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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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doch fern hielte, so daß es dem aufrichtig
danach Strebenden unaussprechlich schwer
gemacht und er zum Stillstehen und Erlah-
men auf halbem Wege gleichsam autorisirt
würde? Was berechtigt uns, so einseitige
und dürftige Begriffe in die Weltordnung
hineinzutragen? Und bei Lichte besehen, was
sind es denn für Klippen, die aus der ra-
schen Fluth umgreifenden Weltlebens her-
vorragen? denn es ist nicht genug, daß man
angebe, woher sie drohen, sondern welcher
Art sie sind. Die Antwort wird sein: Ei-
telkeit, Ehrgeiz, Zersplitterung der Gedanken,
Hinneigen der Gefühle zu dem Oberflächli-
chen, und wie die Ursachen des Bösen im
Menschen sonst noch heißen mögen, sie sind
es, die durch berückende Sirenenstimmen ver-
locken und sichern Untergang bereiten.

Nun, ich muß aufrichtig gestehen, unter
allen den genannten Cardinalsünden der
großstädtischen und feinern Welt begegne ich
hier keiner, deren Bekanntschaft ich nicht
auch sonst schon gemacht hätte. Unter wel-
chen Beziehungen steht der Einzelne wohl so

doch fern hielte, ſo daß es dem aufrichtig
danach Strebenden unausſprechlich ſchwer
gemacht und er zum Stillſtehen und Erlah-
men auf halbem Wege gleichſam autoriſirt
wuͤrde? Was berechtigt uns, ſo einſeitige
und duͤrftige Begriffe in die Weltordnung
hineinzutragen? Und bei Lichte beſehen, was
ſind es denn fuͤr Klippen, die aus der ra-
ſchen Fluth umgreifenden Weltlebens her-
vorragen? denn es iſt nicht genug, daß man
angebe, woher ſie drohen, ſondern welcher
Art ſie ſind. Die Antwort wird ſein: Ei-
telkeit, Ehrgeiz, Zerſplitterung der Gedanken,
Hinneigen der Gefuͤhle zu dem Oberflaͤchli-
chen, und wie die Urſachen des Boͤſen im
Menſchen ſonſt noch heißen moͤgen, ſie ſind
es, die durch beruͤckende Sirenenſtimmen ver-
locken und ſichern Untergang bereiten.

Nun, ich muß aufrichtig geſtehen, unter
allen den genannten Cardinalſuͤnden der
großſtaͤdtiſchen und feinern Welt begegne ich
hier keiner, deren Bekanntſchaft ich nicht
auch ſonſt ſchon gemacht haͤtte. Unter wel-
chen Beziehungen ſteht der Einzelne wohl ſo

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[14/0018] doch fern hielte, ſo daß es dem aufrichtig danach Strebenden unausſprechlich ſchwer gemacht und er zum Stillſtehen und Erlah- men auf halbem Wege gleichſam autoriſirt wuͤrde? Was berechtigt uns, ſo einſeitige und duͤrftige Begriffe in die Weltordnung hineinzutragen? Und bei Lichte beſehen, was ſind es denn fuͤr Klippen, die aus der ra- ſchen Fluth umgreifenden Weltlebens her- vorragen? denn es iſt nicht genug, daß man angebe, woher ſie drohen, ſondern welcher Art ſie ſind. Die Antwort wird ſein: Ei- telkeit, Ehrgeiz, Zerſplitterung der Gedanken, Hinneigen der Gefuͤhle zu dem Oberflaͤchli- chen, und wie die Urſachen des Boͤſen im Menſchen ſonſt noch heißen moͤgen, ſie ſind es, die durch beruͤckende Sirenenſtimmen ver- locken und ſichern Untergang bereiten. Nun, ich muß aufrichtig geſtehen, unter allen den genannten Cardinalſuͤnden der großſtaͤdtiſchen und feinern Welt begegne ich hier keiner, deren Bekanntſchaft ich nicht auch ſonſt ſchon gemacht haͤtte. Unter wel- chen Beziehungen ſteht der Einzelne wohl ſo

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/18>, abgerufen am 21.11.2024.