Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

abirrenden Bildern zu füllen. Gedanken und
Gefühle können davon abhängig, der Geist
dadurch zersplittert, das Gemüth erkältet
werden, doch schwerlich anders, als wenn
das Geringfügige von Anfang herein hoch,
und das Hohe geringfügig genommen
wird.

Laßt den Glanz der Freude die Ober-
fläche erhellen. Ergözt Euch an den unzäh-
ligen Negenbogenlichtern! -- Wißt Jhr es
doch, heute oder morgen fallen graue Wol-
kendecken nieder und verwischen das luftige
Allerlei. Die Farben zerrinnen; aber der
Strahl glüth fort. Und was er bedeute?
und wohin er ziehe? Jhr habt es weit
früher erfahren. Deshalb blieb Eure Seele
auch weit und groß, und fähig, das Gött-
liche darin aufzunehmen, wenn es sich Euch
geben will. Jhr denkt nicht, ein überfülltes,
verworrenes Jnnere sei würdig, die Stätte
des Ewigen zu heißen und wie Jhr dem
schlechtesten Gast nicht zumuthet, in ein un-
ordentlich zerstörtes Gemach zu treten, so
haltet Jhr die gaukelnde Thorheit fern von

abirrenden Bildern zu fuͤllen. Gedanken und
Gefuͤhle koͤnnen davon abhaͤngig, der Geiſt
dadurch zerſplittert, das Gemuͤth erkaͤltet
werden, doch ſchwerlich anders, als wenn
das Geringfuͤgige von Anfang herein hoch,
und das Hohe geringfuͤgig genommen
wird.

Laßt den Glanz der Freude die Ober-
flaͤche erhellen. Ergoͤzt Euch an den unzaͤh-
ligen Negenbogenlichtern! — Wißt Jhr es
doch, heute oder morgen fallen graue Wol-
kendecken nieder und verwiſchen das luftige
Allerlei. Die Farben zerrinnen; aber der
Strahl gluͤth fort. Und was er bedeute?
und wohin er ziehe? Jhr habt es weit
fruͤher erfahren. Deshalb blieb Eure Seele
auch weit und groß, und faͤhig, das Goͤtt-
liche darin aufzunehmen, wenn es ſich Euch
geben will. Jhr denkt nicht, ein uͤberfuͤlltes,
verworrenes Jnnere ſei wuͤrdig, die Staͤtte
des Ewigen zu heißen und wie Jhr dem
ſchlechteſten Gaſt nicht zumuthet, in ein un-
ordentlich zerſtoͤrtes Gemach zu treten, ſo
haltet Jhr die gaukelnde Thorheit fern von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0107" n="103"/>
abirrenden Bildern zu fu&#x0364;llen. Gedanken und<lb/>
Gefu&#x0364;hle ko&#x0364;nnen davon abha&#x0364;ngig, der Gei&#x017F;t<lb/>
dadurch zer&#x017F;plittert, das Gemu&#x0364;th erka&#x0364;ltet<lb/>
werden, doch &#x017F;chwerlich anders, als wenn<lb/>
das Geringfu&#x0364;gige von Anfang herein <hi rendition="#g">hoch,</hi><lb/>
und das <hi rendition="#g">Hohe geringfu&#x0364;gig</hi> genommen<lb/>
wird.</p><lb/>
          <p>Laßt den Glanz der Freude die Ober-<lb/>
fla&#x0364;che erhellen. Ergo&#x0364;zt Euch an den unza&#x0364;h-<lb/>
ligen Negenbogenlichtern! &#x2014; Wißt Jhr es<lb/>
doch, heute oder morgen fallen graue Wol-<lb/>
kendecken nieder und verwi&#x017F;chen das luftige<lb/>
Allerlei. Die <hi rendition="#g">Farben</hi> zerrinnen; aber der<lb/><hi rendition="#g">Strahl</hi> glu&#x0364;th fort. Und was er bedeute?<lb/>
und wohin er ziehe? Jhr habt es weit<lb/>
fru&#x0364;her erfahren. Deshalb blieb Eure Seele<lb/>
auch weit und groß, und fa&#x0364;hig, das Go&#x0364;tt-<lb/>
liche darin aufzunehmen, wenn es &#x017F;ich Euch<lb/>
geben will. Jhr denkt nicht, ein u&#x0364;berfu&#x0364;lltes,<lb/>
verworrenes Jnnere &#x017F;ei wu&#x0364;rdig, die Sta&#x0364;tte<lb/>
des Ewigen zu heißen und wie Jhr dem<lb/>
&#x017F;chlechte&#x017F;ten Ga&#x017F;t nicht zumuthet, in ein un-<lb/>
ordentlich zer&#x017F;to&#x0364;rtes Gemach zu treten, &#x017F;o<lb/>
haltet Jhr die gaukelnde Thorheit fern von<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0107] abirrenden Bildern zu fuͤllen. Gedanken und Gefuͤhle koͤnnen davon abhaͤngig, der Geiſt dadurch zerſplittert, das Gemuͤth erkaͤltet werden, doch ſchwerlich anders, als wenn das Geringfuͤgige von Anfang herein hoch, und das Hohe geringfuͤgig genommen wird. Laßt den Glanz der Freude die Ober- flaͤche erhellen. Ergoͤzt Euch an den unzaͤh- ligen Negenbogenlichtern! — Wißt Jhr es doch, heute oder morgen fallen graue Wol- kendecken nieder und verwiſchen das luftige Allerlei. Die Farben zerrinnen; aber der Strahl gluͤth fort. Und was er bedeute? und wohin er ziehe? Jhr habt es weit fruͤher erfahren. Deshalb blieb Eure Seele auch weit und groß, und faͤhig, das Goͤtt- liche darin aufzunehmen, wenn es ſich Euch geben will. Jhr denkt nicht, ein uͤberfuͤlltes, verworrenes Jnnere ſei wuͤrdig, die Staͤtte des Ewigen zu heißen und wie Jhr dem ſchlechteſten Gaſt nicht zumuthet, in ein un- ordentlich zerſtoͤrtes Gemach zu treten, ſo haltet Jhr die gaukelnde Thorheit fern von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/107
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/107>, abgerufen am 24.11.2024.