Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.Kind zusammen, und beweine mein Elend und meine Thorheit. Es ist gewiß, seit er mich haßt, fühl' ich doppelt was mir ewig ein Geheimniß bleiben sollte. Wüßt' ich nur, wohin ich fliehen, an welche treue Brust ich mich verbergen könnte. Julius geht so still, so ruhig neben mir hin. Mein Julius - ach Gott bewahre mich vor dem Frevel, Dein reines Herz mit diesem Mißton zu verletzen! Die Baronin drängt sich wohl an mich, aber sie weiß nicht was sie thut. Ein Spiel, mein Kind, sagte sie diesen Morgen, ein freches Spiel treibt er mit ihnen. O fühlt sie's nicht, wie das die wunde Seele vollends zerreißt! Soll ich denn mit Gewalt verachten, was ich mit unsäglicher Qual und Verzweiflung liebe? Es ist geschehen! Der Schleier ist zerrissen! Das innre Gift und meine Thränen nagten unaufhörlich an dem luftigen Gewebe. Was es verdeckte, liegt nun offen dar. Es ist laut geworden ihm und mir, was tief in Nacht das Licht scheuete. Was ist die Kraft, was der Stolz edler Naturen, wenn fremde Mächte so mit uns spielen! In sein Herz legte ich alle meine Sorgen nieder! Mir war so wohl, so unaussprechlich wohl. Der Friede lachte mir nach langem Streit. Ich war mit allem ausgesöhnt, ich scheuete Niemand, auch Julius nicht. Ach, ich hätte ihn umfangen und Kind zusammen, und beweine mein Elend und meine Thorheit. Es ist gewiß, seit er mich haßt, fühl’ ich doppelt was mir ewig ein Geheimniß bleiben sollte. Wüßt’ ich nur, wohin ich fliehen, an welche treue Brust ich mich verbergen könnte. Julius geht so still, so ruhig neben mir hin. Mein Julius – ach Gott bewahre mich vor dem Frevel, Dein reines Herz mit diesem Mißton zu verletzen! Die Baronin drängt sich wohl an mich, aber sie weiß nicht was sie thut. Ein Spiel, mein Kind, sagte sie diesen Morgen, ein freches Spiel treibt er mit ihnen. O fühlt sie’s nicht, wie das die wunde Seele vollends zerreißt! Soll ich denn mit Gewalt verachten, was ich mit unsäglicher Qual und Verzweiflung liebe? Es ist geschehen! Der Schleier ist zerrissen! Das innre Gift und meine Thränen nagten unaufhörlich an dem luftigen Gewebe. Was es verdeckte, liegt nun offen dar. Es ist laut geworden ihm und mir, was tief in Nacht das Licht scheuete. Was ist die Kraft, was der Stolz edler Naturen, wenn fremde Mächte so mit uns spielen! In sein Herz legte ich alle meine Sorgen nieder! Mir war so wohl, so unaussprechlich wohl. Der Friede lachte mir nach langem Streit. Ich war mit allem ausgesöhnt, ich scheuete Niemand, auch Julius nicht. Ach, ich hätte ihn umfangen und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0032" n="30"/> Kind zusammen, und beweine mein Elend und meine Thorheit. Es ist gewiß, seit er mich haßt, fühl’ ich doppelt was mir ewig ein Geheimniß bleiben sollte. Wüßt’ ich nur, wohin ich fliehen, an welche treue Brust ich mich verbergen könnte. Julius geht so still, so ruhig neben mir hin. Mein Julius – ach Gott bewahre mich vor dem Frevel, Dein reines Herz mit diesem Mißton zu verletzen! Die Baronin drängt sich wohl an mich, aber sie weiß nicht was sie thut. Ein Spiel, mein Kind, sagte sie diesen Morgen, ein freches Spiel treibt er mit ihnen. O fühlt sie’s nicht, wie das die wunde Seele vollends zerreißt! Soll ich denn mit Gewalt verachten, was ich mit unsäglicher Qual<hi rendition="#g"> und</hi> Verzweiflung liebe?</p> <p>Es ist geschehen! Der Schleier ist zerrissen! Das innre Gift und meine Thränen nagten unaufhörlich an dem luftigen Gewebe. Was es verdeckte, liegt nun offen dar. Es ist laut geworden ihm und mir, was tief in Nacht das Licht scheuete. Was ist die Kraft, was der Stolz edler Naturen, wenn fremde Mächte so mit uns spielen! In sein Herz legte ich alle meine Sorgen nieder! Mir war so wohl, so unaussprechlich wohl. Der Friede lachte mir nach langem Streit. Ich war mit allem ausgesöhnt, ich scheuete Niemand, auch Julius nicht. Ach, ich hätte ihn umfangen und </p> </div> </body> </text> </TEI> [30/0032]
Kind zusammen, und beweine mein Elend und meine Thorheit. Es ist gewiß, seit er mich haßt, fühl’ ich doppelt was mir ewig ein Geheimniß bleiben sollte. Wüßt’ ich nur, wohin ich fliehen, an welche treue Brust ich mich verbergen könnte. Julius geht so still, so ruhig neben mir hin. Mein Julius – ach Gott bewahre mich vor dem Frevel, Dein reines Herz mit diesem Mißton zu verletzen! Die Baronin drängt sich wohl an mich, aber sie weiß nicht was sie thut. Ein Spiel, mein Kind, sagte sie diesen Morgen, ein freches Spiel treibt er mit ihnen. O fühlt sie’s nicht, wie das die wunde Seele vollends zerreißt! Soll ich denn mit Gewalt verachten, was ich mit unsäglicher Qual und Verzweiflung liebe?
Es ist geschehen! Der Schleier ist zerrissen! Das innre Gift und meine Thränen nagten unaufhörlich an dem luftigen Gewebe. Was es verdeckte, liegt nun offen dar. Es ist laut geworden ihm und mir, was tief in Nacht das Licht scheuete. Was ist die Kraft, was der Stolz edler Naturen, wenn fremde Mächte so mit uns spielen! In sein Herz legte ich alle meine Sorgen nieder! Mir war so wohl, so unaussprechlich wohl. Der Friede lachte mir nach langem Streit. Ich war mit allem ausgesöhnt, ich scheuete Niemand, auch Julius nicht. Ach, ich hätte ihn umfangen und
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/32>, abgerufen am 17.07.2024. |