Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.kommen, bis die Gedanken immer loser, die Bilder immer unkenntlicher, wurden, und sie endlich einschlief. Sie lag indeß noch zwischen Bewußtsein und Traum, im anmuthigen Gefühl unwiderstehlicher Hingebung, als ihre Vorhänge leise geöffnet wurden und der warme Hauch flüsternder Lippen ihre Wange berührte. Die Baronin war von Natur schrekhaft, leicht überrascht, und verfiel, durch irgend etwas stark ergriffen, auf das Unwahrscheinlichste. Sie fuhr jetzt schnell in die Höhe, sah indeß kaum die Umrisse einer weiblichen Gestalt im Dämmerlicht der Lampe, als sie eben so schnell in ihre Kissen zurückfiel, und kaum hörbar stammelte: mein Heiland! die Marquise! Meine beste Tante, sagte Antoniens Stimme, ich wollte Sie nicht erschrecken. Aber Sie haben in meinem Herzen gelesen. Die Mutter ist es, die mich zu Ihnen führt. Ich habe ihretwegen keine Ruhe. Ich muß es wissen, wie und auf welche Weise sie starb. Sonderbares Kind! sagte die Baronin etwas beschämt, welche Stunde wählst Du auch dazu, Du hast mich ganz verwirrt, ich träumte wohl grade. Verzeihen Sie mir, erwiederte jene, aber ich dachte, wie unzuverläßig es jetzt mit der Zeitbestimmung sei, wir müssen vielleicht schon Morgen von hier fort, was uns kommen, bis die Gedanken immer loser, die Bilder immer unkenntlicher, wurden, und sie endlich einschlief. Sie lag indeß noch zwischen Bewußtsein und Traum, im anmuthigen Gefühl unwiderstehlicher Hingebung, als ihre Vorhänge leise geöffnet wurden und der warme Hauch flüsternder Lippen ihre Wange berührte. Die Baronin war von Natur schrekhaft, leicht überrascht, und verfiel, durch irgend etwas stark ergriffen, auf das Unwahrscheinlichste. Sie fuhr jetzt schnell in die Höhe, sah indeß kaum die Umrisse einer weiblichen Gestalt im Dämmerlicht der Lampe, als sie eben so schnell in ihre Kissen zurückfiel, und kaum hörbar stammelte: mein Heiland! die Marquise! Meine beste Tante, sagte Antoniens Stimme, ich wollte Sie nicht erschrecken. Aber Sie haben in meinem Herzen gelesen. Die Mutter ist es, die mich zu Ihnen führt. Ich habe ihretwegen keine Ruhe. Ich muß es wissen, wie und auf welche Weise sie starb. Sonderbares Kind! sagte die Baronin etwas beschämt, welche Stunde wählst Du auch dazu, Du hast mich ganz verwirrt, ich träumte wohl grade. Verzeihen Sie mir, erwiederte jene, aber ich dachte, wie unzuverläßig es jetzt mit der Zeitbestimmung sei, wir müssen vielleicht schon Morgen von hier fort, was uns <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0114" n="107"/> kommen, bis die Gedanken immer loser, die Bilder immer unkenntlicher, wurden, und sie endlich einschlief.</p> <p>Sie lag indeß noch zwischen Bewußtsein und Traum, im anmuthigen Gefühl unwiderstehlicher Hingebung, als ihre Vorhänge leise geöffnet wurden und der warme Hauch flüsternder Lippen ihre Wange berührte.</p> <p>Die Baronin war von Natur schrekhaft, leicht überrascht, und verfiel, durch irgend etwas stark ergriffen, auf das Unwahrscheinlichste. Sie fuhr jetzt schnell in die Höhe, sah indeß kaum die Umrisse einer weiblichen Gestalt im Dämmerlicht der Lampe, als sie eben so schnell in ihre Kissen zurückfiel, und kaum hörbar stammelte: mein Heiland! die Marquise! Meine beste Tante, sagte Antoniens Stimme, ich wollte Sie nicht erschrecken. Aber Sie haben in meinem Herzen gelesen. Die Mutter ist es, die mich zu Ihnen führt. Ich habe ihretwegen keine Ruhe. Ich muß es wissen, wie und auf welche Weise sie starb. Sonderbares Kind! sagte die Baronin etwas beschämt, welche Stunde wählst Du auch dazu, Du hast mich ganz verwirrt, ich träumte wohl grade. Verzeihen Sie mir, erwiederte jene, aber ich dachte, wie unzuverläßig es jetzt mit der Zeitbestimmung sei, wir müssen vielleicht schon Morgen von hier fort, was uns </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0114]
kommen, bis die Gedanken immer loser, die Bilder immer unkenntlicher, wurden, und sie endlich einschlief.
Sie lag indeß noch zwischen Bewußtsein und Traum, im anmuthigen Gefühl unwiderstehlicher Hingebung, als ihre Vorhänge leise geöffnet wurden und der warme Hauch flüsternder Lippen ihre Wange berührte.
Die Baronin war von Natur schrekhaft, leicht überrascht, und verfiel, durch irgend etwas stark ergriffen, auf das Unwahrscheinlichste. Sie fuhr jetzt schnell in die Höhe, sah indeß kaum die Umrisse einer weiblichen Gestalt im Dämmerlicht der Lampe, als sie eben so schnell in ihre Kissen zurückfiel, und kaum hörbar stammelte: mein Heiland! die Marquise! Meine beste Tante, sagte Antoniens Stimme, ich wollte Sie nicht erschrecken. Aber Sie haben in meinem Herzen gelesen. Die Mutter ist es, die mich zu Ihnen führt. Ich habe ihretwegen keine Ruhe. Ich muß es wissen, wie und auf welche Weise sie starb. Sonderbares Kind! sagte die Baronin etwas beschämt, welche Stunde wählst Du auch dazu, Du hast mich ganz verwirrt, ich träumte wohl grade. Verzeihen Sie mir, erwiederte jene, aber ich dachte, wie unzuverläßig es jetzt mit der Zeitbestimmung sei, wir müssen vielleicht schon Morgen von hier fort, was uns
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