Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

die Natur und das Leben einmal so gemacht, einmal so gewollt haben! aber fragen muß ich Sie doch, ob Sie es Heut besser wie damals in mir dulden werden, wenn ich über manches anders denke, anders empfinde, wie Sie? Ich bin in der Hauptsache dieselbe geblieben. Sie haben das so eben noch gesehn. Ich muß sagen, wie ich es empfinde, berechnen kann ich nicht, solchen Kopf hatte ich nie. Und wenn mich nun meine Welterfahrung, mein rasches Hineinempfinden in das Leben, andere Dinge sehen läßt, als Ihnen Ihr mystischer Feuerblick zeigt, werden sich die Kinder da in dem Streite behaupten können? Was von allem wird ihnen wahr, nothwendig, und bestehend erscheinen?

Der Marquis schwieg einen Augenblick. Meine Freundin, hub er nach einer Weile an, ich bin unruhig in mir selbst geworden. Ich glaubte mit dem Außenleben fertig zu sein. Ich durfte das lange Zeit glauben, jetzt scheint die allgemein menschliche Wirksamkeit die gefristete Stundenzahl einzufodern, ich weiß nicht, wie ich mich darin finden werde, ich weiß nicht, wie ich mich überhaupt finden soll! Der Blick für das Maaß und die Verhältnisse des ganzen Außenwerkes ist mir verloren gegangen. Man hat den Boden unter mir verschoben, deshalb stehe ich zu dem neuen Leben in schiefer Richtung, und alles darin stört und verletzt

die Natur und das Leben einmal so gemacht, einmal so gewollt haben! aber fragen muß ich Sie doch, ob Sie es Heut besser wie damals in mir dulden werden, wenn ich über manches anders denke, anders empfinde, wie Sie? Ich bin in der Hauptsache dieselbe geblieben. Sie haben das so eben noch gesehn. Ich muß sagen, wie ich es empfinde, berechnen kann ich nicht, solchen Kopf hatte ich nie. Und wenn mich nun meine Welterfahrung, mein rasches Hineinempfinden in das Leben, andere Dinge sehen läßt, als Ihnen Ihr mystischer Feuerblick zeigt, werden sich die Kinder da in dem Streite behaupten können? Was von allem wird ihnen wahr, nothwendig, und bestehend erscheinen?

Der Marquis schwieg einen Augenblick. Meine Freundin, hub er nach einer Weile an, ich bin unruhig in mir selbst geworden. Ich glaubte mit dem Außenleben fertig zu sein. Ich durfte das lange Zeit glauben, jetzt scheint die allgemein menschliche Wirksamkeit die gefristete Stundenzahl einzufodern, ich weiß nicht, wie ich mich darin finden werde, ich weiß nicht, wie ich mich überhaupt finden soll! Der Blick für das Maaß und die Verhältnisse des ganzen Außenwerkes ist mir verloren gegangen. Man hat den Boden unter mir verschoben, deshalb stehe ich zu dem neuen Leben in schiefer Richtung, und alles darin stört und verletzt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0090" n="83"/>
die Natur und das Leben einmal so gemacht, einmal so gewollt haben! aber fragen muß ich Sie doch, ob Sie es Heut besser wie damals in mir dulden werden, wenn ich über manches anders denke, anders empfinde, wie Sie? Ich bin in der Hauptsache dieselbe geblieben. Sie haben das so eben noch gesehn. Ich muß sagen, wie ich es empfinde, berechnen kann ich nicht, solchen Kopf hatte ich nie. Und wenn mich nun meine Welterfahrung, mein rasches Hineinempfinden in das Leben, andere Dinge sehen läßt, als Ihnen Ihr mystischer Feuerblick zeigt, werden sich die Kinder da in dem Streite behaupten können? Was von allem wird ihnen wahr, nothwendig, und bestehend erscheinen?</p>
          <p>Der Marquis schwieg einen Augenblick. Meine Freundin, hub er nach einer Weile an, ich bin unruhig in mir selbst geworden. Ich glaubte mit dem Außenleben fertig zu sein. Ich durfte das lange Zeit glauben, jetzt scheint die allgemein menschliche Wirksamkeit die gefristete Stundenzahl einzufodern, ich weiß nicht, wie ich mich darin finden werde, ich weiß nicht, wie ich mich überhaupt finden soll! Der Blick für das Maaß und die Verhältnisse des ganzen Außenwerkes ist mir verloren gegangen. Man hat den Boden unter mir verschoben, deshalb stehe ich zu dem neuen Leben in schiefer Richtung, und alles darin stört und verletzt
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0090] die Natur und das Leben einmal so gemacht, einmal so gewollt haben! aber fragen muß ich Sie doch, ob Sie es Heut besser wie damals in mir dulden werden, wenn ich über manches anders denke, anders empfinde, wie Sie? Ich bin in der Hauptsache dieselbe geblieben. Sie haben das so eben noch gesehn. Ich muß sagen, wie ich es empfinde, berechnen kann ich nicht, solchen Kopf hatte ich nie. Und wenn mich nun meine Welterfahrung, mein rasches Hineinempfinden in das Leben, andere Dinge sehen läßt, als Ihnen Ihr mystischer Feuerblick zeigt, werden sich die Kinder da in dem Streite behaupten können? Was von allem wird ihnen wahr, nothwendig, und bestehend erscheinen? Der Marquis schwieg einen Augenblick. Meine Freundin, hub er nach einer Weile an, ich bin unruhig in mir selbst geworden. Ich glaubte mit dem Außenleben fertig zu sein. Ich durfte das lange Zeit glauben, jetzt scheint die allgemein menschliche Wirksamkeit die gefristete Stundenzahl einzufodern, ich weiß nicht, wie ich mich darin finden werde, ich weiß nicht, wie ich mich überhaupt finden soll! Der Blick für das Maaß und die Verhältnisse des ganzen Außenwerkes ist mir verloren gegangen. Man hat den Boden unter mir verschoben, deshalb stehe ich zu dem neuen Leben in schiefer Richtung, und alles darin stört und verletzt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T15:02:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T15:02:16Z)
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T15:02:16Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/90
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/90>, abgerufen am 25.11.2024.