Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

sches Spielwerk der Dichter zu halten, und
sie, als unvereinbar mit den Sitten und
dem Charakter vormaliger Zeit, in die Fa-
belwelt zu verweisen. Und gleichwohl be-
gründet sich ihre Wahrhaftigkeit, auch oh-
ne geschichtliche Beglaubigung, durch den
Schwung eines mächtigen Gefühles, das nur
in dem Unaussprechlichen volles Gnügen fin-
det. Die schönste und reinste Erdenerschei-
nung, in die Sphäre des Jdealen hinauf-
gehoben ward, als Dame des Gedankens, et-
was höheres und Schöneres, als die ge-
wöhnlichen Lebensverhältnisse aus menschli-
chen Wesen machen können. Jn ihrem Dien-
sie, trat nun alles, was begeisterte Liebe,
Ehre und Tapferkeit in einem Gemüthe wek-
ken können, in den glänzendsten Thaten her-
vor; das schwerste Opfer trug seinen Lohn
in sich, ja man weihete oft die Jugend wie
das Alter dem schönerm Genusse, sich in
seinen liebsten Wünschen verleugnet zu ha-
ben. Dies Märtyrerthum des Herzens, mach-
te den Cultus der Frauen im Mittelalter zu
einem Heiligendienst, der als sichtbarer Ab-

ſches Spielwerk der Dichter zu halten, und
ſie, als unvereinbar mit den Sitten und
dem Charakter vormaliger Zeit, in die Fa-
belwelt zu verweiſen. Und gleichwohl be-
gruͤndet ſich ihre Wahrhaftigkeit, auch oh-
ne geſchichtliche Beglaubigung, durch den
Schwung eines maͤchtigen Gefuͤhles, das nur
in dem Unausſprechlichen volles Gnuͤgen fin-
det. Die ſchoͤnſte und reinſte Erdenerſchei-
nung, in die Sphaͤre des Jdealen hinauf-
gehoben ward, als Dame des Gedankens, et-
was hoͤheres und Schoͤneres, als die ge-
woͤhnlichen Lebensverhaͤltniſſe aus menſchli-
chen Weſen machen koͤnnen. Jn ihrem Dien-
ſie, trat nun alles, was begeiſterte Liebe,
Ehre und Tapferkeit in einem Gemuͤthe wek-
ken koͤnnen, in den glaͤnzendſten Thaten her-
vor; das ſchwerſte Opfer trug ſeinen Lohn
in ſich, ja man weihete oft die Jugend wie
das Alter dem ſchoͤnerm Genuſſe, ſich in
ſeinen liebſten Wuͤnſchen verleugnet zu ha-
ben. Dies Maͤrtyrerthum des Herzens, mach-
te den Cultus der Frauen im Mittelalter zu
einem Heiligendienſt, der als ſichtbarer Ab-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0172" n="168"/>
&#x017F;ches Spielwerk der Dichter zu halten, und<lb/>
&#x017F;ie, als unvereinbar mit den Sitten und<lb/>
dem Charakter vormaliger Zeit, in die Fa-<lb/>
belwelt zu verwei&#x017F;en. Und gleichwohl be-<lb/>
gru&#x0364;ndet &#x017F;ich ihre Wahrhaftigkeit, auch oh-<lb/>
ne ge&#x017F;chichtliche Beglaubigung, durch den<lb/>
Schwung eines ma&#x0364;chtigen Gefu&#x0364;hles, das nur<lb/>
in dem Unaus&#x017F;prechlichen volles Gnu&#x0364;gen fin-<lb/>
det. Die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te und rein&#x017F;te Erdener&#x017F;chei-<lb/>
nung, in die Spha&#x0364;re des Jdealen hinauf-<lb/>
gehoben ward, als Dame des Gedankens, et-<lb/>
was ho&#x0364;heres und Scho&#x0364;neres, als die ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlichen Lebensverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e aus men&#x017F;chli-<lb/>
chen We&#x017F;en machen ko&#x0364;nnen. Jn ihrem Dien-<lb/>
&#x017F;ie, trat nun alles, was begei&#x017F;terte Liebe,<lb/>
Ehre und Tapferkeit in einem Gemu&#x0364;the wek-<lb/>
ken ko&#x0364;nnen, in den gla&#x0364;nzend&#x017F;ten Thaten her-<lb/>
vor; das &#x017F;chwer&#x017F;te Opfer trug &#x017F;einen Lohn<lb/>
in &#x017F;ich, ja man weihete oft die Jugend wie<lb/>
das Alter dem &#x017F;cho&#x0364;nerm Genu&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;ich in<lb/>
&#x017F;einen lieb&#x017F;ten Wu&#x0364;n&#x017F;chen verleugnet zu ha-<lb/>
ben. Dies Ma&#x0364;rtyrerthum des Herzens, mach-<lb/>
te den Cultus der Frauen im Mittelalter zu<lb/>
einem Heiligendien&#x017F;t, der als &#x017F;ichtbarer Ab-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0172] ſches Spielwerk der Dichter zu halten, und ſie, als unvereinbar mit den Sitten und dem Charakter vormaliger Zeit, in die Fa- belwelt zu verweiſen. Und gleichwohl be- gruͤndet ſich ihre Wahrhaftigkeit, auch oh- ne geſchichtliche Beglaubigung, durch den Schwung eines maͤchtigen Gefuͤhles, das nur in dem Unausſprechlichen volles Gnuͤgen fin- det. Die ſchoͤnſte und reinſte Erdenerſchei- nung, in die Sphaͤre des Jdealen hinauf- gehoben ward, als Dame des Gedankens, et- was hoͤheres und Schoͤneres, als die ge- woͤhnlichen Lebensverhaͤltniſſe aus menſchli- chen Weſen machen koͤnnen. Jn ihrem Dien- ſie, trat nun alles, was begeiſterte Liebe, Ehre und Tapferkeit in einem Gemuͤthe wek- ken koͤnnen, in den glaͤnzendſten Thaten her- vor; das ſchwerſte Opfer trug ſeinen Lohn in ſich, ja man weihete oft die Jugend wie das Alter dem ſchoͤnerm Genuſſe, ſich in ſeinen liebſten Wuͤnſchen verleugnet zu ha- ben. Dies Maͤrtyrerthum des Herzens, mach- te den Cultus der Frauen im Mittelalter zu einem Heiligendienſt, der als ſichtbarer Ab-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/172
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/172>, abgerufen am 24.11.2024.