Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.ein Aeußeres, oder ein Inneres, ob beides zugleich? der sinnvolle, denkende Beobachter wird es prüfen, ohne gleichwohl seinen Muthmaßungen den Stempel der Unfehlbarkeit aufzudrücken. Vieles, das sehen wir wohl, soll dem Einzelnen dunkel bleiben, was über seinen Zeitmoment hinaus liegt. Die ganze Menschheit reift immer erst langsam in eine große Idee hinein, und diese entwickelt sich während dem durch das Leben selbst aus ihrer Wurzel rein heraus. Die Natur macht uns den Umgang mit ihr nicht allezeit leicht. Sie verkündet sich dem Einen heut, und scheint sich dem Andern Morgen zu widersprechen. Sie wirft uns große Phänomene wie Räthsel in den Weg. Der Mensch soll sich daran wagen, aber ich wiederhole es, mit Ehrfurcht und Bescheidenheit, was zu dreist, zu plötzlich, an das Licht gerissen wird, dem ergeht es wie solchen alterthümlichen Schätzen, welche lange Zeit der Erde Schooß verbarg, sie zerbröckeln an der jähen Luftberührung. Und sicher, wir graben auch nur versunkene Schätze aus. Durch ähnliche Wechselbeziehung, sagte die Baronin, welche lange in tiefen Gedanken da saß, würden die oft bestrittenen Wirkungen der Sympathie und Antipathie plötzlich berichtigt sein, und wie diesem, das Knarren einer Thür, das Schneiden in Kork, das Reiben zweier Metalle aneinander, ein Aeußeres, oder ein Inneres, ob beides zugleich? der sinnvolle, denkende Beobachter wird es prüfen, ohne gleichwohl seinen Muthmaßungen den Stempel der Unfehlbarkeit aufzudrücken. Vieles, das sehen wir wohl, soll dem Einzelnen dunkel bleiben, was über seinen Zeitmoment hinaus liegt. Die ganze Menschheit reift immer erst langsam in eine große Idee hinein, und diese entwickelt sich während dem durch das Leben selbst aus ihrer Wurzel rein heraus. Die Natur macht uns den Umgang mit ihr nicht allezeit leicht. Sie verkündet sich dem Einen heut, und scheint sich dem Andern Morgen zu widersprechen. Sie wirft uns große Phänomene wie Räthsel in den Weg. Der Mensch soll sich daran wagen, aber ich wiederhole es, mit Ehrfurcht und Bescheidenheit, was zu dreist, zu plötzlich, an das Licht gerissen wird, dem ergeht es wie solchen alterthümlichen Schätzen, welche lange Zeit der Erde Schooß verbarg, sie zerbröckeln an der jähen Luftberührung. Und sicher, wir graben auch nur versunkene Schätze aus. Durch ähnliche Wechselbeziehung, sagte die Baronin, welche lange in tiefen Gedanken da saß, würden die oft bestrittenen Wirkungen der Sympathie und Antipathie plötzlich berichtigt sein, und wie diesem, das Knarren einer Thür, das Schneiden in Kork, das Reiben zweier Metalle aneinander, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0169" n="162"/> ein Aeußeres, oder ein Inneres, ob beides zugleich? der sinnvolle, denkende Beobachter wird es prüfen, ohne gleichwohl seinen Muthmaßungen den Stempel der Unfehlbarkeit aufzudrücken. Vieles, das sehen wir wohl, soll dem Einzelnen dunkel bleiben, was über seinen Zeitmoment hinaus liegt. Die ganze Menschheit reift immer erst langsam in eine große Idee hinein, und diese entwickelt sich während dem durch das Leben selbst aus ihrer Wurzel rein heraus. Die Natur macht uns den Umgang mit ihr nicht allezeit leicht. Sie verkündet sich dem Einen heut, und scheint sich dem Andern Morgen zu widersprechen. Sie wirft uns große Phänomene wie Räthsel in den Weg. Der Mensch soll sich daran wagen, aber ich wiederhole es, mit Ehrfurcht und Bescheidenheit, was zu dreist, zu plötzlich, an das Licht gerissen wird, dem ergeht es wie solchen alterthümlichen Schätzen, welche lange Zeit der Erde Schooß verbarg, sie zerbröckeln an der jähen Luftberührung. Und sicher, wir graben auch nur versunkene Schätze aus.</p> <p>Durch ähnliche Wechselbeziehung, sagte die Baronin, welche lange in tiefen Gedanken da saß, würden die oft bestrittenen Wirkungen der Sympathie und Antipathie plötzlich berichtigt sein, und wie diesem, das Knarren einer Thür, das Schneiden in Kork, das Reiben zweier Metalle aneinander, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0169]
ein Aeußeres, oder ein Inneres, ob beides zugleich? der sinnvolle, denkende Beobachter wird es prüfen, ohne gleichwohl seinen Muthmaßungen den Stempel der Unfehlbarkeit aufzudrücken. Vieles, das sehen wir wohl, soll dem Einzelnen dunkel bleiben, was über seinen Zeitmoment hinaus liegt. Die ganze Menschheit reift immer erst langsam in eine große Idee hinein, und diese entwickelt sich während dem durch das Leben selbst aus ihrer Wurzel rein heraus. Die Natur macht uns den Umgang mit ihr nicht allezeit leicht. Sie verkündet sich dem Einen heut, und scheint sich dem Andern Morgen zu widersprechen. Sie wirft uns große Phänomene wie Räthsel in den Weg. Der Mensch soll sich daran wagen, aber ich wiederhole es, mit Ehrfurcht und Bescheidenheit, was zu dreist, zu plötzlich, an das Licht gerissen wird, dem ergeht es wie solchen alterthümlichen Schätzen, welche lange Zeit der Erde Schooß verbarg, sie zerbröckeln an der jähen Luftberührung. Und sicher, wir graben auch nur versunkene Schätze aus.
Durch ähnliche Wechselbeziehung, sagte die Baronin, welche lange in tiefen Gedanken da saß, würden die oft bestrittenen Wirkungen der Sympathie und Antipathie plötzlich berichtigt sein, und wie diesem, das Knarren einer Thür, das Schneiden in Kork, das Reiben zweier Metalle aneinander,
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/169>, abgerufen am 16.02.2025. |