müthes, die Treue und Jnnigkeit in wirklich bestehenden Verhältnissen des Lebens viel ge- winnen wird, ob die höh're Gattung | des Roman's nicht wenigstens vor müßiger Nachäfferei schützen würde? das überlasse ich einem jeden zu entscheiden. Jch fühle mich nur gedrungen, noch einmal Mäßigkeit im Lesen anzuempfehlen; damit man lie- ben lerne, was man vielleicht nur auf Em- pfehlung bewunderte.
Die tiefer gehende Bildung, welche hier- aus erwachsen muß, berichtigt dann noch in etwas die unsichre und verworrene Ansicht, welche seichte Kritiken zum öftern durch Knabenhand, noch von der Schule aus ver- faßt, in den unzähligen Journalzirkeln un- srer Lesewelt verbreiten. Der Wahn, ta- delndes Urtheil beurkunde allein ächten Ver- stand, weicht unmittelbar vor der Ueberzeu- gung: daß das Mangelnde jedem auf- falle, die Harmonie aber nur von Einzel- nen gefunden werde.
muͤthes, die Treue und Jnnigkeit in wirklich beſtehenden Verhaͤltniſſen des Lebens viel ge- winnen wird, ob die hoͤh’re Gattung | des Roman’s nicht wenigſtens vor muͤßiger Nachaͤfferei ſchuͤtzen wuͤrde? das uͤberlaſſe ich einem jeden zu entſcheiden. Jch fuͤhle mich nur gedrungen, noch einmal Maͤßigkeit im Leſen anzuempfehlen; damit man lie- ben lerne, was man vielleicht nur auf Em- pfehlung bewunderte.
Die tiefer gehende Bildung, welche hier- aus erwachſen muß, berichtigt dann noch in etwas die unſichre und verworrene Anſicht, welche ſeichte Kritiken zum oͤftern durch Knabenhand, noch von der Schule aus ver- faßt, in den unzaͤhligen Journalzirkeln un- ſrer Leſewelt verbreiten. Der Wahn, ta- delndes Urtheil beurkunde allein aͤchten Ver- ſtand, weicht unmittelbar vor der Ueberzeu- gung: daß das Mangelnde jedem auf- falle, die Harmonie aber nur von Einzel- nen gefunden werde.
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muͤthes, die Treue und Jnnigkeit in wirklich
beſtehenden Verhaͤltniſſen des Lebens viel ge-
winnen wird, ob die hoͤh’re Gattung | des
Roman’s nicht wenigſtens vor muͤßiger
Nachaͤfferei ſchuͤtzen wuͤrde? das uͤberlaſſe ich
einem jeden zu entſcheiden. Jch fuͤhle mich
nur gedrungen, noch einmal Maͤßigkeit
im Leſen anzuempfehlen; damit man lie-
ben lerne, was man vielleicht nur auf Em-
pfehlung bewunderte.
Die tiefer gehende Bildung, welche hier-
aus erwachſen muß, berichtigt dann noch in
etwas die unſichre und verworrene Anſicht,
welche ſeichte Kritiken zum oͤftern durch
Knabenhand, noch von der Schule aus ver-
faßt, in den unzaͤhligen Journalzirkeln un-
ſrer Leſewelt verbreiten. Der Wahn, ta-
delndes Urtheil beurkunde allein aͤchten Ver-
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/80>, abgerufen am 24.11.2024.
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