Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.nie von einander gewußt hätten. Er seufzte bei diesen Worten unwillkührlich, und schien sich seinem bedrohlichen Geschick hinzugeben. Vergessen wir nicht, erwiederte der Arzt, daß die Natur ein Wechselgespräch mit uns führt, und daß die Vernunft auch eine Stimme hat! Die Vernunft! rief der Chevalier, ist sie in oder außerhalb dem Zusammenhange des Ganzen begriffen? Im ersten Fall, wird sie nicht von der ganzen Folge nothwendiger Fortentwickelungen mit bestimmt werden? Oder, wo wollen sie ihr sonst ihren Platz anweisen? Gewiß, nahm die Baronin hier rasch das Wort, ist die Vernunft in jedem Lebenskreise eingeschlossen, aber wie ein Auge, das alle Verhältnisse zusammenfaßt, und zu dem innern Spiegel zurückführt, ruht es mitten darinne; jeder Mensch ist wie ein kleiner Weltherrscher anzusehen, und da keiner dieser Lebenskreise für sich allein ist, sondern alle, wie ein Nürnberger Ei, in einander gefügt sind, so lernt das Auge erst einen, als den Familienkreis, überschauen, dann geht es weiter und weiter, und umfaßt die Welt. Wie leicht wird uns bei einem erweiterten Horizont, und wie sehnen sich alle danach! Sie werden mir aber doch nicht streiten, unterbrach sie der Chevalier, daß diese Erweiterung nie von einander gewußt hätten. Er seufzte bei diesen Worten unwillkührlich, und schien sich seinem bedrohlichen Geschick hinzugeben. Vergessen wir nicht, erwiederte der Arzt, daß die Natur ein Wechselgespräch mit uns führt, und daß die Vernunft auch eine Stimme hat! Die Vernunft! rief der Chevalier, ist sie in oder außerhalb dem Zusammenhange des Ganzen begriffen? Im ersten Fall, wird sie nicht von der ganzen Folge nothwendiger Fortentwickelungen mit bestimmt werden? Oder, wo wollen sie ihr sonst ihren Platz anweisen? Gewiß, nahm die Baronin hier rasch das Wort, ist die Vernunft in jedem Lebenskreise eingeschlossen, aber wie ein Auge, das alle Verhältnisse zusammenfaßt, und zu dem innern Spiegel zurückführt, ruht es mitten darinne; jeder Mensch ist wie ein kleiner Weltherrscher anzusehen, und da keiner dieser Lebenskreise für sich allein ist, sondern alle, wie ein Nürnberger Ei, in einander gefügt sind, so lernt das Auge erst einen, als den Familienkreis, überschauen, dann geht es weiter und weiter, und umfaßt die Welt. Wie leicht wird uns bei einem erweiterten Horizont, und wie sehnen sich alle danach! Sie werden mir aber doch nicht streiten, unterbrach sie der Chevalier, daß diese Erweiterung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0171" n="164"/> nie von einander gewußt hätten. Er seufzte bei diesen Worten unwillkührlich, und schien sich seinem bedrohlichen Geschick hinzugeben.</p> <p>Vergessen wir nicht, erwiederte der Arzt, daß die Natur ein Wechselgespräch mit uns führt, und daß die Vernunft auch eine Stimme hat!</p> <p>Die Vernunft! rief der Chevalier, ist sie in oder außerhalb dem Zusammenhange des Ganzen begriffen? Im ersten Fall, wird sie nicht von der ganzen Folge nothwendiger Fortentwickelungen mit bestimmt werden? Oder, wo wollen sie ihr sonst ihren Platz anweisen?</p> <p>Gewiß, nahm die Baronin hier rasch das Wort, ist die Vernunft in jedem Lebenskreise eingeschlossen, aber wie ein Auge, das alle Verhältnisse zusammenfaßt, und zu dem innern Spiegel zurückführt, ruht es mitten darinne; jeder Mensch ist wie ein kleiner Weltherrscher anzusehen, und da keiner dieser Lebenskreise für sich allein ist, sondern alle, wie ein Nürnberger Ei, in einander gefügt sind, so lernt das Auge erst einen, als den Familienkreis, überschauen, dann geht es weiter und weiter, und umfaßt die Welt. Wie leicht wird uns bei einem erweiterten Horizont, und wie sehnen sich alle danach!</p> <p>Sie werden mir aber doch nicht streiten, unterbrach sie der Chevalier, daß diese Erweiterung </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [164/0171]
nie von einander gewußt hätten. Er seufzte bei diesen Worten unwillkührlich, und schien sich seinem bedrohlichen Geschick hinzugeben.
Vergessen wir nicht, erwiederte der Arzt, daß die Natur ein Wechselgespräch mit uns führt, und daß die Vernunft auch eine Stimme hat!
Die Vernunft! rief der Chevalier, ist sie in oder außerhalb dem Zusammenhange des Ganzen begriffen? Im ersten Fall, wird sie nicht von der ganzen Folge nothwendiger Fortentwickelungen mit bestimmt werden? Oder, wo wollen sie ihr sonst ihren Platz anweisen?
Gewiß, nahm die Baronin hier rasch das Wort, ist die Vernunft in jedem Lebenskreise eingeschlossen, aber wie ein Auge, das alle Verhältnisse zusammenfaßt, und zu dem innern Spiegel zurückführt, ruht es mitten darinne; jeder Mensch ist wie ein kleiner Weltherrscher anzusehen, und da keiner dieser Lebenskreise für sich allein ist, sondern alle, wie ein Nürnberger Ei, in einander gefügt sind, so lernt das Auge erst einen, als den Familienkreis, überschauen, dann geht es weiter und weiter, und umfaßt die Welt. Wie leicht wird uns bei einem erweiterten Horizont, und wie sehnen sich alle danach!
Sie werden mir aber doch nicht streiten, unterbrach sie der Chevalier, daß diese Erweiterung
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/171>, abgerufen am 16.02.2025. |