Zustand der Seele hineingewohnt. Das fremde Leben umschließt das eigne, ursprüng- liche, wie ein Kerker, in dem nicht anders Frieden zu finden ist, als daß man sein Elend fest und klar ansieht, es erkennt, und länger keiner Täuschung Raum gebend, weiß: man liebt wo man nicht lieben soll.
Jeder irdische Verkehr ist von dem Au- genblick an abgebrochen. Was einzig be- stehen kann, das rettet sich zu andern Räumen, und findet ein Leben in sich. Besteht nichts mehr nach der Trennung? so war es überhaupt nichts, und die Phantas- terei bestraft sich durch kalte Verödung des Herzens. Jn keinem Fall aber wird der Wahn einer Verbindung fortdauern kön- nen, die so fremd und verwirrend in das Zusammenklingen häuslicher Harmonie ein- griff.
Was soll überhaupt da der zweite Freund und Vertraute, wo der Erste nur der wahre und beste sein darf? -- Freund- schaft sucht und findet ihre Nahrung in der Welt, Liebe über der Welt. Sie geräth
Zuſtand der Seele hineingewohnt. Das fremde Leben umſchließt das eigne, urſpruͤng- liche, wie ein Kerker, in dem nicht anders Frieden zu finden iſt, als daß man ſein Elend feſt und klar anſieht, es erkennt, und laͤnger keiner Taͤuſchung Raum gebend, weiß: man liebt wo man nicht lieben ſoll.
Jeder irdiſche Verkehr iſt von dem Au- genblick an abgebrochen. Was einzig be- ſtehen kann, das rettet ſich zu andern Raͤumen, und findet ein Leben in ſich. Beſteht nichts mehr nach der Trennung? ſo war es uͤberhaupt nichts, und die Phantaſ- terei beſtraft ſich durch kalte Veroͤdung des Herzens. Jn keinem Fall aber wird der Wahn einer Verbindung fortdauern koͤn- nen, die ſo fremd und verwirrend in das Zuſammenklingen haͤuslicher Harmonie ein- griff.
Was ſoll uͤberhaupt da der zweite Freund und Vertraute, wo der Erſte nur der wahre und beſte ſein darf? — Freund- ſchaft ſucht und findet ihre Nahrung in der Welt, Liebe uͤber der Welt. Sie geraͤth
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Zuſtand der Seele hineingewohnt. Das
fremde Leben umſchließt das eigne, urſpruͤng-
liche, wie ein Kerker, in dem nicht anders
Frieden zu finden iſt, als daß man ſein
Elend feſt und klar anſieht, es erkennt, und
laͤnger keiner Taͤuſchung Raum gebend, weiß:
man liebt wo man nicht lieben ſoll.
Jeder irdiſche Verkehr iſt von dem Au-
genblick an abgebrochen. Was einzig be-
ſtehen kann, das rettet ſich zu andern
Raͤumen, und findet ein Leben in ſich.
Beſteht nichts mehr nach der Trennung? ſo
war es uͤberhaupt nichts, und die Phantaſ-
terei beſtraft ſich durch kalte Veroͤdung
des Herzens. Jn keinem Fall aber wird
der Wahn einer Verbindung fortdauern koͤn-
nen, die ſo fremd und verwirrend in das
Zuſammenklingen haͤuslicher Harmonie ein-
griff.
Was ſoll uͤberhaupt da der zweite
Freund und Vertraute, wo der Erſte nur
der wahre und beſte ſein darf? — Freund-
ſchaft ſucht und findet ihre Nahrung in der
Welt, Liebe uͤber der Welt. Sie geraͤth
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/265>, abgerufen am 16.02.2025.
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