gut Glück, ohne Richtung und Absicht be- schiffet, sich von wechselndem Winde treiben läßt, weder Compaß noch Nadel mit auf die Reise nimmt, und nur Gott dankt, dem Einerlei ruhiger Betrachtung und stillen Nachempfindens zu entfliehen, in dieser Fluth geht Unzähliges verloren, was man schon besaß, taucht Unzähliges wieder auf, das man als neu und ungekannt begrüßt, es mit den Lümpchen von heute und gestern schmückt, ihm ein fremdes Dasein giebt, um es über kurz oder lang wegzuwerfen.
Dies Quodlibet bunter Meinungen möchte am Ende den geselligen Verkehr beleben, und diesem, in seinem gemischten Character, we- nigstens in der Art, angemessen sein, daß ein Gespräch, von so wirbelndem Geiste ge- trieben, nicht leicht stocken, im Gegentheil, behend und luftig fortrollen und jedem Ein- zelnen mitreden lassen würde, ein Recht, auf welches Alle Anspruch machen und machen dürfen. Wäre nur in dem Geräusch von Worten eine Gesinnung zu entdecken, die durch sich selbst innere Gegensätze bildete und
gut Gluͤck, ohne Richtung und Abſicht be- ſchiffet, ſich von wechſelndem Winde treiben laͤßt, weder Compaß noch Nadel mit auf die Reiſe nimmt, und nur Gott dankt, dem Einerlei ruhiger Betrachtung und ſtillen Nachempfindens zu entfliehen, in dieſer Fluth geht Unzaͤhliges verloren, was man ſchon beſaß, taucht Unzaͤhliges wieder auf, das man als neu und ungekannt begruͤßt, es mit den Luͤmpchen von heute und geſtern ſchmuͤckt, ihm ein fremdes Daſein giebt, um es uͤber kurz oder lang wegzuwerfen.
Dies Quodlibet bunter Meinungen moͤchte am Ende den geſelligen Verkehr beleben, und dieſem, in ſeinem gemiſchten Character, we- nigſtens in der Art, angemeſſen ſein, daß ein Geſpraͤch, von ſo wirbelndem Geiſte ge- trieben, nicht leicht ſtocken, im Gegentheil, behend und luftig fortrollen und jedem Ein- zelnen mitreden laſſen wuͤrde, ein Recht, auf welches Alle Anſpruch machen und machen duͤrfen. Waͤre nur in dem Geraͤuſch von Worten eine Geſinnung zu entdecken, die durch ſich ſelbſt innere Gegenſaͤtze bildete und
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gut Gluͤck, ohne Richtung und Abſicht be-
ſchiffet, ſich von wechſelndem Winde treiben
laͤßt, weder Compaß noch Nadel mit auf die
Reiſe nimmt, und nur Gott dankt, dem
Einerlei ruhiger Betrachtung und ſtillen
Nachempfindens zu entfliehen, in dieſer Fluth
geht Unzaͤhliges verloren, was man ſchon
beſaß, taucht Unzaͤhliges wieder auf, das
man als neu und ungekannt begruͤßt, es
mit den Luͤmpchen von heute und geſtern
ſchmuͤckt, ihm ein fremdes Daſein giebt, um
es uͤber kurz oder lang wegzuwerfen.
Dies Quodlibet bunter Meinungen moͤchte
am Ende den geſelligen Verkehr beleben, und
dieſem, in ſeinem gemiſchten Character, we-
nigſtens in der Art, angemeſſen ſein, daß
ein Geſpraͤch, von ſo wirbelndem Geiſte ge-
trieben, nicht leicht ſtocken, im Gegentheil,
behend und luftig fortrollen und jedem Ein-
zelnen mitreden laſſen wuͤrde, ein Recht, auf
welches Alle Anſpruch machen und machen
duͤrfen. Waͤre nur in dem Geraͤuſch von
Worten eine Geſinnung zu entdecken, die
durch ſich ſelbſt innere Gegenſaͤtze bildete und
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/56>, abgerufen am 26.11.2024.
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