das Band berücksichtigender Höflichkeit, noch jenen Stempel ursprünglicher Bestimmung.
Wenn dies den Gesichtspunkt angiebt, von dem die Gesetze des Umganges an Wich- tigkeit gewinnen: so soll uns die Ausbil- dung für diesen Zweck des irdischen Daseins lieb und jede einzelne Aufgabe, die dahin führt, ein Gegenstand ernster Betrachtung werden. Keine ist gleichgültig, keine darf unbeachtet bleiben, und was die Bequemlich- keit sich auch weißmacht, Genuß und Ver- gnügen gewinnen nichts durch jenes nachläs- sige Gehenlassen, was die sogenannte Denk- freiheit seit einem halben Jahrhundert dem Kinde in den Windeln schon inoculirte. Un- sre übernossene Jugend kennt nichts, das sie fürchtet, nichts, das sie hofft, denn sie will nichts als sich selbst, und wenn diese Ge- sellschaft auch weiter keine Gesetze des Um- ganges auflegt, als daß sich alles dem Ge- bote des Egoismus unterwerfen solle, so führt doch gerade eben dies eine Art baby- lonischer Sprachverwirrung herbei, die jedes gesellige Einverständniß, jede wahre, leben-
das Band beruͤckſichtigender Hoͤflichkeit, noch jenen Stempel urſpruͤnglicher Beſtimmung.
Wenn dies den Geſichtspunkt angiebt, von dem die Geſetze des Umganges an Wich- tigkeit gewinnen: ſo ſoll uns die Ausbil- dung fuͤr dieſen Zweck des irdiſchen Daſeins lieb und jede einzelne Aufgabe, die dahin fuͤhrt, ein Gegenſtand ernſter Betrachtung werden. Keine iſt gleichguͤltig, keine darf unbeachtet bleiben, und was die Bequemlich- keit ſich auch weißmacht, Genuß und Ver- gnuͤgen gewinnen nichts durch jenes nachlaͤſ- ſige Gehenlaſſen, was die ſogenannte Denk- freiheit ſeit einem halben Jahrhundert dem Kinde in den Windeln ſchon inoculirte. Un- ſre uͤbernoſſene Jugend kennt nichts, das ſie fuͤrchtet, nichts, das ſie hofft, denn ſie will nichts als ſich ſelbſt, und wenn dieſe Ge- ſellſchaft auch weiter keine Geſetze des Um- ganges auflegt, als daß ſich alles dem Ge- bote des Egoismus unterwerfen ſolle, ſo fuͤhrt doch gerade eben dies eine Art baby- loniſcher Sprachverwirrung herbei, die jedes geſellige Einverſtaͤndniß, jede wahre, leben-
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das Band beruͤckſichtigender Hoͤflichkeit, noch
jenen Stempel urſpruͤnglicher Beſtimmung.
Wenn dies den Geſichtspunkt angiebt,
von dem die Geſetze des Umganges an Wich-
tigkeit gewinnen: ſo ſoll uns die Ausbil-
dung fuͤr dieſen Zweck des irdiſchen Daſeins
lieb und jede einzelne Aufgabe, die dahin
fuͤhrt, ein Gegenſtand ernſter Betrachtung
werden. Keine iſt gleichguͤltig, keine darf
unbeachtet bleiben, und was die Bequemlich-
keit ſich auch weißmacht, Genuß und Ver-
gnuͤgen gewinnen nichts durch jenes nachlaͤſ-
ſige Gehenlaſſen, was die ſogenannte Denk-
freiheit ſeit einem halben Jahrhundert dem
Kinde in den Windeln ſchon inoculirte. Un-
ſre uͤbernoſſene Jugend kennt nichts, das ſie
fuͤrchtet, nichts, das ſie hofft, denn ſie will
nichts als ſich ſelbſt, und wenn dieſe Ge-
ſellſchaft auch weiter keine Geſetze des Um-
ganges auflegt, als daß ſich alles dem Ge-
bote des Egoismus unterwerfen ſolle, ſo
fuͤhrt doch gerade eben dies eine Art baby-
loniſcher Sprachverwirrung herbei, die jedes
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/35>, abgerufen am 17.02.2025.
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