Von Natur findet sich selten Einklang unter vielen. Gesellige Sitte und gleiche Verpflichtung, die Gesetze derselben erfreu- lich zu machen, müssen erst das Wiederspre- chende ausgleichen. Jch frage aber, wie gleicht sich das aus, wenn man gering- schätzig schweigt oder absprechend entscheidet? Docirt oder Phantasirt? Das frischgelegte Ey neuer Weisheit jackernd verkündet, kei- nen andern Ton aufkommen läßt, oder mürrisch und trübselig zu den kleinen Nich- tigkeiten der Gegenwart darein sieht, die auch sein müssen und denen man nur die leichte Zierlichkeit der Silphien leihen sollte, um sie als behende Boten durch die Kreise des buntgemischten Lebens harmlos schwir- ren zu lassen.
Alles zusammengefaßt, ein Bischen weniger Selbstliebe, einige Achtung für An- dre, gemäßigte Systemwuth, großartiges Den- ken und rücksichtsvoller Zwang im Sein und Handeln, ich wette, die Schranken wie die Schwingen des Worts halten und beleben ein Gespräch von selbst, das nächst
Von Natur findet ſich ſelten Einklang unter vielen. Geſellige Sitte und gleiche Verpflichtung, die Geſetze derſelben erfreu- lich zu machen, muͤſſen erſt das Wiederſpre- chende ausgleichen. Jch frage aber, wie gleicht ſich das aus, wenn man gering- ſchaͤtzig ſchweigt oder abſprechend entſcheidet? Docirt oder Phantaſirt? Das friſchgelegte Ey neuer Weisheit jackernd verkuͤndet, kei- nen andern Ton aufkommen laͤßt, oder muͤrriſch und truͤbſelig zu den kleinen Nich- tigkeiten der Gegenwart darein ſieht, die auch ſein muͤſſen und denen man nur die leichte Zierlichkeit der Silphien leihen ſollte, um ſie als behende Boten durch die Kreiſe des buntgemiſchten Lebens harmlos ſchwir- ren zu laſſen.
Alles zuſammengefaßt, ein Bischen weniger Selbſtliebe, einige Achtung fuͤr An- dre, gemaͤßigte Syſtemwuth, großartiges Den- ken und ruͤckſichtsvoller Zwang im Sein und Handeln, ich wette, die Schranken wie die Schwingen des Worts halten und beleben ein Geſpraͤch von ſelbſt, das naͤchſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0052"n="48"/><p>Von Natur findet ſich ſelten Einklang<lb/>
unter vielen. Geſellige Sitte und gleiche<lb/>
Verpflichtung, die Geſetze derſelben erfreu-<lb/>
lich zu machen, muͤſſen erſt das Wiederſpre-<lb/>
chende ausgleichen. Jch frage aber, wie<lb/>
gleicht ſich das aus, wenn man gering-<lb/>ſchaͤtzig ſchweigt oder abſprechend entſcheidet?<lb/>
Docirt oder Phantaſirt? Das friſchgelegte<lb/>
Ey neuer Weisheit jackernd verkuͤndet, kei-<lb/>
nen andern Ton aufkommen laͤßt, oder<lb/>
muͤrriſch und truͤbſelig zu den kleinen Nich-<lb/>
tigkeiten der Gegenwart darein ſieht, die<lb/>
auch ſein muͤſſen und denen man nur die<lb/>
leichte Zierlichkeit der Silphien leihen ſollte,<lb/>
um ſie als behende Boten durch die Kreiſe<lb/>
des buntgemiſchten Lebens harmlos ſchwir-<lb/>
ren zu laſſen.</p><lb/><p>Alles zuſammengefaßt, ein Bischen<lb/>
weniger Selbſtliebe, einige Achtung fuͤr An-<lb/>
dre, gemaͤßigte Syſtemwuth, großartiges Den-<lb/>
ken und ruͤckſichtsvoller Zwang im <hirendition="#g">Sein</hi><lb/>
und <hirendition="#g">Handeln,</hi> ich wette, die Schranken<lb/>
wie die Schwingen des Worts halten und<lb/>
beleben ein Geſpraͤch von ſelbſt, das naͤchſt<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[48/0052]
Von Natur findet ſich ſelten Einklang
unter vielen. Geſellige Sitte und gleiche
Verpflichtung, die Geſetze derſelben erfreu-
lich zu machen, muͤſſen erſt das Wiederſpre-
chende ausgleichen. Jch frage aber, wie
gleicht ſich das aus, wenn man gering-
ſchaͤtzig ſchweigt oder abſprechend entſcheidet?
Docirt oder Phantaſirt? Das friſchgelegte
Ey neuer Weisheit jackernd verkuͤndet, kei-
nen andern Ton aufkommen laͤßt, oder
muͤrriſch und truͤbſelig zu den kleinen Nich-
tigkeiten der Gegenwart darein ſieht, die
auch ſein muͤſſen und denen man nur die
leichte Zierlichkeit der Silphien leihen ſollte,
um ſie als behende Boten durch die Kreiſe
des buntgemiſchten Lebens harmlos ſchwir-
ren zu laſſen.
Alles zuſammengefaßt, ein Bischen
weniger Selbſtliebe, einige Achtung fuͤr An-
dre, gemaͤßigte Syſtemwuth, großartiges Den-
ken und ruͤckſichtsvoller Zwang im Sein
und Handeln, ich wette, die Schranken
wie die Schwingen des Worts halten und
beleben ein Geſpraͤch von ſelbſt, das naͤchſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/52>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.