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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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öffnete Minchen schnell die Vorhänge und winkte Luisen noch ein herzliches Lebewohl zu. Diese ward innig dadurch gerührt. Der zitternde Tagesschein, der die Gegenstände mehr in einander schmolz, als bezeichnete, gab der Gestalt etwas schattenartiges, das Luisen unwillkührlich ergriff. Nur den tiefen Schmerz, den sie Minchen kannte, glaubte sie in ihren bleichen Zügen gesehen zu haben. Ihr war, als haben die weißen Arme, die sie grüßend bald hob und neigte, gestrebt, sie zurückzuhalten. Ihre Bewegung entging ihren Begleiterinnen nicht. Sie drangen in sie, und Luise sprach mit Wärme von Minchens Leiden und der stillen Ergebung, mit der sie sie trage, was Emilien häufige Thränen entlockte, Augusten aber in ein augenblickliches Nachdenken versenkte, aus welchem sehr bald folgende Worte hervorgingen. Mich dünkt doch, hub sie an, es sei keine rechte Einheit in diesem Gemüth! Entweder sie erwartet noch etwas vom Leben, oder sie begiebt sich aller Ansprüche daran. Ist das Erstere der Fall, warum dehnt sie die fruchtlose Trauer über das Grab des Geliebten hinaus? Warum? fragte Luise; lieber Himmel, kann sie denn anders? Darüber kann sie freilich nur selbst entscheiden, entgegnete Auguste, aber dann sollte sie auch nur konsequent sein, und sich gleich mit in das kühle Grab legen, das nun einmal das Ziel

öffnete Minchen schnell die Vorhänge und winkte Luisen noch ein herzliches Lebewohl zu. Diese ward innig dadurch gerührt. Der zitternde Tagesschein, der die Gegenstände mehr in einander schmolz, als bezeichnete, gab der Gestalt etwas schattenartiges, das Luisen unwillkührlich ergriff. Nur den tiefen Schmerz, den sie Minchen kannte, glaubte sie in ihren bleichen Zügen gesehen zu haben. Ihr war, als haben die weißen Arme, die sie grüßend bald hob und neigte, gestrebt, sie zurückzuhalten. Ihre Bewegung entging ihren Begleiterinnen nicht. Sie drangen in sie, und Luise sprach mit Wärme von Minchens Leiden und der stillen Ergebung, mit der sie sie trage, was Emilien häufige Thränen entlockte, Augusten aber in ein augenblickliches Nachdenken versenkte, aus welchem sehr bald folgende Worte hervorgingen. Mich dünkt doch, hub sie an, es sei keine rechte Einheit in diesem Gemüth! Entweder sie erwartet noch etwas vom Leben, oder sie begiebt sich aller Ansprüche daran. Ist das Erstere der Fall, warum dehnt sie die fruchtlose Trauer über das Grab des Geliebten hinaus? Warum? fragte Luise; lieber Himmel, kann sie denn anders? Darüber kann sie freilich nur selbst entscheiden, entgegnete Auguste, aber dann sollte sie auch nur konsequent sein, und sich gleich mit in das kühle Grab legen, das nun einmal das Ziel

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[81/0083] öffnete Minchen schnell die Vorhänge und winkte Luisen noch ein herzliches Lebewohl zu. Diese ward innig dadurch gerührt. Der zitternde Tagesschein, der die Gegenstände mehr in einander schmolz, als bezeichnete, gab der Gestalt etwas schattenartiges, das Luisen unwillkührlich ergriff. Nur den tiefen Schmerz, den sie Minchen kannte, glaubte sie in ihren bleichen Zügen gesehen zu haben. Ihr war, als haben die weißen Arme, die sie grüßend bald hob und neigte, gestrebt, sie zurückzuhalten. Ihre Bewegung entging ihren Begleiterinnen nicht. Sie drangen in sie, und Luise sprach mit Wärme von Minchens Leiden und der stillen Ergebung, mit der sie sie trage, was Emilien häufige Thränen entlockte, Augusten aber in ein augenblickliches Nachdenken versenkte, aus welchem sehr bald folgende Worte hervorgingen. Mich dünkt doch, hub sie an, es sei keine rechte Einheit in diesem Gemüth! Entweder sie erwartet noch etwas vom Leben, oder sie begiebt sich aller Ansprüche daran. Ist das Erstere der Fall, warum dehnt sie die fruchtlose Trauer über das Grab des Geliebten hinaus? Warum? fragte Luise; lieber Himmel, kann sie denn anders? Darüber kann sie freilich nur selbst entscheiden, entgegnete Auguste, aber dann sollte sie auch nur konsequent sein, und sich gleich mit in das kühle Grab legen, das nun einmal das Ziel

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/83>, abgerufen am 05.12.2024.