Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

die Menschen die Natur so recht derb anfassen, und sie nun in ihrer Gewalt zu haben glauben, diese plötzlich ihren Händen entschlüpft, und groß und gelassen ihren gemessenen Gang über ihnen hingeht; sie ruft sie an, aber unter ganz anderer Gestalt, und heißt ihnen, sie geschichtlich begleiten, wenn sie im freundlichen Verkehr mit ihr bleiben wollen. Wer dem Moment die Flügel beschneiden und ihn zu etwas machen will, der thut eben gar nichts! Und doch, sagte Antonie, ist das ganze Leben auch nur ein Moment, und was geschieht nicht alles in ihm! Ach die Liebe schafft ja eine ganze Welt hinein!

Grade die Liebe, erwiederte die Baronin, soll viel mehr als den Augenblick wollen. Will sie ihr Reich auf Erden so recht dicht und fest gründen, so bricht es zusammen, und das Herz obenein.

Aber wie bricht es! unterbrach sie Antonie, unter der allerseligsten, wie unter der furchtbarsten Gewalt! Kind, entgegnete die Tante, erinnere Dich, daß jedes Heraustreten aus dem Gleichgewicht der Natur Krankheit ist, und daß wir uns vor dieser überall zu hüten haben. Und nun geh', Du kleine Nachtwandlerin, fuhr sie gütig fort, geh, wir kehren sonst auch die Naturordnung um, und das thut niemals gut.

Mir hat es wohl gethan, sagte Antonie, indem

die Menschen die Natur so recht derb anfassen, und sie nun in ihrer Gewalt zu haben glauben, diese plötzlich ihren Händen entschlüpft, und groß und gelassen ihren gemessenen Gang über ihnen hingeht; sie ruft sie an, aber unter ganz anderer Gestalt, und heißt ihnen, sie geschichtlich begleiten, wenn sie im freundlichen Verkehr mit ihr bleiben wollen. Wer dem Moment die Flügel beschneiden und ihn zu etwas machen will, der thut eben gar nichts! Und doch, sagte Antonie, ist das ganze Leben auch nur ein Moment, und was geschieht nicht alles in ihm! Ach die Liebe schafft ja eine ganze Welt hinein!

Grade die Liebe, erwiederte die Baronin, soll viel mehr als den Augenblick wollen. Will sie ihr Reich auf Erden so recht dicht und fest gründen, so bricht es zusammen, und das Herz obenein.

Aber wie bricht es! unterbrach sie Antonie, unter der allerseligsten, wie unter der furchtbarsten Gewalt! Kind, entgegnete die Tante, erinnere Dich, daß jedes Heraustreten aus dem Gleichgewicht der Natur Krankheit ist, und daß wir uns vor dieser überall zu hüten haben. Und nun geh', Du kleine Nachtwandlerin, fuhr sie gütig fort, geh, wir kehren sonst auch die Naturordnung um, und das thut niemals gut.

Mir hat es wohl gethan, sagte Antonie, indem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0119" n="112"/>
die Menschen die Natur so recht derb anfassen, und sie nun in ihrer Gewalt zu haben glauben, diese plötzlich ihren Händen entschlüpft, und groß und gelassen ihren gemessenen Gang über ihnen hingeht; sie ruft sie an, aber unter ganz anderer Gestalt, und heißt ihnen, sie geschichtlich begleiten, wenn sie im freundlichen Verkehr mit ihr bleiben wollen. Wer dem Moment die Flügel beschneiden und ihn zu etwas machen will, der thut eben gar nichts! Und doch, sagte Antonie, ist das ganze Leben auch nur ein Moment, und was geschieht nicht alles in ihm! Ach die Liebe schafft ja eine ganze Welt hinein!</p>
          <p>Grade die Liebe, erwiederte die Baronin, soll viel mehr als den Augenblick wollen. Will sie ihr Reich auf Erden so recht dicht und fest gründen, so bricht es zusammen, und das Herz obenein.</p>
          <p>Aber wie bricht es! unterbrach sie Antonie, unter der allerseligsten, wie unter der furchtbarsten Gewalt! Kind, entgegnete die Tante, erinnere Dich, daß jedes Heraustreten aus dem Gleichgewicht der Natur Krankheit ist, und daß wir uns vor dieser überall zu hüten haben. Und nun geh', Du kleine Nachtwandlerin, fuhr sie gütig fort, geh, wir kehren sonst auch die Naturordnung um, und das thut niemals gut.</p>
          <p>Mir hat es wohl gethan, sagte Antonie, indem
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0119] die Menschen die Natur so recht derb anfassen, und sie nun in ihrer Gewalt zu haben glauben, diese plötzlich ihren Händen entschlüpft, und groß und gelassen ihren gemessenen Gang über ihnen hingeht; sie ruft sie an, aber unter ganz anderer Gestalt, und heißt ihnen, sie geschichtlich begleiten, wenn sie im freundlichen Verkehr mit ihr bleiben wollen. Wer dem Moment die Flügel beschneiden und ihn zu etwas machen will, der thut eben gar nichts! Und doch, sagte Antonie, ist das ganze Leben auch nur ein Moment, und was geschieht nicht alles in ihm! Ach die Liebe schafft ja eine ganze Welt hinein! Grade die Liebe, erwiederte die Baronin, soll viel mehr als den Augenblick wollen. Will sie ihr Reich auf Erden so recht dicht und fest gründen, so bricht es zusammen, und das Herz obenein. Aber wie bricht es! unterbrach sie Antonie, unter der allerseligsten, wie unter der furchtbarsten Gewalt! Kind, entgegnete die Tante, erinnere Dich, daß jedes Heraustreten aus dem Gleichgewicht der Natur Krankheit ist, und daß wir uns vor dieser überall zu hüten haben. Und nun geh', Du kleine Nachtwandlerin, fuhr sie gütig fort, geh, wir kehren sonst auch die Naturordnung um, und das thut niemals gut. Mir hat es wohl gethan, sagte Antonie, indem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T15:02:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T15:02:16Z)
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T15:02:16Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/119
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/119>, abgerufen am 22.11.2024.