Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.flache Fahrzeuge, von jungen Weibern geführt, mit Wäsche beladen, an das Ufer stießen. Die Schifferinnen befestigten ihre Kähne, traten mit den weißen, nackten Füßen, auf einzelne freiliegende Steine des Walles, und flink und munter spülten sie das Linnen in dem klaren Wasser. Das Klatschen der Wäsche schien den Takt zu ihren Liedchen zu schlagen, die sie frohen Muthes, mit schönen, hellen Stimmen sangen. Diese Töne, welche aus dem Wasser heraufzusteigen schienen, lockten zuerst Thränen aus Antoniens Augen. Ihr gränzenloses Elend, wie das ganze, verfehlte Streben ihres krankhaften Daseins, fiel mit solcher Gewalt auf sie nieder, daß sich ihre Sinne verwirrten, und sie kaum noch wußte, wo sie sei, und was in ihr vorgehe. Fast war die Sonne hinunter, weiße Nebelkreise stiegen über die Wiesen, jenseit des Stromes herauf; bald dampfte das Wasser in dichten Wolkenwirbeln, der Abendvogel zog schwirrend vorüber, die Stimmen dort unten klangen noch. Jetzt sangen sie das Lied von einer Zauberkönigin, die einem armen, schönen Kinde den Buhlen entführt, ihn in Liebesnetze verstrickt, durch böse Kunst an sich gekettet hält, bis diese sich verzweifelnd in die Wellen stürzt, und jeden Abend den Treulosen aus flüsterndem Rohrgesäusel an sich ruft. Die Stimmen schweigen flache Fahrzeuge, von jungen Weibern geführt, mit Wäsche beladen, an das Ufer stießen. Die Schifferinnen befestigten ihre Kähne, traten mit den weißen, nackten Füßen, auf einzelne freiliegende Steine des Walles, und flink und munter spülten sie das Linnen in dem klaren Wasser. Das Klatschen der Wäsche schien den Takt zu ihren Liedchen zu schlagen, die sie frohen Muthes, mit schönen, hellen Stimmen sangen. Diese Töne, welche aus dem Wasser heraufzusteigen schienen, lockten zuerst Thränen aus Antoniens Augen. Ihr gränzenloses Elend, wie das ganze, verfehlte Streben ihres krankhaften Daseins, fiel mit solcher Gewalt auf sie nieder, daß sich ihre Sinne verwirrten, und sie kaum noch wußte, wo sie sei, und was in ihr vorgehe. Fast war die Sonne hinunter, weiße Nebelkreise stiegen über die Wiesen, jenseit des Stromes herauf; bald dampfte das Wasser in dichten Wolkenwirbeln, der Abendvogel zog schwirrend vorüber, die Stimmen dort unten klangen noch. Jetzt sangen sie das Lied von einer Zauberkönigin, die einem armen, schönen Kinde den Buhlen entführt, ihn in Liebesnetze verstrickt, durch böse Kunst an sich gekettet hält, bis diese sich verzweifelnd in die Wellen stürzt, und jeden Abend den Treulosen aus flüsterndem Rohrgesäusel an sich ruft. Die Stimmen schweigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0235" n="228"/> flache Fahrzeuge, von jungen Weibern geführt, mit Wäsche beladen, an das Ufer stießen. Die Schifferinnen befestigten ihre Kähne, traten mit den weißen, nackten Füßen, auf einzelne freiliegende Steine des Walles, und flink und munter spülten sie das Linnen in dem klaren Wasser. Das Klatschen der Wäsche schien den Takt zu ihren Liedchen zu schlagen, die sie frohen Muthes, mit schönen, hellen Stimmen sangen. Diese Töne, welche aus dem Wasser heraufzusteigen schienen, lockten zuerst Thränen aus Antoniens Augen. Ihr gränzenloses Elend, wie das ganze, verfehlte Streben ihres krankhaften Daseins, fiel mit solcher Gewalt auf sie nieder, daß sich ihre Sinne verwirrten, und sie kaum noch wußte, wo sie sei, und was in ihr vorgehe. Fast war die Sonne hinunter, weiße Nebelkreise stiegen über die Wiesen, jenseit des Stromes herauf; bald dampfte das Wasser in dichten Wolkenwirbeln, der Abendvogel zog schwirrend vorüber, die Stimmen dort unten klangen noch. Jetzt sangen sie das Lied von einer Zauberkönigin, die einem armen, schönen Kinde den Buhlen entführt, ihn in Liebesnetze verstrickt, durch böse Kunst an sich gekettet hält, bis diese sich verzweifelnd in die Wellen stürzt, und jeden Abend den Treulosen aus flüsterndem Rohrgesäusel an sich ruft. Die Stimmen schweigen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [228/0235]
flache Fahrzeuge, von jungen Weibern geführt, mit Wäsche beladen, an das Ufer stießen. Die Schifferinnen befestigten ihre Kähne, traten mit den weißen, nackten Füßen, auf einzelne freiliegende Steine des Walles, und flink und munter spülten sie das Linnen in dem klaren Wasser. Das Klatschen der Wäsche schien den Takt zu ihren Liedchen zu schlagen, die sie frohen Muthes, mit schönen, hellen Stimmen sangen. Diese Töne, welche aus dem Wasser heraufzusteigen schienen, lockten zuerst Thränen aus Antoniens Augen. Ihr gränzenloses Elend, wie das ganze, verfehlte Streben ihres krankhaften Daseins, fiel mit solcher Gewalt auf sie nieder, daß sich ihre Sinne verwirrten, und sie kaum noch wußte, wo sie sei, und was in ihr vorgehe. Fast war die Sonne hinunter, weiße Nebelkreise stiegen über die Wiesen, jenseit des Stromes herauf; bald dampfte das Wasser in dichten Wolkenwirbeln, der Abendvogel zog schwirrend vorüber, die Stimmen dort unten klangen noch. Jetzt sangen sie das Lied von einer Zauberkönigin, die einem armen, schönen Kinde den Buhlen entführt, ihn in Liebesnetze verstrickt, durch böse Kunst an sich gekettet hält, bis diese sich verzweifelnd in die Wellen stürzt, und jeden Abend den Treulosen aus flüsterndem Rohrgesäusel an sich ruft. Die Stimmen schweigen
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