letztem Rest von Courtoisie für das Phan- tastisch-Poentische. Allein das ist denn doch nur die ganz grüne Unerfahrenheit, die dem Aberglauben fröhnt. Leute von gutem Ton sind enger als je mit der Realität ver- mählt. Es ist ein Gegenstand der Bildung und ein Wahrzeichen ihrer Begründnng ge- worden, daß man dem Fabulosem, wie dem Reiche der Ahndungen nicht länger anhange und alles, bis auf das Labyrinth der eignen Brust real beziehen lerne.
Weder Romane, noch romantische Träume werden dem zufolge das jugendliche Gehirn entzünden. Auch glaube ich hätte man un- recht gegen die hohen Jdeale zu Felde zu ziehen, die sonst klugen Müttern so furchtbar waren. Jch wüßte gar nicht, wie diese aus- sehen, von welcher Farbe und Gattung sie sein müßten, um irgend wo Eingang zu fin- den! Ein großes, weites, kühnes Heldenge- müth ist ein verbrauchter Charakter, der sich auf der Bühne, wie in den Meßkatalogen um ein Geringes finden läßt. Auf der an- dern Seite gehören jene überaus zart ge-
letztem Reſt von Courtoiſie fuͤr das Phan- taſtiſch-Poẽtiſche. Allein das iſt denn doch nur die ganz gruͤne Unerfahrenheit, die dem Aberglauben froͤhnt. Leute von gutem Ton ſind enger als je mit der Realitaͤt ver- maͤhlt. Es iſt ein Gegenſtand der Bildung und ein Wahrzeichen ihrer Begruͤndnng ge- worden, daß man dem Fabuloſem, wie dem Reiche der Ahndungen nicht laͤnger anhange und alles, bis auf das Labyrinth der eignen Bruſt real beziehen lerne.
Weder Romane, noch romantiſche Traͤume werden dem zufolge das jugendliche Gehirn entzuͤnden. Auch glaube ich haͤtte man un- recht gegen die hohen Jdeale zu Felde zu ziehen, die ſonſt klugen Muͤttern ſo furchtbar waren. Jch wuͤßte gar nicht, wie dieſe aus- ſehen, von welcher Farbe und Gattung ſie ſein muͤßten, um irgend wo Eingang zu fin- den! Ein großes, weites, kuͤhnes Heldenge- muͤth iſt ein verbrauchter Charakter, der ſich auf der Buͤhne, wie in den Meßkatalogen um ein Geringes finden laͤßt. Auf der an- dern Seite gehoͤren jene uͤberaus zart ge-
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letztem Reſt von Courtoiſie fuͤr das Phan-
taſtiſch-Poẽtiſche. Allein das iſt denn doch
nur die ganz gruͤne Unerfahrenheit, die dem
Aberglauben froͤhnt. Leute von gutem Ton
ſind enger als je mit der Realitaͤt ver-
maͤhlt. Es iſt ein Gegenſtand der Bildung
und ein Wahrzeichen ihrer Begruͤndnng ge-
worden, daß man dem Fabuloſem, wie dem
Reiche der Ahndungen nicht laͤnger anhange
und alles, bis auf das Labyrinth der eignen
Bruſt real beziehen lerne.
Weder Romane, noch romantiſche Traͤume
werden dem zufolge das jugendliche Gehirn
entzuͤnden. Auch glaube ich haͤtte man un-
recht gegen die hohen Jdeale zu Felde zu
ziehen, die ſonſt klugen Muͤttern ſo furchtbar
waren. Jch wuͤßte gar nicht, wie dieſe aus-
ſehen, von welcher Farbe und Gattung ſie
ſein muͤßten, um irgend wo Eingang zu fin-
den! Ein großes, weites, kuͤhnes Heldenge-
muͤth iſt ein verbrauchter Charakter, der ſich
auf der Buͤhne, wie in den Meßkatalogen
um ein Geringes finden laͤßt. Auf der an-
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/155>, abgerufen am 18.12.2024.
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