Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.Die große Hauptsache war, daß zuerst durch magnetische, mit der flachen oder geschlossenen Hand geführte, Striche, der Behandelte von dem ersten Grad müden Ziehens der Augen, nach und nach in einen Zustand versetzt ward, in welchem die äußern Sinne vollkommen ruhen und die innern allein agiren. In diesem Zustande hat der magnetisch Schlafende eine vollkommene Kenntniß seiner selbst, sieht in sich, wie in Andere, hinein, denkt, handelt mit Bewußtsein, und redet Dinge, welche er vielleicht wachend nicht zu sagen wüßte. Es ist unglaublich, welche Sensation diese Entdeckung in Paris machte. Verbindungen wurden geschlossen, Gebäude, Zimmer eingerichtet, Versuche gemacht, an deren Resultate sich die gescheutesten Köpfe vergebens wagten. Der Marquis hatte indeß bei alle dem nur Eines im Sinne. Er beherrschte das Gemüth seiner Frau, und hielt ihr Herz in Händen. Sie war froh, seine leidenschaftliche Zweifel stillen zu können, und öffnete ihm in Stunden der Crisen willig ihr reines Innre. Da sie indeß guter Hoffnung und äußerst reizbar war, so kam es dahin, daß ein anhaltender Blick des Marquis sie in convulsivische Zuckungen und dann in jenen unnatürlichen Schlaf versetzte, die mir, als ich einst gegenwärtig war, das ängstigende Gefühl gaben, als stehe Die große Hauptsache war, daß zuerst durch magnetische, mit der flachen oder geschlossenen Hand geführte, Striche, der Behandelte von dem ersten Grad müden Ziehens der Augen, nach und nach in einen Zustand versetzt ward, in welchem die äußern Sinne vollkommen ruhen und die innern allein agiren. In diesem Zustande hat der magnetisch Schlafende eine vollkommene Kenntniß seiner selbst, sieht in sich, wie in Andere, hinein, denkt, handelt mit Bewußtsein, und redet Dinge, welche er vielleicht wachend nicht zu sagen wüßte. Es ist unglaublich, welche Sensation diese Entdeckung in Paris machte. Verbindungen wurden geschlossen, Gebäude, Zimmer eingerichtet, Versuche gemacht, an deren Resultate sich die gescheutesten Köpfe vergebens wagten. Der Marquis hatte indeß bei alle dem nur Eines im Sinne. Er beherrschte das Gemüth seiner Frau, und hielt ihr Herz in Händen. Sie war froh, seine leidenschaftliche Zweifel stillen zu können, und öffnete ihm in Stunden der Crisen willig ihr reines Innre. Da sie indeß guter Hoffnung und äußerst reizbar war, so kam es dahin, daß ein anhaltender Blick des Marquis sie in convulsivische Zuckungen und dann in jenen unnatürlichen Schlaf versetzte, die mir, als ich einst gegenwärtig war, das ängstigende Gefühl gaben, als stehe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0117" n="110"/> Die große Hauptsache war, daß zuerst durch magnetische, mit der flachen oder geschlossenen Hand geführte, Striche, der Behandelte von dem ersten Grad müden Ziehens der Augen, nach und nach in einen Zustand versetzt ward, in welchem die äußern Sinne vollkommen ruhen und die innern allein agiren. In diesem Zustande hat der magnetisch Schlafende eine vollkommene Kenntniß seiner selbst, sieht in sich, wie in Andere, hinein, denkt, handelt mit Bewußtsein, und redet Dinge, welche er vielleicht wachend nicht zu sagen wüßte.</p> <p>Es ist unglaublich, welche Sensation diese Entdeckung in Paris machte. Verbindungen wurden geschlossen, Gebäude, Zimmer eingerichtet, Versuche gemacht, an deren Resultate sich die gescheutesten Köpfe vergebens wagten.</p> <p>Der Marquis hatte indeß bei alle dem nur Eines im Sinne. Er beherrschte das Gemüth seiner Frau, und hielt ihr Herz in Händen. Sie war froh, seine leidenschaftliche Zweifel stillen zu können, und öffnete ihm in Stunden der Crisen willig ihr reines Innre. Da sie indeß guter Hoffnung und äußerst reizbar war, so kam es dahin, daß ein anhaltender Blick des Marquis sie in convulsivische Zuckungen und dann in jenen unnatürlichen Schlaf versetzte, die mir, als ich einst gegenwärtig war, das ängstigende Gefühl gaben, als stehe </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [110/0117]
Die große Hauptsache war, daß zuerst durch magnetische, mit der flachen oder geschlossenen Hand geführte, Striche, der Behandelte von dem ersten Grad müden Ziehens der Augen, nach und nach in einen Zustand versetzt ward, in welchem die äußern Sinne vollkommen ruhen und die innern allein agiren. In diesem Zustande hat der magnetisch Schlafende eine vollkommene Kenntniß seiner selbst, sieht in sich, wie in Andere, hinein, denkt, handelt mit Bewußtsein, und redet Dinge, welche er vielleicht wachend nicht zu sagen wüßte.
Es ist unglaublich, welche Sensation diese Entdeckung in Paris machte. Verbindungen wurden geschlossen, Gebäude, Zimmer eingerichtet, Versuche gemacht, an deren Resultate sich die gescheutesten Köpfe vergebens wagten.
Der Marquis hatte indeß bei alle dem nur Eines im Sinne. Er beherrschte das Gemüth seiner Frau, und hielt ihr Herz in Händen. Sie war froh, seine leidenschaftliche Zweifel stillen zu können, und öffnete ihm in Stunden der Crisen willig ihr reines Innre. Da sie indeß guter Hoffnung und äußerst reizbar war, so kam es dahin, daß ein anhaltender Blick des Marquis sie in convulsivische Zuckungen und dann in jenen unnatürlichen Schlaf versetzte, die mir, als ich einst gegenwärtig war, das ängstigende Gefühl gaben, als stehe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/117 |
Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/117>, abgerufen am 16.02.2025. |