Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.über vieles zu reden, was dieser lieb war, und als Anton späterhin hinzukam, hörte sie theilnehmend ihren aufblühenden Wohlstand rühmen, dessen Schöpferin sie war. So von sich selbst abgezogen, auf die stille Wirksamkeit einer glücklichen Familie gelenkt, stellte sich das innre Gleichgewicht ihrer erschütterten Sinne wieder her. Sie schlief die Nacht über, wie jemand, der einer großen Gefahr entronnen ist, und sich nun der Ruhe hingeben darf. In diesem Gefühl trat sie auch am folgenden Morgen die Rückreise an, von tausend Segenswünschen ihrer freundlichen Wirthe begleitet. Als sie indeß Abends spät so allein und verlassen die verödete Wohnung wieder betrat, und nun in dem engen Bezirk das Ziel wie den Ausgangspunkt ihrer früh beschloßnen Laufbahn umfaßte, da fiel ihr trübes Loos centnerschwer auf die zagende Seele. Alle freudige Gestaltungen ihres Lebens, die frühen Verheißungen von Liebe und Glück, alles, alles wich vor dem trüben Einerlei zurück, was ihr aus den menschenleeren, unbewohnten Zimmern entge entrat, die man sorglich bis zu ihrer Rückkehr verschlossen hatte. Ihr war, als öffne sich ein Gefängniß, wie sich der Schlüssel drehte und die verhaltne Luft aus der geöffneten Thür drang. So jung und so früh beendet, dachte sie, und sah betrübt im nahen Spiegel die blühende Gestalt, die in aller Frische über vieles zu reden, was dieser lieb war, und als Anton späterhin hinzukam, hörte sie theilnehmend ihren aufblühenden Wohlstand rühmen, dessen Schöpferin sie war. So von sich selbst abgezogen, auf die stille Wirksamkeit einer glücklichen Familie gelenkt, stellte sich das innre Gleichgewicht ihrer erschütterten Sinne wieder her. Sie schlief die Nacht über, wie jemand, der einer großen Gefahr entronnen ist, und sich nun der Ruhe hingeben darf. In diesem Gefühl trat sie auch am folgenden Morgen die Rückreise an, von tausend Segenswünschen ihrer freundlichen Wirthe begleitet. Als sie indeß Abends spät so allein und verlassen die verödete Wohnung wieder betrat, und nun in dem engen Bezirk das Ziel wie den Ausgangspunkt ihrer früh beschloßnen Laufbahn umfaßte, da fiel ihr trübes Loos centnerschwer auf die zagende Seele. Alle freudige Gestaltungen ihres Lebens, die frühen Verheißungen von Liebe und Glück, alles, alles wich vor dem trüben Einerlei zurück, was ihr aus den menschenleeren, unbewohnten Zimmern entge entrat, die man sorglich bis zu ihrer Rückkehr verschlossen hatte. Ihr war, als öffne sich ein Gefängniß, wie sich der Schlüssel drehte und die verhaltne Luft aus der geöffneten Thür drang. So jung und so früh beendet, dachte sie, und sah betrübt im nahen Spiegel die blühende Gestalt, die in aller Frische <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0055" n="53"/> über vieles zu reden, was dieser lieb war, und als Anton späterhin hinzukam, hörte sie theilnehmend ihren aufblühenden Wohlstand rühmen, dessen Schöpferin sie war. So von sich selbst abgezogen, auf die stille Wirksamkeit einer glücklichen Familie gelenkt, stellte sich das innre Gleichgewicht ihrer erschütterten Sinne wieder her. Sie schlief die Nacht über, wie jemand, der einer großen Gefahr entronnen ist, und sich nun der Ruhe hingeben darf. In diesem Gefühl trat sie auch am folgenden Morgen die Rückreise an, von tausend Segenswünschen ihrer freundlichen Wirthe begleitet. Als sie indeß Abends spät so allein und verlassen die verödete Wohnung wieder betrat, und nun in dem engen Bezirk das Ziel wie den Ausgangspunkt ihrer früh beschloßnen Laufbahn umfaßte, da fiel ihr trübes Loos centnerschwer auf die zagende Seele. Alle freudige Gestaltungen ihres Lebens, die frühen Verheißungen von Liebe und Glück, alles, alles wich vor dem trüben Einerlei zurück, was ihr aus den menschenleeren, unbewohnten Zimmern entge entrat, die man sorglich bis zu ihrer Rückkehr verschlossen hatte. Ihr war, als öffne sich ein Gefängniß, wie sich der Schlüssel drehte und die verhaltne Luft aus der geöffneten Thür drang. So jung und so früh beendet, dachte sie, und sah betrübt im nahen Spiegel die blühende Gestalt, die in aller Frische </p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0055]
über vieles zu reden, was dieser lieb war, und als Anton späterhin hinzukam, hörte sie theilnehmend ihren aufblühenden Wohlstand rühmen, dessen Schöpferin sie war. So von sich selbst abgezogen, auf die stille Wirksamkeit einer glücklichen Familie gelenkt, stellte sich das innre Gleichgewicht ihrer erschütterten Sinne wieder her. Sie schlief die Nacht über, wie jemand, der einer großen Gefahr entronnen ist, und sich nun der Ruhe hingeben darf. In diesem Gefühl trat sie auch am folgenden Morgen die Rückreise an, von tausend Segenswünschen ihrer freundlichen Wirthe begleitet. Als sie indeß Abends spät so allein und verlassen die verödete Wohnung wieder betrat, und nun in dem engen Bezirk das Ziel wie den Ausgangspunkt ihrer früh beschloßnen Laufbahn umfaßte, da fiel ihr trübes Loos centnerschwer auf die zagende Seele. Alle freudige Gestaltungen ihres Lebens, die frühen Verheißungen von Liebe und Glück, alles, alles wich vor dem trüben Einerlei zurück, was ihr aus den menschenleeren, unbewohnten Zimmern entge entrat, die man sorglich bis zu ihrer Rückkehr verschlossen hatte. Ihr war, als öffne sich ein Gefängniß, wie sich der Schlüssel drehte und die verhaltne Luft aus der geöffneten Thür drang. So jung und so früh beendet, dachte sie, und sah betrübt im nahen Spiegel die blühende Gestalt, die in aller Frische
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/55>, abgerufen am 16.07.2024. |