Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.Leidenschaft, in welche ihn das zur Hälfte gelungene Vorhaben, der Anblick seiner Kinder, alles vorher Erfahrene, der Ort ihres Wiedersehns, und eine unruhig in seiner Seele heraufdämmernde Zukunft, versetzte. Er redete, wie immer, außerordentlich schnell, leise, und mit geringer Bewegung der kaum geöffneten Lippen; so daß der Ton seiner Stimme einem fernen Säuseln glich, und um so gräßlicher eingriff, wenn ihn einzelne Erschütterungen, unversehns wie Sturmgeheul, hoben. Seine Worte fügten sich leicht und kunstlos: aber mit der seltsamen Behendigkeit laut denkender, sich alles aussprechender Gemüther, zu einem ganz eigenthümlich wogenden Strom der Rede zusammen. Ohne seinen Entschluß für die Zukunft bestimmt hinzustellen, verbreitete er sich mit der sinnlichsten Erfaßlichkeit über die schaudervolle Zerrüttung seines Vaterlandes und das Verhältniß jedes Gutgesinnten zu diesem; der rasche Lauf seiner Rede entführte ihn zuletzt sich selbst, er sagte Worte voll prophetischen Inhaltes, vor denen sich die Aebtissin scheu abwandte. Marie hielt diese freundlich umfangen, und folgte mit geschäftigem Blick den ungekannten schnellen Verschlingungen des Gesprächs. Antonie ging Gedankenvoll auf und nieder; zuweilen betrachtete sie die schönen, jetzt durch Alter und fortwährendes Arbeiten der Seele, scharfausgesprochenen Leidenschaft, in welche ihn das zur Hälfte gelungene Vorhaben, der Anblick seiner Kinder, alles vorher Erfahrene, der Ort ihres Wiedersehns, und eine unruhig in seiner Seele heraufdämmernde Zukunft, versetzte. Er redete, wie immer, außerordentlich schnell, leise, und mit geringer Bewegung der kaum geöffneten Lippen; so daß der Ton seiner Stimme einem fernen Säuseln glich, und um so gräßlicher eingriff, wenn ihn einzelne Erschütterungen, unversehns wie Sturmgeheul, hoben. Seine Worte fügten sich leicht und kunstlos: aber mit der seltsamen Behendigkeit laut denkender, sich alles aussprechender Gemüther, zu einem ganz eigenthümlich wogenden Strom der Rede zusammen. Ohne seinen Entschluß für die Zukunft bestimmt hinzustellen, verbreitete er sich mit der sinnlichsten Erfaßlichkeit über die schaudervolle Zerrüttung seines Vaterlandes und das Verhältniß jedes Gutgesinnten zu diesem; der rasche Lauf seiner Rede entführte ihn zuletzt sich selbst, er sagte Worte voll prophetischen Inhaltes, vor denen sich die Aebtissin scheu abwandte. Marie hielt diese freundlich umfangen, und folgte mit geschäftigem Blick den ungekannten schnellen Verschlingungen des Gesprächs. Antonie ging Gedankenvoll auf und nieder; zuweilen betrachtete sie die schönen, jetzt durch Alter und fortwährendes Arbeiten der Seele, scharfausgesprochenen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0044" n="37"/> Leidenschaft, in welche ihn das zur Hälfte gelungene Vorhaben, der Anblick seiner Kinder, alles vorher Erfahrene, der Ort ihres Wiedersehns, und eine unruhig in seiner Seele heraufdämmernde Zukunft, versetzte. Er redete, wie immer, außerordentlich schnell, leise, und mit geringer Bewegung der kaum geöffneten Lippen; so daß der Ton seiner Stimme einem fernen Säuseln glich, und um so gräßlicher eingriff, wenn ihn einzelne Erschütterungen, unversehns wie Sturmgeheul, hoben. Seine Worte fügten sich leicht und kunstlos: aber mit der seltsamen Behendigkeit laut denkender, sich alles aussprechender Gemüther, zu einem ganz eigenthümlich wogenden Strom der Rede zusammen. Ohne seinen Entschluß für die Zukunft bestimmt hinzustellen, verbreitete er sich mit der sinnlichsten Erfaßlichkeit über die schaudervolle Zerrüttung seines Vaterlandes und das Verhältniß jedes Gutgesinnten zu diesem; der rasche Lauf seiner Rede entführte ihn zuletzt sich selbst, er sagte Worte voll prophetischen Inhaltes, vor denen sich die Aebtissin scheu abwandte. Marie hielt diese freundlich umfangen, und folgte mit geschäftigem Blick den ungekannten schnellen Verschlingungen des Gesprächs. Antonie ging Gedankenvoll auf und nieder; zuweilen betrachtete sie die schönen, jetzt durch Alter und fortwährendes Arbeiten der Seele, scharfausgesprochenen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [37/0044]
Leidenschaft, in welche ihn das zur Hälfte gelungene Vorhaben, der Anblick seiner Kinder, alles vorher Erfahrene, der Ort ihres Wiedersehns, und eine unruhig in seiner Seele heraufdämmernde Zukunft, versetzte. Er redete, wie immer, außerordentlich schnell, leise, und mit geringer Bewegung der kaum geöffneten Lippen; so daß der Ton seiner Stimme einem fernen Säuseln glich, und um so gräßlicher eingriff, wenn ihn einzelne Erschütterungen, unversehns wie Sturmgeheul, hoben. Seine Worte fügten sich leicht und kunstlos: aber mit der seltsamen Behendigkeit laut denkender, sich alles aussprechender Gemüther, zu einem ganz eigenthümlich wogenden Strom der Rede zusammen. Ohne seinen Entschluß für die Zukunft bestimmt hinzustellen, verbreitete er sich mit der sinnlichsten Erfaßlichkeit über die schaudervolle Zerrüttung seines Vaterlandes und das Verhältniß jedes Gutgesinnten zu diesem; der rasche Lauf seiner Rede entführte ihn zuletzt sich selbst, er sagte Worte voll prophetischen Inhaltes, vor denen sich die Aebtissin scheu abwandte. Marie hielt diese freundlich umfangen, und folgte mit geschäftigem Blick den ungekannten schnellen Verschlingungen des Gesprächs. Antonie ging Gedankenvoll auf und nieder; zuweilen betrachtete sie die schönen, jetzt durch Alter und fortwährendes Arbeiten der Seele, scharfausgesprochenen
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/44>, abgerufen am 16.02.2025. |