Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.der zufällige Eigensinn des Zeitgeschmackes Durch einen seltsamen Widerspruch an- der zufaͤllige Eigenſinn des Zeitgeſchmackes Durch einen ſeltſamen Widerſpruch an- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0060" n="56"/> der zufaͤllige Eigenſinn des Zeitgeſchmackes<lb/> es fuͤr gut findet. Dieſer kann ſchon nie<lb/> darum das Vortreffliche <hi rendition="#g">an ſich</hi> wollen,<lb/> weil gerade hierin das Charakteriſtiſche der<lb/> Zeit liegt, daß ſolches nirgend anerkannt<lb/> wird. Waͤhrend wir einer Seits ſehr viel<lb/> von Glauben ſprechen, zweifelt doch jeder<lb/> an den Andern. Die Kritik war in keinem<lb/> Moment geſchaͤftiger, ſich ſelbſt ein Genuͤge<lb/> zu thun, als jetzt, wo ſie das Alte vernich-<lb/> tet, und das Neue verachtet. Große Vor-<lb/> bilder duldet der unruhig Schaffende um ſo<lb/> weniger, als er jedes beſſer zu machen uͤber-<lb/> zeugt iſt. Jdeale ſind aus der Mode ge-<lb/> kommen. <hi rendition="#g">Jdeen</hi> gehoͤren in die Fabelwelt.<lb/> Man hat nur <hi rendition="#g">Geſichte.</hi> Da uns dieſe<lb/> aber meiſt das eig’ne Geſicht zeigen, ſo bleibt<lb/> der Maaßſtab des Vergleichs ſtets in der<lb/> Naͤhe und auf demſelben Standpunkt mit<lb/> der Gegenwart; er fuͤgt ſich <hi rendition="#g">dieſer</hi> an,<lb/> ſtatt <hi rendition="#g">ſie</hi> uͤber ſich hinauszuheben.</p><lb/> <p>Durch einen ſeltſamen Widerſpruch an-<lb/> drer Art, geſchieht es, daß, obgleich kein<lb/> Menſch heut zu Tage ein Kunſtwerk, ein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0060]
der zufaͤllige Eigenſinn des Zeitgeſchmackes
es fuͤr gut findet. Dieſer kann ſchon nie
darum das Vortreffliche an ſich wollen,
weil gerade hierin das Charakteriſtiſche der
Zeit liegt, daß ſolches nirgend anerkannt
wird. Waͤhrend wir einer Seits ſehr viel
von Glauben ſprechen, zweifelt doch jeder
an den Andern. Die Kritik war in keinem
Moment geſchaͤftiger, ſich ſelbſt ein Genuͤge
zu thun, als jetzt, wo ſie das Alte vernich-
tet, und das Neue verachtet. Große Vor-
bilder duldet der unruhig Schaffende um ſo
weniger, als er jedes beſſer zu machen uͤber-
zeugt iſt. Jdeale ſind aus der Mode ge-
kommen. Jdeen gehoͤren in die Fabelwelt.
Man hat nur Geſichte. Da uns dieſe
aber meiſt das eig’ne Geſicht zeigen, ſo bleibt
der Maaßſtab des Vergleichs ſtets in der
Naͤhe und auf demſelben Standpunkt mit
der Gegenwart; er fuͤgt ſich dieſer an,
ſtatt ſie uͤber ſich hinauszuheben.
Durch einen ſeltſamen Widerſpruch an-
drer Art, geſchieht es, daß, obgleich kein
Menſch heut zu Tage ein Kunſtwerk, ein
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