Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

zwischen den gleichgearteten Wesen geschlun-
gen hat, so, daß sich diese gegenseitig suchen
und vereinigen. Wenn es hinreicht, daß der
Jnstinct allein schon das Bedürfniß der Ge-
meinschaft erweckt, und Thiere in einer Art
geselligem Verbande leben, so hat der Mensch
noch eine ganz andere Aufforderung sich mit-
zutheilen und zu ergänzen. Der Geist, in
allen seinen unzähligen Strahlenbrechungen
verlangt nach dem lebendigen Wiederscheine
seines innern Lichtes. Das Herz empfindet
sich selbst nicht, ohne die Tausende von Ab-
schattungen mannigfach-bezogener Gefühle;
die Seele bedarf einer Welt, um sich groß-
artig auseinander zu thun, sich zu erheben,
und zu umfassen, was sie allein erfüllen
kann. Daher tadle man den Trieb, welcher
uns von uns selbst zu entfernen scheint, nicht
voreilig. Man ist erst etwas unter Vielen.

Hiernach würde die höhere Bestimmung
des Menschen, die Gesellschaft an sich, noth-
wendig machen, und sie selbst nichts anders
sein, als Sphäre geistiger Thätigkeit. Je
größer nun der Umfang, je freier, feiner,

zwiſchen den gleichgearteten Weſen geſchlun-
gen hat, ſo, daß ſich dieſe gegenſeitig ſuchen
und vereinigen. Wenn es hinreicht, daß der
Jnſtinct allein ſchon das Beduͤrfniß der Ge-
meinſchaft erweckt, und Thiere in einer Art
geſelligem Verbande leben, ſo hat der Menſch
noch eine ganz andere Aufforderung ſich mit-
zutheilen und zu ergaͤnzen. Der Geiſt, in
allen ſeinen unzaͤhligen Strahlenbrechungen
verlangt nach dem lebendigen Wiederſcheine
ſeines innern Lichtes. Das Herz empfindet
ſich ſelbſt nicht, ohne die Tauſende von Ab-
ſchattungen mannigfach-bezogener Gefuͤhle;
die Seele bedarf einer Welt, um ſich groß-
artig auseinander zu thun, ſich zu erheben,
und zu umfaſſen, was ſie allein erfuͤllen
kann. Daher tadle man den Trieb, welcher
uns von uns ſelbſt zu entfernen ſcheint, nicht
voreilig. Man iſt erſt etwas unter Vielen.

Hiernach wuͤrde die hoͤhere Beſtimmung
des Menſchen, die Geſellſchaft an ſich, noth-
wendig machen, und ſie ſelbſt nichts anders
ſein, als Sphaͤre geiſtiger Thaͤtigkeit. Je
groͤßer nun der Umfang, je freier, feiner,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0013" n="9"/>
zwi&#x017F;chen den gleichgearteten We&#x017F;en ge&#x017F;chlun-<lb/>
gen hat, &#x017F;o, daß &#x017F;ich die&#x017F;e gegen&#x017F;eitig &#x017F;uchen<lb/>
und vereinigen. Wenn es hinreicht, daß der<lb/>
Jn&#x017F;tinct allein &#x017F;chon das Bedu&#x0364;rfniß der Ge-<lb/>
mein&#x017F;chaft erweckt, und Thiere in einer Art<lb/>
ge&#x017F;elligem Verbande leben, &#x017F;o hat der Men&#x017F;ch<lb/>
noch eine ganz andere Aufforderung &#x017F;ich mit-<lb/>
zutheilen und zu erga&#x0364;nzen. Der Gei&#x017F;t, in<lb/>
allen &#x017F;einen unza&#x0364;hligen Strahlenbrechungen<lb/>
verlangt nach dem lebendigen Wieder&#x017F;cheine<lb/>
&#x017F;eines innern Lichtes. Das Herz empfindet<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht, ohne die Tau&#x017F;ende von Ab-<lb/>
&#x017F;chattungen mannigfach-bezogener Gefu&#x0364;hle;<lb/>
die Seele bedarf einer Welt, um &#x017F;ich groß-<lb/>
artig auseinander zu thun, &#x017F;ich zu erheben,<lb/>
und zu umfa&#x017F;&#x017F;en, was &#x017F;ie allein erfu&#x0364;llen<lb/>
kann. Daher tadle man den Trieb, welcher<lb/>
uns von uns &#x017F;elb&#x017F;t zu entfernen &#x017F;cheint, nicht<lb/>
voreilig. Man <hi rendition="#g">i&#x017F;t</hi> er&#x017F;t <hi rendition="#g">etwas</hi> unter Vielen.</p><lb/>
          <p>Hiernach wu&#x0364;rde die ho&#x0364;here Be&#x017F;timmung<lb/>
des Men&#x017F;chen, die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft an &#x017F;ich, noth-<lb/>
wendig machen, und &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t nichts anders<lb/>
&#x017F;ein, als Spha&#x0364;re gei&#x017F;tiger Tha&#x0364;tigkeit. Je<lb/>
gro&#x0364;ßer nun der Umfang, je freier, feiner,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0013] zwiſchen den gleichgearteten Weſen geſchlun- gen hat, ſo, daß ſich dieſe gegenſeitig ſuchen und vereinigen. Wenn es hinreicht, daß der Jnſtinct allein ſchon das Beduͤrfniß der Ge- meinſchaft erweckt, und Thiere in einer Art geſelligem Verbande leben, ſo hat der Menſch noch eine ganz andere Aufforderung ſich mit- zutheilen und zu ergaͤnzen. Der Geiſt, in allen ſeinen unzaͤhligen Strahlenbrechungen verlangt nach dem lebendigen Wiederſcheine ſeines innern Lichtes. Das Herz empfindet ſich ſelbſt nicht, ohne die Tauſende von Ab- ſchattungen mannigfach-bezogener Gefuͤhle; die Seele bedarf einer Welt, um ſich groß- artig auseinander zu thun, ſich zu erheben, und zu umfaſſen, was ſie allein erfuͤllen kann. Daher tadle man den Trieb, welcher uns von uns ſelbſt zu entfernen ſcheint, nicht voreilig. Man iſt erſt etwas unter Vielen. Hiernach wuͤrde die hoͤhere Beſtimmung des Menſchen, die Geſellſchaft an ſich, noth- wendig machen, und ſie ſelbſt nichts anders ſein, als Sphaͤre geiſtiger Thaͤtigkeit. Je groͤßer nun der Umfang, je freier, feiner,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/13
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/13>, abgerufen am 27.11.2024.