mit Ehrfurcht erkennt und begrüßt. Dies Spiegelbild drückt sich mit jedem Tage der Phantasie tiefer ein. Es wird stehend; und wenn aller Nimbus umher schwindet, so hält die eigne Anschauung das einmal Gewonnene fest. Der frohe Traum ist eine verknöcherte Ueberzeugung geworden, zu der keine Erkenntniß dringt. Der Widerspruch zwischen dem, was auf solche Weise mit oft, bejammernswerther Unbefangenheit vor- ausgesetzt wird, und dem, was die Wirk- lichkeit in allen Beziehungen bestreitet, ruft vollends Carikaturen an das Licht, von de- nen uns nur das Theater der großen Welt einen vollständigen Begriff giebt. Alle die kleinen Minen und Bewegungen, der Ton und die entscheidende Art und Weise über- hinfahrender Sicherheit, das siegreiche Lächeln, der kecke Gang, die trockene Einsilbigkeit Solcher die aus Gunst und Herablassung reden, alle die unzähligen Minauderien ge- feierter Modeschönheiten werden allmählig zu widerwärtigen Grimassen, die dem Al- ter seine Würde und namentlich der Matrone,
mit Ehrfurcht erkennt und begruͤßt. Dies Spiegelbild druͤckt ſich mit jedem Tage der Phantaſie tiefer ein. Es wird ſtehend; und wenn aller Nimbus umher ſchwindet, ſo haͤlt die eigne Anſchauung das einmal Gewonnene feſt. Der frohe Traum iſt eine verknoͤcherte Ueberzeugung geworden, zu der keine Erkenntniß dringt. Der Widerſpruch zwiſchen dem, was auf ſolche Weiſe mit oft, bejammernswerther Unbefangenheit vor- ausgeſetzt wird, und dem, was die Wirk- lichkeit in allen Beziehungen beſtreitet, ruft vollends Carikaturen an das Licht, von de- nen uns nur das Theater der großen Welt einen vollſtaͤndigen Begriff giebt. Alle die kleinen Minen und Bewegungen, der Ton und die entſcheidende Art und Weiſe uͤber- hinfahrender Sicherheit, das ſiegreiche Laͤcheln, der kecke Gang, die trockene Einſilbigkeit Solcher die aus Gunſt und Herablaſſung reden, alle die unzaͤhligen Minauderien ge- feierter Modeſchoͤnheiten werden allmaͤhlig zu widerwaͤrtigen Grimaſſen, die dem Al- ter ſeine Wuͤrde und namentlich der Matrone,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0116"n="112"/>
mit Ehrfurcht erkennt und begruͤßt. Dies<lb/>
Spiegelbild druͤckt ſich mit jedem Tage der<lb/>
Phantaſie tiefer ein. Es wird ſtehend;<lb/>
und wenn aller Nimbus umher ſchwindet,<lb/>ſo haͤlt die eigne Anſchauung das einmal<lb/>
Gewonnene feſt. Der frohe Traum iſt eine<lb/>
verknoͤcherte Ueberzeugung geworden, zu der<lb/>
keine Erkenntniß dringt. Der Widerſpruch<lb/>
zwiſchen dem, was auf ſolche Weiſe mit<lb/>
oft, bejammernswerther Unbefangenheit vor-<lb/>
ausgeſetzt wird, und dem, was die Wirk-<lb/>
lichkeit in allen Beziehungen beſtreitet, ruft<lb/>
vollends Carikaturen an das Licht, von de-<lb/>
nen uns nur das Theater der großen Welt<lb/>
einen vollſtaͤndigen Begriff giebt. Alle die<lb/>
kleinen Minen und Bewegungen, der Ton<lb/>
und die entſcheidende Art und Weiſe uͤber-<lb/>
hinfahrender Sicherheit, das ſiegreiche Laͤcheln,<lb/>
der kecke Gang, die trockene Einſilbigkeit<lb/>
Solcher die aus Gunſt und Herablaſſung<lb/>
reden, alle die unzaͤhligen Minauderien ge-<lb/>
feierter Modeſchoͤnheiten werden allmaͤhlig<lb/>
zu widerwaͤrtigen Grimaſſen, die dem Al-<lb/>
ter ſeine Wuͤrde und namentlich der Matrone,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[112/0116]
mit Ehrfurcht erkennt und begruͤßt. Dies
Spiegelbild druͤckt ſich mit jedem Tage der
Phantaſie tiefer ein. Es wird ſtehend;
und wenn aller Nimbus umher ſchwindet,
ſo haͤlt die eigne Anſchauung das einmal
Gewonnene feſt. Der frohe Traum iſt eine
verknoͤcherte Ueberzeugung geworden, zu der
keine Erkenntniß dringt. Der Widerſpruch
zwiſchen dem, was auf ſolche Weiſe mit
oft, bejammernswerther Unbefangenheit vor-
ausgeſetzt wird, und dem, was die Wirk-
lichkeit in allen Beziehungen beſtreitet, ruft
vollends Carikaturen an das Licht, von de-
nen uns nur das Theater der großen Welt
einen vollſtaͤndigen Begriff giebt. Alle die
kleinen Minen und Bewegungen, der Ton
und die entſcheidende Art und Weiſe uͤber-
hinfahrender Sicherheit, das ſiegreiche Laͤcheln,
der kecke Gang, die trockene Einſilbigkeit
Solcher die aus Gunſt und Herablaſſung
reden, alle die unzaͤhligen Minauderien ge-
feierter Modeſchoͤnheiten werden allmaͤhlig
zu widerwaͤrtigen Grimaſſen, die dem Al-
ter ſeine Wuͤrde und namentlich der Matrone,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/116>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.