Die Frömmigkeit ist vielfach angegriffen worden, weil der Wunsch sie zu besitzen eine Art und Weise annahm, und Manier ward.
Sie selbst ist aber von so durchsichtiger, allseitiger Natur, daß sie gar nicht erschei- nen, daß sie nur sein kann.
Jede Erörterung ihrer Eigenthümlichkeit verwirrt diese. Ein Hauch stört die Ein- wirkung des Lichtes!
Wer aber je den heiligen Athem, einer frommen Seele in sich eingehen fühlte, den durchdrang das süßeste Beben der Allgegen- wart der Liebe. Er sucht weiter nicht nach dem Quell ihres Ursprunges.
Religion haben und üben, fällt mit dem Begriff von Frömmigkeit im Allgemei- nen zusammen. Jn diesem Sinne können Juden und Muhamedaner gewiß sehr fromm sein. Die Christliche Frömmigkeit beruhet aber hauptsächlich auf jenem geheimnißvollen Vermögen der Umwandlung des sichtba- rem und unsichtbarem Sein, durch den Glauben. Sie umfaßt jede Richtung, und verschmähet so wenig in das Außen- wie in das Jnnenleben einzugehen. Durch sie wird das Unschöne liebenswürdig, das Unglück ein Seegen mehr, die Anstrengung ein Genuß, der Schmerz ein Ruf zur Ver-
Die Froͤmmigkeit iſt vielfach angegriffen worden, weil der Wunſch ſie zu beſitzen eine Art und Weiſe annahm, und Manier ward.
Sie ſelbſt iſt aber von ſo durchſichtiger, allſeitiger Natur, daß ſie gar nicht erſchei- nen, daß ſie nur ſein kann.
Jede Eroͤrterung ihrer Eigenthuͤmlichkeit verwirrt dieſe. Ein Hauch ſtoͤrt die Ein- wirkung des Lichtes!
Wer aber je den heiligen Athem, einer frommen Seele in ſich eingehen fuͤhlte, den durchdrang das ſuͤßeſte Beben der Allgegen- wart der Liebe. Er ſucht weiter nicht nach dem Quell ihres Urſprunges.
Religion haben und uͤben, faͤllt mit dem Begriff von Froͤmmigkeit im Allgemei- nen zuſammen. Jn dieſem Sinne koͤnnen Juden und Muhamedaner gewiß ſehr fromm ſein. Die Chriſtliche Froͤmmigkeit beruhet aber hauptſaͤchlich auf jenem geheimnißvollen Vermoͤgen der Umwandlung des ſichtba- rem und unſichtbarem Sein, durch den Glauben. Sie umfaßt jede Richtung, und verſchmaͤhet ſo wenig in das Außen- wie in das Jnnenleben einzugehen. Durch ſie wird das Unſchoͤne liebenswuͤrdig, das Ungluͤck ein Seegen mehr, die Anſtrengung ein Genuß, der Schmerz ein Ruf zur Ver-
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Die Froͤmmigkeit iſt vielfach angegriffen
worden, weil der Wunſch ſie zu beſitzen eine
Art und Weiſe annahm, und Manier ward.
Sie ſelbſt iſt aber von ſo durchſichtiger,
allſeitiger Natur, daß ſie gar nicht erſchei-
nen, daß ſie nur ſein kann.
Jede Eroͤrterung ihrer Eigenthuͤmlichkeit
verwirrt dieſe. Ein Hauch ſtoͤrt die Ein-
wirkung des Lichtes!
Wer aber je den heiligen Athem, einer
frommen Seele in ſich eingehen fuͤhlte, den
durchdrang das ſuͤßeſte Beben der Allgegen-
wart der Liebe. Er ſucht weiter nicht nach
dem Quell ihres Urſprunges.
Religion haben und uͤben, faͤllt mit
dem Begriff von Froͤmmigkeit im Allgemei-
nen zuſammen. Jn dieſem Sinne koͤnnen
Juden und Muhamedaner gewiß ſehr fromm
ſein. Die Chriſtliche Froͤmmigkeit beruhet
aber hauptſaͤchlich auf jenem geheimnißvollen
Vermoͤgen der Umwandlung des ſichtba-
rem und unſichtbarem Sein, durch den
Glauben. Sie umfaßt jede Richtung,
und verſchmaͤhet ſo wenig in das Außen-
wie in das Jnnenleben einzugehen. Durch
ſie wird das Unſchoͤne liebenswuͤrdig, das
Ungluͤck ein Seegen mehr, die Anſtrengung
ein Genuß, der Schmerz ein Ruf zur Ver-
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/275>, abgerufen am 18.07.2024.
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