Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.lagen gespannt auf den ihren. Sie zitterte heftig, und hatte kaum noch Kraft, sich aufrecht zu erhalten. Eine rasche Bewegung, als wolle er sie umfangen, schreckte sie auf. Um Gottes Willen! rief sie, lassen Sie mich! Sie haben es gelobt, Sie müssen, ja Sie müssen mich verlassen. In ihrem scheuen Blick, in dem Entsetzen, das über das bleiche Gesicht hinfuhr, lag etwas Gebietendes. Fernando gedachte unwillkührlich jener Nacht im Walde. Nun denn, alter Camerad! rief er, den Bergmann aus dem Schlaf rüttelnd, so komm, geleite mich durch den Wald. Du kennst ja Wege und Stege. Laß die dumpfe Cither vor uns her klingen. Der wahnsinnige Greis taumelte vom Schemel, und Fernando unter den Arm fassend, schwankten Beide hinaus. Luise barg den Kopf an Marianens Brust, um die vorüberklingenden Töne der Cither nicht zu hören, die noch lange vernehmlich durch den Wald hinzogen. Wie sie fernab rauschten und endlich verstummten, ward es auch stiller in ihr; der innre Sturm sänftigte sich. Sie holte aus tiefer Brust Athem und blickte seit lange zum erstenmal ruhig gen Himmel. Die Wirthin trat bald darauf mit dem Abendessen herein, fast ärgerlich, daß sie der vornehme Gast so schnell verlassen habe. Luise gewann nach und nach Fassung genug, mit der gesprächigen Frau lagen gespannt auf den ihren. Sie zitterte heftig, und hatte kaum noch Kraft, sich aufrecht zu erhalten. Eine rasche Bewegung, als wolle er sie umfangen, schreckte sie auf. Um Gottes Willen! rief sie, lassen Sie mich! Sie haben es gelobt, Sie müssen, ja Sie müssen mich verlassen. In ihrem scheuen Blick, in dem Entsetzen, das über das bleiche Gesicht hinfuhr, lag etwas Gebietendes. Fernando gedachte unwillkührlich jener Nacht im Walde. Nun denn, alter Camerad! rief er, den Bergmann aus dem Schlaf rüttelnd, so komm, geleite mich durch den Wald. Du kennst ja Wege und Stege. Laß die dumpfe Cither vor uns her klingen. Der wahnsinnige Greis taumelte vom Schemel, und Fernando unter den Arm fassend, schwankten Beide hinaus. Luise barg den Kopf an Marianens Brust, um die vorüberklingenden Töne der Cither nicht zu hören, die noch lange vernehmlich durch den Wald hinzogen. Wie sie fernab rauschten und endlich verstummten, ward es auch stiller in ihr; der innre Sturm sänftigte sich. Sie holte aus tiefer Brust Athem und blickte seit lange zum erstenmal ruhig gen Himmel. Die Wirthin trat bald darauf mit dem Abendessen herein, fast ärgerlich, daß sie der vornehme Gast so schnell verlassen habe. Luise gewann nach und nach Fassung genug, mit der gesprächigen Frau <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0054" n="52"/> lagen gespannt auf den ihren. Sie zitterte heftig, und hatte kaum noch Kraft, sich aufrecht zu erhalten. Eine rasche Bewegung, als wolle er sie umfangen, schreckte sie auf. Um Gottes Willen! rief sie, lassen Sie mich! Sie haben es gelobt, Sie müssen, ja Sie müssen mich verlassen. In ihrem scheuen Blick, in dem Entsetzen, das über das bleiche Gesicht hinfuhr, lag etwas Gebietendes. Fernando gedachte unwillkührlich jener Nacht im Walde. Nun denn, alter Camerad! rief er, den Bergmann aus dem Schlaf rüttelnd, so komm, geleite mich durch den Wald. Du kennst ja Wege und Stege. Laß die dumpfe Cither vor uns her klingen. Der wahnsinnige Greis taumelte vom Schemel, und Fernando unter den Arm fassend, schwankten Beide hinaus. Luise barg den Kopf an Marianens Brust, um die vorüberklingenden Töne der Cither nicht zu hören, die noch lange vernehmlich durch den Wald hinzogen. Wie sie fernab rauschten und endlich verstummten, ward es auch stiller in ihr; der innre Sturm sänftigte sich. Sie holte aus tiefer Brust Athem und blickte seit lange zum erstenmal ruhig gen Himmel.</p> <p>Die Wirthin trat bald darauf mit dem Abendessen herein, fast ärgerlich, daß sie der vornehme Gast so schnell verlassen habe. Luise gewann nach und nach Fassung genug, mit der gesprächigen Frau </p> </div> </body> </text> </TEI> [52/0054]
lagen gespannt auf den ihren. Sie zitterte heftig, und hatte kaum noch Kraft, sich aufrecht zu erhalten. Eine rasche Bewegung, als wolle er sie umfangen, schreckte sie auf. Um Gottes Willen! rief sie, lassen Sie mich! Sie haben es gelobt, Sie müssen, ja Sie müssen mich verlassen. In ihrem scheuen Blick, in dem Entsetzen, das über das bleiche Gesicht hinfuhr, lag etwas Gebietendes. Fernando gedachte unwillkührlich jener Nacht im Walde. Nun denn, alter Camerad! rief er, den Bergmann aus dem Schlaf rüttelnd, so komm, geleite mich durch den Wald. Du kennst ja Wege und Stege. Laß die dumpfe Cither vor uns her klingen. Der wahnsinnige Greis taumelte vom Schemel, und Fernando unter den Arm fassend, schwankten Beide hinaus. Luise barg den Kopf an Marianens Brust, um die vorüberklingenden Töne der Cither nicht zu hören, die noch lange vernehmlich durch den Wald hinzogen. Wie sie fernab rauschten und endlich verstummten, ward es auch stiller in ihr; der innre Sturm sänftigte sich. Sie holte aus tiefer Brust Athem und blickte seit lange zum erstenmal ruhig gen Himmel.
Die Wirthin trat bald darauf mit dem Abendessen herein, fast ärgerlich, daß sie der vornehme Gast so schnell verlassen habe. Luise gewann nach und nach Fassung genug, mit der gesprächigen Frau
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/54>, abgerufen am 16.07.2024. |