Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.Auf Marien hatte Adalberts Erzählung ebenfalls einen peinlichen Eindruck gemacht. Die frühe Jugendliebe erschien ihr so reizend! Adalbert noch so innig, so leidenschaftlich, in ihr fortlebend! Sie erinnerte sich des schönen, früh gefallenen Opfers gar wohl. Der Tag war ihr immer unvergeßlich geblieben. Es war, als sähe sie die bleiche, schmachtende Gestalt in diesem Augenblicke niedersinken, und durch eine wunderbare Täuschung der Sinne, lieh sie dieser die eigenen Züge, wie sie ihr unendlich Leid in sich selbst übertrug. Sie konnte sich der Thränen nicht enthalten, ihr Herz schlug so ängstlich, sie sank an Adalberts Brust, der sie liebreich, aber verstört und eigen zerstreut, an sich drückte, ohne gleichwohl nach der Ursach ihres Kummers zu fragen. Die Präsidentin nutzte die allgemein verbreitete Stimmung zu ihrem Vortheil, und sehr überzeugt, daß ein jeder willig etwas außer ihm liegendes ergreifen werde, schlug sie vor, eine von ihr kürzlich verfaßte Dichtung vorzulesen. Sie hatte richtig geurtheilt. Ihr Anerbieten ward von allen Seiten, sowohl aus Artigkeit, als Mißbehagen mit der innern Gegenwart, angenommen. Man schloß sogleich einen engen Kreis um die Vorleserin, die, mit voller, angenehmer Stimme, recht wohltönende Worte las. So viel Behendigkeit sie indeß im Auf Marien hatte Adalberts Erzählung ebenfalls einen peinlichen Eindruck gemacht. Die frühe Jugendliebe erschien ihr so reizend! Adalbert noch so innig, so leidenschaftlich, in ihr fortlebend! Sie erinnerte sich des schönen, früh gefallenen Opfers gar wohl. Der Tag war ihr immer unvergeßlich geblieben. Es war, als sähe sie die bleiche, schmachtende Gestalt in diesem Augenblicke niedersinken, und durch eine wunderbare Täuschung der Sinne, lieh sie dieser die eigenen Züge, wie sie ihr unendlich Leid in sich selbst übertrug. Sie konnte sich der Thränen nicht enthalten, ihr Herz schlug so ängstlich, sie sank an Adalberts Brust, der sie liebreich, aber verstört und eigen zerstreut, an sich drückte, ohne gleichwohl nach der Ursach ihres Kummers zu fragen. Die Präsidentin nutzte die allgemein verbreitete Stimmung zu ihrem Vortheil, und sehr überzeugt, daß ein jeder willig etwas außer ihm liegendes ergreifen werde, schlug sie vor, eine von ihr kürzlich verfaßte Dichtung vorzulesen. Sie hatte richtig geurtheilt. Ihr Anerbieten ward von allen Seiten, sowohl aus Artigkeit, als Mißbehagen mit der innern Gegenwart, angenommen. Man schloß sogleich einen engen Kreis um die Vorleserin, die, mit voller, angenehmer Stimme, recht wohltönende Worte las. So viel Behendigkeit sie indeß im <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0178" n="171"/> <p> Auf Marien hatte Adalberts Erzählung ebenfalls einen peinlichen Eindruck gemacht. Die frühe Jugendliebe erschien ihr so reizend! Adalbert noch so innig, so leidenschaftlich, in ihr fortlebend! Sie erinnerte sich des schönen, früh gefallenen Opfers gar wohl. Der Tag war ihr immer unvergeßlich geblieben. Es war, als sähe sie die bleiche, schmachtende Gestalt in diesem Augenblicke niedersinken, und durch eine wunderbare Täuschung der Sinne, lieh sie dieser die eigenen Züge, wie sie ihr unendlich Leid in sich selbst übertrug. Sie konnte sich der Thränen nicht enthalten, ihr Herz schlug so ängstlich, sie sank an Adalberts Brust, der sie liebreich, aber verstört und eigen zerstreut, an sich drückte, ohne gleichwohl nach der Ursach ihres Kummers zu fragen.</p> <p>Die Präsidentin nutzte die allgemein verbreitete Stimmung zu ihrem Vortheil, und sehr überzeugt, daß ein jeder willig etwas außer ihm liegendes ergreifen werde, schlug sie vor, eine von ihr kürzlich verfaßte Dichtung vorzulesen. Sie hatte richtig geurtheilt. Ihr Anerbieten ward von allen Seiten, sowohl aus Artigkeit, als Mißbehagen mit der innern Gegenwart, angenommen. Man schloß sogleich einen engen Kreis um die Vorleserin, die, mit voller, angenehmer Stimme, recht wohltönende Worte las. So viel Behendigkeit sie indeß im </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [171/0178]
Auf Marien hatte Adalberts Erzählung ebenfalls einen peinlichen Eindruck gemacht. Die frühe Jugendliebe erschien ihr so reizend! Adalbert noch so innig, so leidenschaftlich, in ihr fortlebend! Sie erinnerte sich des schönen, früh gefallenen Opfers gar wohl. Der Tag war ihr immer unvergeßlich geblieben. Es war, als sähe sie die bleiche, schmachtende Gestalt in diesem Augenblicke niedersinken, und durch eine wunderbare Täuschung der Sinne, lieh sie dieser die eigenen Züge, wie sie ihr unendlich Leid in sich selbst übertrug. Sie konnte sich der Thränen nicht enthalten, ihr Herz schlug so ängstlich, sie sank an Adalberts Brust, der sie liebreich, aber verstört und eigen zerstreut, an sich drückte, ohne gleichwohl nach der Ursach ihres Kummers zu fragen.
Die Präsidentin nutzte die allgemein verbreitete Stimmung zu ihrem Vortheil, und sehr überzeugt, daß ein jeder willig etwas außer ihm liegendes ergreifen werde, schlug sie vor, eine von ihr kürzlich verfaßte Dichtung vorzulesen. Sie hatte richtig geurtheilt. Ihr Anerbieten ward von allen Seiten, sowohl aus Artigkeit, als Mißbehagen mit der innern Gegenwart, angenommen. Man schloß sogleich einen engen Kreis um die Vorleserin, die, mit voller, angenehmer Stimme, recht wohltönende Worte las. So viel Behendigkeit sie indeß im
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/178>, abgerufen am 16.02.2025. |