Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.Tage? sagte Luise wehmüthig; ach, armes Kind, die sind längst untergegangen. Ich will nur noch einmal beten, damit ich ruhig die Augen schließen möge. Liebe Mariane, wie könnte ich sterben, wenn ich mich nicht zuvor in Julius Armen mit Gott versöhnte! Doch, Mariane, Niemand darf wissen, wohin wir gehn. Nenne meinen Leuten den ersten, besten Ort; sage, Geschäfte zwängen mich zu einer Reise. In der nächsten Station nehme ich Postpferde; kein Mensch weiß dann, auf welchem Wege wir sind. Mariane war so voll Hoffnung, daß sie alles schnell betrieb, und sie nach wenigen Stunden schon im Wagen saßen. Bei den trüben herbstlichen Tagen und schlechten Wegen konnten sie indeß nur langsam reisen. Luisens Herz klopfte voll banger Ungeduld. Oft beugte sie sich zum Schlage hinaus und maaß mit unruhigen Blicken den Raum, der sie noch vom Ziele ihrer Reise trennte. Am Abend des folgenden Tages kamen sie endlich in die Nähe vom Falkenstein. Als Luise die Thürme der alten Burg erblickte, ließ sie halten. Den übrigen Weg wollte sie zu Fuß zurücklegen, deshalb stieg sie, von Marianen begleitet, aus, und befahl dem Postillon, sie zu erwarten. Wie sie ging, rauschten die Wipfel der alten Tannen in wunderlich gebrochnen Tönen; ein feuchter Wind blies ihr unbehaglich entgegen Tage? sagte Luise wehmüthig; ach, armes Kind, die sind längst untergegangen. Ich will nur noch einmal beten, damit ich ruhig die Augen schließen möge. Liebe Mariane, wie könnte ich sterben, wenn ich mich nicht zuvor in Julius Armen mit Gott versöhnte! Doch, Mariane, Niemand darf wissen, wohin wir gehn. Nenne meinen Leuten den ersten, besten Ort; sage, Geschäfte zwängen mich zu einer Reise. In der nächsten Station nehme ich Postpferde; kein Mensch weiß dann, auf welchem Wege wir sind. Mariane war so voll Hoffnung, daß sie alles schnell betrieb, und sie nach wenigen Stunden schon im Wagen saßen. Bei den trüben herbstlichen Tagen und schlechten Wegen konnten sie indeß nur langsam reisen. Luisens Herz klopfte voll banger Ungeduld. Oft beugte sie sich zum Schlage hinaus und maaß mit unruhigen Blicken den Raum, der sie noch vom Ziele ihrer Reise trennte. Am Abend des folgenden Tages kamen sie endlich in die Nähe vom Falkenstein. Als Luise die Thürme der alten Burg erblickte, ließ sie halten. Den übrigen Weg wollte sie zu Fuß zurücklegen, deshalb stieg sie, von Marianen begleitet, aus, und befahl dem Postillon, sie zu erwarten. Wie sie ging, rauschten die Wipfel der alten Tannen in wunderlich gebrochnen Tönen; ein feuchter Wind blies ihr unbehaglich entgegen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0038" n="36"/> Tage? sagte Luise wehmüthig; ach, armes Kind, die sind längst untergegangen. Ich will nur noch einmal beten, damit ich ruhig die Augen schließen möge. Liebe Mariane, wie könnte ich sterben, wenn ich mich nicht zuvor in Julius Armen mit Gott versöhnte! Doch, Mariane, Niemand darf wissen, wohin wir gehn. Nenne meinen Leuten den ersten, besten Ort; sage, Geschäfte zwängen mich zu einer Reise. In der nächsten Station nehme ich Postpferde; kein Mensch weiß dann, auf welchem Wege wir sind.</p> <p>Mariane war so voll Hoffnung, daß sie alles schnell betrieb, und sie nach wenigen Stunden schon im Wagen saßen. Bei den trüben herbstlichen Tagen und schlechten Wegen konnten sie indeß nur langsam reisen. Luisens Herz klopfte voll banger Ungeduld. Oft beugte sie sich zum Schlage hinaus und maaß mit unruhigen Blicken den Raum, der sie noch vom Ziele ihrer Reise trennte. Am Abend des folgenden Tages kamen sie endlich in die Nähe vom Falkenstein. Als Luise die Thürme der alten Burg erblickte, ließ sie halten. Den übrigen Weg wollte sie zu Fuß zurücklegen, deshalb stieg sie, von Marianen begleitet, aus, und befahl dem Postillon, sie zu erwarten. Wie sie ging, rauschten die Wipfel der alten Tannen in wunderlich gebrochnen Tönen; ein feuchter Wind blies ihr unbehaglich entgegen </p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0038]
Tage? sagte Luise wehmüthig; ach, armes Kind, die sind längst untergegangen. Ich will nur noch einmal beten, damit ich ruhig die Augen schließen möge. Liebe Mariane, wie könnte ich sterben, wenn ich mich nicht zuvor in Julius Armen mit Gott versöhnte! Doch, Mariane, Niemand darf wissen, wohin wir gehn. Nenne meinen Leuten den ersten, besten Ort; sage, Geschäfte zwängen mich zu einer Reise. In der nächsten Station nehme ich Postpferde; kein Mensch weiß dann, auf welchem Wege wir sind.
Mariane war so voll Hoffnung, daß sie alles schnell betrieb, und sie nach wenigen Stunden schon im Wagen saßen. Bei den trüben herbstlichen Tagen und schlechten Wegen konnten sie indeß nur langsam reisen. Luisens Herz klopfte voll banger Ungeduld. Oft beugte sie sich zum Schlage hinaus und maaß mit unruhigen Blicken den Raum, der sie noch vom Ziele ihrer Reise trennte. Am Abend des folgenden Tages kamen sie endlich in die Nähe vom Falkenstein. Als Luise die Thürme der alten Burg erblickte, ließ sie halten. Den übrigen Weg wollte sie zu Fuß zurücklegen, deshalb stieg sie, von Marianen begleitet, aus, und befahl dem Postillon, sie zu erwarten. Wie sie ging, rauschten die Wipfel der alten Tannen in wunderlich gebrochnen Tönen; ein feuchter Wind blies ihr unbehaglich entgegen
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/38>, abgerufen am 16.07.2024. |