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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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scheinen. -- Nehmen wir an, die redlich ge-
sonnen Vertrauete hatte dem Gatten das
Herz der Frau gerettet, er empfängt es, im-
mer ein wenig von dem Froste der Entsa-
gung gestreift, durch die vermittelnde Hand
wieder, und nimmt es nicht mit der Wärme,
mit der Frische gleich getheilter Neigung auf,
es bleiben da Lücken, die sich unmöglich so-
gleich füllen lassen, wird die Nähe der Frem-
den, Nichtdazugehörigen, dem stockenden Ein-
klange Freiheit lassen, nach und nach wieder
hell und voll ineinander zu fließen? Oder
wird sie, welche die Umgekehrte mit beiden
Händen hält, und sie so halten zu müssen
glaubt, die eingetretene Pausen nicht füllen,
nicht dazwischen reden, und die Aufmerksam-
keit auf sich ziehen zu müssen wähnen? Un-
vermeidlich steht sie sich in Kurzem im Be-
sitz aller der Klagen und Seufzer und Thrä-
nen, welche der getäuschten, in ihrem Pflicht-
gefühl gekränkten Gattin entfallen. Wohin
soll diese flüchten, als zu der, welche klü-
ger
und stärker als sie, das schwere Opfer
heischte und nun auch allein Trost und

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ſcheinen. — Nehmen wir an, die redlich ge-
ſonnen Vertrauete hatte dem Gatten das
Herz der Frau gerettet, er empfaͤngt es, im-
mer ein wenig von dem Froſte der Entſa-
gung geſtreift, durch die vermittelnde Hand
wieder, und nimmt es nicht mit der Waͤrme,
mit der Friſche gleich getheilter Neigung auf,
es bleiben da Luͤcken, die ſich unmoͤglich ſo-
gleich fuͤllen laſſen, wird die Naͤhe der Frem-
den, Nichtdazugehoͤrigen, dem ſtockenden Ein-
klange Freiheit laſſen, nach und nach wieder
hell und voll ineinander zu fließen? Oder
wird ſie, welche die Umgekehrte mit beiden
Haͤnden haͤlt, und ſie ſo halten zu muͤſſen
glaubt, die eingetretene Pauſen nicht fuͤllen,
nicht dazwiſchen reden, und die Aufmerkſam-
keit auf ſich ziehen zu muͤſſen waͤhnen? Un-
vermeidlich ſteht ſie ſich in Kurzem im Be-
ſitz aller der Klagen und Seufzer und Thraͤ-
nen, welche der getaͤuſchten, in ihrem Pflicht-
gefuͤhl gekraͤnkten Gattin entfallen. Wohin
ſoll dieſe fluͤchten, als zu der, welche kluͤ-
ger
und ſtaͤrker als ſie, das ſchwere Opfer
heiſchte und nun auch allein Troſt und

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[243/0247] ſcheinen. — Nehmen wir an, die redlich ge- ſonnen Vertrauete hatte dem Gatten das Herz der Frau gerettet, er empfaͤngt es, im- mer ein wenig von dem Froſte der Entſa- gung geſtreift, durch die vermittelnde Hand wieder, und nimmt es nicht mit der Waͤrme, mit der Friſche gleich getheilter Neigung auf, es bleiben da Luͤcken, die ſich unmoͤglich ſo- gleich fuͤllen laſſen, wird die Naͤhe der Frem- den, Nichtdazugehoͤrigen, dem ſtockenden Ein- klange Freiheit laſſen, nach und nach wieder hell und voll ineinander zu fließen? Oder wird ſie, welche die Umgekehrte mit beiden Haͤnden haͤlt, und ſie ſo halten zu muͤſſen glaubt, die eingetretene Pauſen nicht fuͤllen, nicht dazwiſchen reden, und die Aufmerkſam- keit auf ſich ziehen zu muͤſſen waͤhnen? Un- vermeidlich ſteht ſie ſich in Kurzem im Be- ſitz aller der Klagen und Seufzer und Thraͤ- nen, welche der getaͤuſchten, in ihrem Pflicht- gefuͤhl gekraͤnkten Gattin entfallen. Wohin ſoll dieſe fluͤchten, als zu der, welche kluͤ- ger und ſtaͤrker als ſie, das ſchwere Opfer heiſchte und nun auch allein Troſt und *

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/247>, abgerufen am 30.11.2024.