Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.sich an Gedanken, eine liebe, heitere Welt that sich vor ihr auf, und sie dachte vergnügt, daß dennoch eine Zeit kommen könne, welche ihr den Schmuck des Lebens zuführen werde. Die Aebtissin hingegen fuhr in großer Bewegung fort; es ist gewiß, man verliert den Muth zu handeln, ja zu denken, wenn man es steht, auf wie morschem Grunde des Menschen Werke stehn! Bedurfte es mehr, als der Frechheit niederer Rebellen, um das zu zerstören, was Jahrhunderte erzeugten! Was hat dieser Zeitmoment nicht alles untergraben, was spurlos vernichtet! Und wie es einem gesegneten, arg- und sorglosen Volke im Allgemeinen erging, so ergeht es täglich jedem Einzelnen, ob auf Frankreichs oder Chinas Boden! und keinen, keinen giebt es, der nicht das Spiel seiner Hoffnungen, ja seiner Vorsätze, ein ganzes Leben hindurch wäre! Mit Schaudern betrat ich vor vielen Jahren diese Schwellen, und nun mir die Thore geöffnet sind, was bietet mir die Welt anders, als die bejammernswürdige Freiheit, meinen Wanderstab über die Gränzen meines Vaterlandes hinaussetzen zu dürfen, ohne irgendwo eine Heimath, ohne ein Herz zu finden, das zu mir gehört! Auch Du, rief sie, Marien heftig an sich ziehend, wirst die stillen Tage hier zu beweinen haben! Was kann das Leben anders mit Dir thun, als Dich verlocken und hintergehn? Die sich an Gedanken, eine liebe, heitere Welt that sich vor ihr auf, und sie dachte vergnügt, daß dennoch eine Zeit kommen könne, welche ihr den Schmuck des Lebens zuführen werde. Die Aebtissin hingegen fuhr in großer Bewegung fort; es ist gewiß, man verliert den Muth zu handeln, ja zu denken, wenn man es steht, auf wie morschem Grunde des Menschen Werke stehn! Bedurfte es mehr, als der Frechheit niederer Rebellen, um das zu zerstören, was Jahrhunderte erzeugten! Was hat dieser Zeitmoment nicht alles untergraben, was spurlos vernichtet! Und wie es einem gesegneten, arg- und sorglosen Volke im Allgemeinen erging, so ergeht es täglich jedem Einzelnen, ob auf Frankreichs oder Chinas Boden! und keinen, keinen giebt es, der nicht das Spiel seiner Hoffnungen, ja seiner Vorsätze, ein ganzes Leben hindurch wäre! Mit Schaudern betrat ich vor vielen Jahren diese Schwellen, und nun mir die Thore geöffnet sind, was bietet mir die Welt anders, als die bejammernswürdige Freiheit, meinen Wanderstab über die Gränzen meines Vaterlandes hinaussetzen zu dürfen, ohne irgendwo eine Heimath, ohne ein Herz zu finden, das zu mir gehört! Auch Du, rief sie, Marien heftig an sich ziehend, wirst die stillen Tage hier zu beweinen haben! Was kann das Leben anders mit Dir thun, als Dich verlocken und hintergehn? Die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0052" n="45"/> sich an Gedanken, eine liebe, heitere Welt that sich vor ihr auf, und sie dachte vergnügt, daß dennoch eine Zeit kommen könne, welche ihr den Schmuck des Lebens zuführen werde. Die Aebtissin hingegen fuhr in großer Bewegung fort; es ist gewiß, man verliert den Muth zu handeln, ja zu denken, wenn man es steht, auf wie morschem Grunde des Menschen Werke stehn! Bedurfte es mehr, als der Frechheit niederer Rebellen, um das zu zerstören, was Jahrhunderte erzeugten! Was hat dieser Zeitmoment nicht alles untergraben, was spurlos vernichtet! Und wie es einem gesegneten, arg- und sorglosen Volke im Allgemeinen erging, so ergeht es täglich jedem Einzelnen, ob auf Frankreichs oder Chinas Boden! und keinen, keinen giebt es, der nicht das Spiel seiner Hoffnungen, ja seiner Vorsätze, ein ganzes Leben hindurch wäre! Mit Schaudern betrat ich vor vielen Jahren diese Schwellen, und nun mir die Thore geöffnet sind, was bietet mir die Welt anders, als die bejammernswürdige Freiheit, meinen Wanderstab über die Gränzen meines Vaterlandes hinaussetzen zu dürfen, ohne irgendwo eine Heimath, ohne ein Herz zu finden, das zu mir gehört! Auch Du, rief sie, Marien heftig an sich ziehend, wirst die stillen Tage hier zu beweinen haben! Was kann das Leben anders mit Dir thun, als Dich verlocken und hintergehn? Die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0052]
sich an Gedanken, eine liebe, heitere Welt that sich vor ihr auf, und sie dachte vergnügt, daß dennoch eine Zeit kommen könne, welche ihr den Schmuck des Lebens zuführen werde. Die Aebtissin hingegen fuhr in großer Bewegung fort; es ist gewiß, man verliert den Muth zu handeln, ja zu denken, wenn man es steht, auf wie morschem Grunde des Menschen Werke stehn! Bedurfte es mehr, als der Frechheit niederer Rebellen, um das zu zerstören, was Jahrhunderte erzeugten! Was hat dieser Zeitmoment nicht alles untergraben, was spurlos vernichtet! Und wie es einem gesegneten, arg- und sorglosen Volke im Allgemeinen erging, so ergeht es täglich jedem Einzelnen, ob auf Frankreichs oder Chinas Boden! und keinen, keinen giebt es, der nicht das Spiel seiner Hoffnungen, ja seiner Vorsätze, ein ganzes Leben hindurch wäre! Mit Schaudern betrat ich vor vielen Jahren diese Schwellen, und nun mir die Thore geöffnet sind, was bietet mir die Welt anders, als die bejammernswürdige Freiheit, meinen Wanderstab über die Gränzen meines Vaterlandes hinaussetzen zu dürfen, ohne irgendwo eine Heimath, ohne ein Herz zu finden, das zu mir gehört! Auch Du, rief sie, Marien heftig an sich ziehend, wirst die stillen Tage hier zu beweinen haben! Was kann das Leben anders mit Dir thun, als Dich verlocken und hintergehn? Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/52 |
Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/52>, abgerufen am 16.02.2025. |