Um so mehr, da die reale Gestalt, wel- che die Lebensbeziehungen, nach solchem Um- schwunge annehmen, eine Doppelte ist. Die eine wendet sich ganz dem geselligen Ver- kehr zu, und wird weltlich, die andre taucht sich gleichsam in Pflichtübungen unter, und wird häuslich. Die erstere ist jetzt fast ganz aus der Mode gekommen- Es giebt nur noch wenige Beispiele, wo selbst die vorneh- mere Gattin und Hausfrau, die Zerstreuun- gen der Weltfreuden dem Familienleben vor- zöge, und hier durch Leichtsinn oder Ver- gnügungssucht etwas Wesentliches versäumt würde.
Gewiß liegt dem bessern Streben die reinere Ansicht des Berufs zum Grunde. Das Aüßerwesentliche muß der liebgeworde- nen Pflichtübung weichen; und nicht zu leugnen ist es, daß die Frauen der großen Welt in dieser Beziehung weit mehr leisten, als man es gewohnt ist bei ihnen anzuneh- men. Allein, wenn sie so dem Zuge liebe- voller Natur folgen, so gehört das Motiv doch nicht allein der Liebe, sondern mehr
Um ſo mehr, da die reale Geſtalt, wel- che die Lebensbeziehungen, nach ſolchem Um- ſchwunge annehmen, eine Doppelte iſt. Die eine wendet ſich ganz dem geſelligen Ver- kehr zu, und wird weltlich, die andre taucht ſich gleichſam in Pflichtuͤbungen unter, und wird haͤuslich. Die erſtere iſt jetzt faſt ganz aus der Mode gekommen- Es giebt nur noch wenige Beiſpiele, wo ſelbſt die vorneh- mere Gattin und Hausfrau, die Zerſtreuun- gen der Weltfreuden dem Familienleben vor- zoͤge, und hier durch Leichtſinn oder Ver- gnuͤgungsſucht etwas Weſentliches verſaͤumt wuͤrde.
Gewiß liegt dem beſſern Streben die reinere Anſicht des Berufs zum Grunde. Das Auͤßerweſentliche muß der liebgeworde- nen Pflichtuͤbung weichen; und nicht zu leugnen iſt es, daß die Frauen der großen Welt in dieſer Beziehung weit mehr leiſten, als man es gewohnt iſt bei ihnen anzuneh- men. Allein, wenn ſie ſo dem Zuge liebe- voller Natur folgen, ſo gehoͤrt das Motiv doch nicht allein der Liebe, ſondern mehr
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Um ſo mehr, da die reale Geſtalt, wel-
che die Lebensbeziehungen, nach ſolchem Um-
ſchwunge annehmen, eine Doppelte iſt. Die
eine wendet ſich ganz dem geſelligen Ver-
kehr zu, und wird weltlich, die andre taucht
ſich gleichſam in Pflichtuͤbungen unter, und
wird haͤuslich. Die erſtere iſt jetzt faſt ganz
aus der Mode gekommen- Es giebt nur
noch wenige Beiſpiele, wo ſelbſt die vorneh-
mere Gattin und Hausfrau, die Zerſtreuun-
gen der Weltfreuden dem Familienleben vor-
zoͤge, und hier durch Leichtſinn oder Ver-
gnuͤgungsſucht etwas Weſentliches verſaͤumt
wuͤrde.
Gewiß liegt dem beſſern Streben die
reinere Anſicht des Berufs zum Grunde.
Das Auͤßerweſentliche muß der liebgeworde-
nen Pflichtuͤbung weichen; und nicht zu
leugnen iſt es, daß die Frauen der großen
Welt in dieſer Beziehung weit mehr leiſten,
als man es gewohnt iſt bei ihnen anzuneh-
men. Allein, wenn ſie ſo dem Zuge liebe-
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/232>, abgerufen am 29.11.2024.
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