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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

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richtiger Unterscheiduug geschärft. -- Man
spürt der Eitelkeit, als einer verjährten, al-
ten Bekannten, in die Schlupfwinkel der
Herzen und Häuser nach, entlarvt sie, wie
und wo es sich irgend thun läßt, tadelt und
bessert, und zeigt, daß just niemand aus
Unwissenheit
fehle. Deshalb ist auch die
Außenseite solider Bildung, als uner-
laßliche Form des guten Tones, anpaßlich
für jedermann, wie eine Art Gesellschafts-
kleid, angefertigt worden. Nirgend hört
man mit so kalter Abfertigung von der Mi-
sere der Toilette reden, als in der großen
Welt; von niemandem wird ein Fest so sehr
als Last und störender Eingriff in die ge-
wohnte höhere Thätigkeit besprochen, als von
denen, deren Leben keinen andern Zweck hat,
als verlebt zu werden. Verschrieener wird
die Liebe zur Geselligkeit nirgend als von
der Gefellschaft, und sicher wird die Tonan-
geberin der Mode, mit vornehmer Ruhe,
eine unbefangene Erkundigung nach diesem
oder jenem Gegenstande des neuesten Ge-
schmackes abweisen, wenn sie gleich noch vor

richtiger Unterſcheiduug geſchaͤrft. — Man
ſpuͤrt der Eitelkeit, als einer verjaͤhrten, al-
ten Bekannten, in die Schlupfwinkel der
Herzen und Haͤuſer nach, entlarvt ſie, wie
und wo es ſich irgend thun laͤßt, tadelt und
beſſert, und zeigt, daß juſt niemand aus
Unwiſſenheit
fehle. Deshalb iſt auch die
Außenſeite ſolider Bildung, als uner-
laßliche Form des guten Tones, anpaßlich
fuͤr jedermann, wie eine Art Geſellſchafts-
kleid, angefertigt worden. Nirgend hoͤrt
man mit ſo kalter Abfertigung von der Mi-
ſere der Toilette reden, als in der großen
Welt; von niemandem wird ein Feſt ſo ſehr
als Laſt und ſtoͤrender Eingriff in die ge-
wohnte hoͤhere Thaͤtigkeit beſprochen, als von
denen, deren Leben keinen andern Zweck hat,
als verlebt zu werden. Verſchrieener wird
die Liebe zur Geſelligkeit nirgend als von
der Gefellſchaft, und ſicher wird die Tonan-
geberin der Mode, mit vornehmer Ruhe,
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[100/0104] richtiger Unterſcheiduug geſchaͤrft. — Man ſpuͤrt der Eitelkeit, als einer verjaͤhrten, al- ten Bekannten, in die Schlupfwinkel der Herzen und Haͤuſer nach, entlarvt ſie, wie und wo es ſich irgend thun laͤßt, tadelt und beſſert, und zeigt, daß juſt niemand aus Unwiſſenheit fehle. Deshalb iſt auch die Außenſeite ſolider Bildung, als uner- laßliche Form des guten Tones, anpaßlich fuͤr jedermann, wie eine Art Geſellſchafts- kleid, angefertigt worden. Nirgend hoͤrt man mit ſo kalter Abfertigung von der Mi- ſere der Toilette reden, als in der großen Welt; von niemandem wird ein Feſt ſo ſehr als Laſt und ſtoͤrender Eingriff in die ge- wohnte hoͤhere Thaͤtigkeit beſprochen, als von denen, deren Leben keinen andern Zweck hat, als verlebt zu werden. Verſchrieener wird die Liebe zur Geſelligkeit nirgend als von der Gefellſchaft, und ſicher wird die Tonan- geberin der Mode, mit vornehmer Ruhe, eine unbefangene Erkundigung nach dieſem oder jenem Gegenſtande des neueſten Ge- ſchmackes abweiſen, wenn ſie gleich noch vor

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/104>, abgerufen am 22.11.2024.