Jn diesem Nebel, halb bewußter, halb unbewußter Zuversicht, hüllt sich die Eitel- keit so geschmeidig ein, daß sie fast unsicht- bar wird. Gewöhnlich sind die Nächststehen- den am meisten über ihr Dasein im Jrrthum; und so wächst denn der Glaube an sich mit den Erwartungen, denen immer mancherlei von Außen schmeichelt.
Was so ein guter weiblicher Glaube alles für baare Münze annimmt! was die Augen alles sehen, die Ohren alles hören! welche Folgerungen die listige Selbstliebe zu ziehen im Stande ist, davon würde man schwerlich eine Ahndung haben, wenn nicht schon vor Alters her lustige Geschichtchen hierüber im Umlauf wären, und jene Anek- dote eines artigen Kindes vom Munde zu Munde ginge, das athemlos der Mutter ei- nen erwünschten Bewerber ankündigte, und auf die Frage, in welcher Art dieser sich ausgesprochen habe, erröthend erwiederte: "gesprochen hat er gar nicht; doch gegrüßt hätte er mich fast!" --
Wenn diese Beweisführung auch einem
Jn dieſem Nebel, halb bewußter, halb unbewußter Zuverſicht, huͤllt ſich die Eitel- keit ſo geſchmeidig ein, daß ſie faſt unſicht- bar wird. Gewoͤhnlich ſind die Naͤchſtſtehen- den am meiſten uͤber ihr Daſein im Jrrthum; und ſo waͤchſt denn der Glaube an ſich mit den Erwartungen, denen immer mancherlei von Außen ſchmeichelt.
Was ſo ein guter weiblicher Glaube alles fuͤr baare Muͤnze annimmt! was die Augen alles ſehen, die Ohren alles hoͤren! welche Folgerungen die liſtige Selbſtliebe zu ziehen im Stande iſt, davon wuͤrde man ſchwerlich eine Ahndung haben, wenn nicht ſchon vor Alters her luſtige Geſchichtchen hieruͤber im Umlauf waͤren, und jene Anek- dote eines artigen Kindes vom Munde zu Munde ginge, das athemlos der Mutter ei- nen erwuͤnſchten Bewerber ankuͤndigte, und auf die Frage, in welcher Art dieſer ſich ausgeſprochen habe, erroͤthend erwiederte: „geſprochen hat er gar nicht; doch gegruͤßt haͤtte er mich faſt!‟ —
Wenn dieſe Beweisfuͤhrung auch einem
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Jn dieſem Nebel, halb bewußter, halb
unbewußter Zuverſicht, huͤllt ſich die Eitel-
keit ſo geſchmeidig ein, daß ſie faſt unſicht-
bar wird. Gewoͤhnlich ſind die Naͤchſtſtehen-
den am meiſten uͤber ihr Daſein im Jrrthum;
und ſo waͤchſt denn der Glaube an ſich mit
den Erwartungen, denen immer mancherlei
von Außen ſchmeichelt.
Was ſo ein guter weiblicher Glaube
alles fuͤr baare Muͤnze annimmt! was die
Augen alles ſehen, die Ohren alles hoͤren!
welche Folgerungen die liſtige Selbſtliebe zu
ziehen im Stande iſt, davon wuͤrde man
ſchwerlich eine Ahndung haben, wenn nicht
ſchon vor Alters her luſtige Geſchichtchen
hieruͤber im Umlauf waͤren, und jene Anek-
dote eines artigen Kindes vom Munde zu
Munde ginge, das athemlos der Mutter ei-
nen erwuͤnſchten Bewerber ankuͤndigte, und
auf die Frage, in welcher Art dieſer ſich
ausgeſprochen habe, erroͤthend erwiederte:
„geſprochen hat er gar nicht; doch gegruͤßt
haͤtte er mich faſt!‟ —
Wenn dieſe Beweisfuͤhrung auch einem
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/158>, abgerufen am 16.02.2025.
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