer wurden, zweifelte man um ſo minder an dem gewiſſen Untergange des ſchoͤnen Fremden, den auch Bertalda ganz unverholen betrauerte, und ſich ſelbſt verwuͤnſch- te, daß ſie ihn zu dem unſeeligen Ritte nach dem Walde gelockt habe. Ihre herzoglichen Pflegeaͤltern waren gekommen, ſie abzuholen, aber Bertalda bewog ſie, mit ihr zu bleiben, bis man gewiſſe Nachricht von Huldbrands Le- ben oder Tod einziehe. Sie ſuchte verſchiedne junge Ritter, die emſig um ſie warben, zu be- wegen, daß ſie dem edlen Abentheurer in den Forſt nachziehn moͤchten. Aber ihre Hand moch- te ſie nicht zum Preiſe des Wageſtuͤcks ausſtellen, weil ſie vielleicht noch immer hoffte, dem Wie- derkehrenden angehoͤren zu koͤnnen, und um Handſchuh oder Band, oder auch ſelbſt um einen Kuß, wollte Niemand ſein Leben dran ſetzen, einen ſo gar gefaͤhrlichen Nebenbuhler zuruͤck zu holen.
Nun, da Huldbrand unerwartet und ploͤtz-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0112"n="98"/>
nun bald darauf die großen Unwetter und Ue-<lb/>
berſchwemmungen merkbarer wurden, zweifelte<lb/>
man um ſo minder an dem gewiſſen Untergange<lb/>
des ſchoͤnen Fremden, den auch Bertalda ganz<lb/>
unverholen betrauerte, und ſich ſelbſt verwuͤnſch-<lb/>
te, daß ſie ihn zu dem unſeeligen Ritte nach<lb/>
dem Walde gelockt habe. Ihre herzoglichen<lb/>
Pflegeaͤltern waren gekommen, ſie abzuholen,<lb/>
aber Bertalda bewog ſie, mit ihr zu bleiben,<lb/>
bis man gewiſſe Nachricht von Huldbrands Le-<lb/>
ben oder Tod einziehe. Sie ſuchte verſchiedne<lb/>
junge Ritter, die emſig um ſie warben, zu be-<lb/>
wegen, daß ſie dem edlen Abentheurer in den<lb/>
Forſt nachziehn moͤchten. Aber ihre Hand moch-<lb/>
te ſie nicht zum Preiſe des Wageſtuͤcks ausſtellen,<lb/>
weil ſie vielleicht noch immer hoffte, dem Wie-<lb/>
derkehrenden angehoͤren zu koͤnnen, und um<lb/>
Handſchuh oder Band, oder auch ſelbſt um einen<lb/>
Kuß, wollte Niemand ſein Leben dran ſetzen,<lb/>
einen ſo gar gefaͤhrlichen Nebenbuhler zuruͤck zu<lb/>
holen.</p><lb/><p>Nun, da Huldbrand unerwartet und ploͤtz-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[98/0112]
nun bald darauf die großen Unwetter und Ue-
berſchwemmungen merkbarer wurden, zweifelte
man um ſo minder an dem gewiſſen Untergange
des ſchoͤnen Fremden, den auch Bertalda ganz
unverholen betrauerte, und ſich ſelbſt verwuͤnſch-
te, daß ſie ihn zu dem unſeeligen Ritte nach
dem Walde gelockt habe. Ihre herzoglichen
Pflegeaͤltern waren gekommen, ſie abzuholen,
aber Bertalda bewog ſie, mit ihr zu bleiben,
bis man gewiſſe Nachricht von Huldbrands Le-
ben oder Tod einziehe. Sie ſuchte verſchiedne
junge Ritter, die emſig um ſie warben, zu be-
wegen, daß ſie dem edlen Abentheurer in den
Forſt nachziehn moͤchten. Aber ihre Hand moch-
te ſie nicht zum Preiſe des Wageſtuͤcks ausſtellen,
weil ſie vielleicht noch immer hoffte, dem Wie-
derkehrenden angehoͤren zu koͤnnen, und um
Handſchuh oder Band, oder auch ſelbſt um einen
Kuß, wollte Niemand ſein Leben dran ſetzen,
einen ſo gar gefaͤhrlichen Nebenbuhler zuruͤck zu
holen.
Nun, da Huldbrand unerwartet und ploͤtz-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/112>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.