Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.ihr nicht besser. Marie hatte Romanzen und kleine Lieder von dem Vetter gelernt, Giannina begleitete sie auf der Mandoline, alle drei sangen und musizirten die halben Abende mit einander, und, seit jenem letzten Vorfalle, flossen Stimmen wie Blicke des Lehrers und der Schülerin so innig zusammen, daß Antonie ihr Elend langsam auf sich zukommen sah! - Es ist eine Täuschung, sagte sie, es kann nicht sein, es soll nicht sein, das Schicksal hat anders gesprochen! Er darf sich nicht verblenden wollen! Sie saß des Nachts oft Stundenlang in ihrem Bette auf, und sann, wie es enden werde? Denn es schien ihr so unerträglich, wie unmöglich, daß er lange in dieser ängstigenden Täuschung verharre. Deshalb drängte sie sich zu Adalbert, sie horchte auf die Gespräche, in welche er sich öfter mit dem Marquis und seinem Vater über die gegenwärtige Verfassungen, über die Lage Frankreichs, und ihrer aller Beziehung zu dem Vaterlande, sehr angelegentlich verwickelte. Sie durchdrang schnell seine Ansicht, und da diese das Allgemeine wie das Einzelne umfaßte, so war sie bald, mit unbegreiflicher Gewandheit, ganz heimathlich in dem fremden Gebiete. Beide älteren Männer vertheidigten die alte, seit Jahrhunderten geheiligte ihr nicht besser. Marie hatte Romanzen und kleine Lieder von dem Vetter gelernt, Giannina begleitete sie auf der Mandoline, alle drei sangen und musizirten die halben Abende mit einander, und, seit jenem letzten Vorfalle, flossen Stimmen wie Blicke des Lehrers und der Schülerin so innig zusammen, daß Antonie ihr Elend langsam auf sich zukommen sah! – Es ist eine Täuschung, sagte sie, es kann nicht sein, es soll nicht sein, das Schicksal hat anders gesprochen! Er darf sich nicht verblenden wollen! Sie saß des Nachts oft Stundenlang in ihrem Bette auf, und sann, wie es enden werde? Denn es schien ihr so unerträglich, wie unmöglich, daß er lange in dieser ängstigenden Täuschung verharre. Deshalb drängte sie sich zu Adalbert, sie horchte auf die Gespräche, in welche er sich öfter mit dem Marquis und seinem Vater über die gegenwärtige Verfassungen, über die Lage Frankreichs, und ihrer aller Beziehung zu dem Vaterlande, sehr angelegentlich verwickelte. Sie durchdrang schnell seine Ansicht, und da diese das Allgemeine wie das Einzelne umfaßte, so war sie bald, mit unbegreiflicher Gewandheit, ganz heimathlich in dem fremden Gebiete. Beide älteren Männer vertheidigten die alte, seit Jahrhunderten geheiligte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0147" n="140"/> ihr nicht besser. Marie hatte Romanzen und kleine Lieder von dem Vetter gelernt, Giannina begleitete sie auf der Mandoline, alle drei sangen und musizirten die halben Abende mit einander, und, seit jenem letzten Vorfalle, flossen Stimmen wie Blicke des Lehrers und der Schülerin so innig zusammen, daß Antonie ihr Elend langsam auf sich zukommen sah! –</p> <p>Es ist eine Täuschung, sagte sie, es kann nicht sein, es soll nicht sein, das Schicksal hat anders gesprochen! Er darf sich nicht verblenden wollen! Sie saß des Nachts oft Stundenlang in ihrem Bette auf, und sann, wie es enden werde? Denn es schien ihr so unerträglich, wie unmöglich, daß er lange in dieser ängstigenden Täuschung verharre.</p> <p>Deshalb drängte sie sich zu Adalbert, sie horchte auf die Gespräche, in welche er sich öfter mit dem Marquis und seinem Vater über die gegenwärtige Verfassungen, über die Lage Frankreichs, und ihrer aller Beziehung zu dem Vaterlande, sehr angelegentlich verwickelte. Sie durchdrang schnell seine Ansicht, und da diese das Allgemeine wie das Einzelne umfaßte, so war sie bald, mit unbegreiflicher Gewandheit, ganz heimathlich in dem fremden Gebiete. Beide älteren Männer vertheidigten die alte, seit Jahrhunderten geheiligte </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0147]
ihr nicht besser. Marie hatte Romanzen und kleine Lieder von dem Vetter gelernt, Giannina begleitete sie auf der Mandoline, alle drei sangen und musizirten die halben Abende mit einander, und, seit jenem letzten Vorfalle, flossen Stimmen wie Blicke des Lehrers und der Schülerin so innig zusammen, daß Antonie ihr Elend langsam auf sich zukommen sah! –
Es ist eine Täuschung, sagte sie, es kann nicht sein, es soll nicht sein, das Schicksal hat anders gesprochen! Er darf sich nicht verblenden wollen! Sie saß des Nachts oft Stundenlang in ihrem Bette auf, und sann, wie es enden werde? Denn es schien ihr so unerträglich, wie unmöglich, daß er lange in dieser ängstigenden Täuschung verharre.
Deshalb drängte sie sich zu Adalbert, sie horchte auf die Gespräche, in welche er sich öfter mit dem Marquis und seinem Vater über die gegenwärtige Verfassungen, über die Lage Frankreichs, und ihrer aller Beziehung zu dem Vaterlande, sehr angelegentlich verwickelte. Sie durchdrang schnell seine Ansicht, und da diese das Allgemeine wie das Einzelne umfaßte, so war sie bald, mit unbegreiflicher Gewandheit, ganz heimathlich in dem fremden Gebiete. Beide älteren Männer vertheidigten die alte, seit Jahrhunderten geheiligte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-07-03T15:02:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-07-03T15:02:16Z)
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-07-03T15:02:16Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |