Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.wir beide nicht noch einmal zwanzig Jahr werden können, so macht auch das Gesammtleben keinen Rückschritt. Politische Crisen sind Stufenjahre, geistige und leibliche Natur, alles geht einen Weg. Verwachsen Kinder ihren Schuh, so verwächst der Zeitmoment Formen. Lieber Marquis, wir betteln uns wohl einmal wieder in unser Vaterland zurück, aber die abgefallene Frucht ist doch tod. - Sie wissen also nichts von den Meinen? fuhr sie nachsinnend fort. Es ist schlimm! ich hatte auf meinen Bruder gehofft! Sie haben den Bruder wieder, liebe Pauline, sagte der Marquis sehr bewegt, wir verlassen einander nicht! Sie müssen meinen Töchtern die Mutter ersetzen. Ich verstehe nichts mehr von der Welt, die Welt nichts von mir, die armen Kinder sind wohl übel daran mit mir, gewiß liebe Freundin, Sie können nicht so ungroßmüthig sein, sie jetzt zu verlassen. Mußte denn so vieles geschehn, sagte die Baronin, ehe wir uns wiederfanden! Und sind wir nun zwei Andere geworden, daß Sie Vertrauen zu mir fassen? Mein alter Freund, ich sehe in dem umdämmertem Auge da dieselbe dunkle Gluth, die Hochzeit- und Todtenfackeln anzündete, die Schloß Clairval mit tausend Blitzen durchschoß, vor der sich Herzen zusammenzogen und die dennoch Schmerz wir beide nicht noch einmal zwanzig Jahr werden können, so macht auch das Gesammtleben keinen Rückschritt. Politische Crisen sind Stufenjahre, geistige und leibliche Natur, alles geht einen Weg. Verwachsen Kinder ihren Schuh, so verwächst der Zeitmoment Formen. Lieber Marquis, wir betteln uns wohl einmal wieder in unser Vaterland zurück, aber die abgefallene Frucht ist doch tod. – Sie wissen also nichts von den Meinen? fuhr sie nachsinnend fort. Es ist schlimm! ich hatte auf meinen Bruder gehofft! Sie haben den Bruder wieder, liebe Pauline, sagte der Marquis sehr bewegt, wir verlassen einander nicht! Sie müssen meinen Töchtern die Mutter ersetzen. Ich verstehe nichts mehr von der Welt, die Welt nichts von mir, die armen Kinder sind wohl übel daran mit mir, gewiß liebe Freundin, Sie können nicht so ungroßmüthig sein, sie jetzt zu verlassen. Mußte denn so vieles geschehn, sagte die Baronin, ehe wir uns wiederfanden! Und sind wir nun zwei Andere geworden, daß Sie Vertrauen zu mir fassen? Mein alter Freund, ich sehe in dem umdämmertem Auge da dieselbe dunkle Gluth, die Hochzeit- und Todtenfackeln anzündete, die Schloß Clairval mit tausend Blitzen durchschoß, vor der sich Herzen zusammenzogen und die dennoch Schmerz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0088" n="81"/> wir beide nicht noch einmal zwanzig Jahr werden können, so macht auch das Gesammtleben keinen Rückschritt. Politische Crisen sind Stufenjahre, geistige und leibliche Natur, alles geht einen Weg. Verwachsen Kinder ihren Schuh, so verwächst der Zeitmoment Formen. Lieber Marquis, wir betteln uns wohl einmal wieder in unser Vaterland zurück, aber die abgefallene Frucht ist doch tod. – Sie wissen also nichts von den Meinen? fuhr sie nachsinnend fort. Es ist schlimm! ich hatte auf meinen Bruder gehofft!</p> <p>Sie haben den Bruder wieder, liebe Pauline, sagte der Marquis sehr bewegt, wir verlassen einander nicht! Sie müssen meinen Töchtern die Mutter ersetzen. Ich verstehe nichts mehr von der Welt, die Welt nichts von mir, die armen Kinder sind wohl übel daran mit mir, gewiß liebe Freundin, Sie können nicht so ungroßmüthig sein, sie jetzt zu verlassen.</p> <p>Mußte denn so vieles geschehn, sagte die Baronin, ehe wir uns wiederfanden! Und sind wir nun zwei Andere geworden, daß Sie Vertrauen zu mir fassen? Mein alter Freund, ich sehe in dem umdämmertem Auge da dieselbe dunkle Gluth, die Hochzeit- und Todtenfackeln anzündete, die Schloß Clairval mit tausend Blitzen durchschoß, vor der sich Herzen zusammenzogen und die dennoch Schmerz </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [81/0088]
wir beide nicht noch einmal zwanzig Jahr werden können, so macht auch das Gesammtleben keinen Rückschritt. Politische Crisen sind Stufenjahre, geistige und leibliche Natur, alles geht einen Weg. Verwachsen Kinder ihren Schuh, so verwächst der Zeitmoment Formen. Lieber Marquis, wir betteln uns wohl einmal wieder in unser Vaterland zurück, aber die abgefallene Frucht ist doch tod. – Sie wissen also nichts von den Meinen? fuhr sie nachsinnend fort. Es ist schlimm! ich hatte auf meinen Bruder gehofft!
Sie haben den Bruder wieder, liebe Pauline, sagte der Marquis sehr bewegt, wir verlassen einander nicht! Sie müssen meinen Töchtern die Mutter ersetzen. Ich verstehe nichts mehr von der Welt, die Welt nichts von mir, die armen Kinder sind wohl übel daran mit mir, gewiß liebe Freundin, Sie können nicht so ungroßmüthig sein, sie jetzt zu verlassen.
Mußte denn so vieles geschehn, sagte die Baronin, ehe wir uns wiederfanden! Und sind wir nun zwei Andere geworden, daß Sie Vertrauen zu mir fassen? Mein alter Freund, ich sehe in dem umdämmertem Auge da dieselbe dunkle Gluth, die Hochzeit- und Todtenfackeln anzündete, die Schloß Clairval mit tausend Blitzen durchschoß, vor der sich Herzen zusammenzogen und die dennoch Schmerz
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/88>, abgerufen am 16.02.2025. |