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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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Farbe, die an der Tagesordnung ist, scheint
den Gegenständen der Beurtheilung eine ganz
andere Phisionomie zu geben, so daß die
davon Abhängigen, nicht mehr wissen, was
sie selbst sehen, oder was jenes täuschende
Blendmerk ihnen vorspiegelt? Wenn wir
einen Blick auf eine gewisse Periode der
Europäischen schönen Litteratur werfen, so
ist es uns jetzt unbegreiflich, wie man bei
den schmutzigen Sudeleien faselnder Thoren
Jahrzehnte hindurch schwor, und einer Art
und Weise schamlos huldigte, welcher es
selbst an dem verführerischen Reiz poetischer
Kraft fehlt. Wer liest heute zu Tage noch
die prosaischen Aufsätze Voltaire's, ohne sie
seicht und ekelhaft zu finden? Und doch
ward mehr als ein großes Genie dadurch
verlockt. Sind wir wirklich viel erleuchte-
ter als diese? Bilden wir uns ein, mehr zu
seyn als sie? Oder sind wir nur anders?
und war es nicht sowohl das Hinneigen zu
dem einzelnen Schlechten, als das Verfallen
an eine gänzlich frivole Nichtung, welche
das unklare Bedürfniß der Zeit, durch den

Farbe, die an der Tagesordnung iſt, ſcheint
den Gegenſtaͤnden der Beurtheilung eine ganz
andere Phiſionomie zu geben, ſo daß die
davon Abhaͤngigen, nicht mehr wiſſen, was
ſie ſelbſt ſehen, oder was jenes taͤuſchende
Blendmerk ihnen vorſpiegelt? Wenn wir
einen Blick auf eine gewiſſe Periode der
Europaͤiſchen ſchoͤnen Litteratur werfen, ſo
iſt es uns jetzt unbegreiflich, wie man bei
den ſchmutzigen Sudeleien faſelnder Thoren
Jahrzehnte hindurch ſchwor, und einer Art
und Weiſe ſchamlos huldigte, welcher es
ſelbſt an dem verfuͤhreriſchen Reiz poetiſcher
Kraft fehlt. Wer lieſt heute zu Tage noch
die proſaiſchen Aufſaͤtze Voltaire’s, ohne ſie
ſeicht und ekelhaft zu finden? Und doch
ward mehr als ein großes Genie dadurch
verlockt. Sind wir wirklich viel erleuchte-
ter als dieſe? Bilden wir uns ein, mehr zu
ſeyn als ſie? Oder ſind wir nur anders?
und war es nicht ſowohl das Hinneigen zu
dem einzelnen Schlechten, als das Verfallen
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[61/0065] Farbe, die an der Tagesordnung iſt, ſcheint den Gegenſtaͤnden der Beurtheilung eine ganz andere Phiſionomie zu geben, ſo daß die davon Abhaͤngigen, nicht mehr wiſſen, was ſie ſelbſt ſehen, oder was jenes taͤuſchende Blendmerk ihnen vorſpiegelt? Wenn wir einen Blick auf eine gewiſſe Periode der Europaͤiſchen ſchoͤnen Litteratur werfen, ſo iſt es uns jetzt unbegreiflich, wie man bei den ſchmutzigen Sudeleien faſelnder Thoren Jahrzehnte hindurch ſchwor, und einer Art und Weiſe ſchamlos huldigte, welcher es ſelbſt an dem verfuͤhreriſchen Reiz poetiſcher Kraft fehlt. Wer lieſt heute zu Tage noch die proſaiſchen Aufſaͤtze Voltaire’s, ohne ſie ſeicht und ekelhaft zu finden? Und doch ward mehr als ein großes Genie dadurch verlockt. Sind wir wirklich viel erleuchte- ter als dieſe? Bilden wir uns ein, mehr zu ſeyn als ſie? Oder ſind wir nur anders? und war es nicht ſowohl das Hinneigen zu dem einzelnen Schlechten, als das Verfallen an eine gaͤnzlich frivole Nichtung, welche das unklare Beduͤrfniß der Zeit, durch den

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/65>, abgerufen am 26.11.2024.