Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.mit klopfender Brust, wie ein Getriebener. Plötzlich stand ich vor Beiden. O erlaß mir - ich bitte Dich - - Er schwieg. Ach Gott, ich wußte ja das Uebrige und weinte aus Herzensgrunde mit ihm. Luise hatte nicht den Muth, die Augen aufzuschlagen. Carls Worte fielen schonungslos in ihre Seele. Seine treue Schilderung zeigte ihr die Dinge wie sie waren, und gestatteten durchaus kein Verkleiden der Wahrheit, die sie derb anfaßte, und zwang, ihr in das strenge Antlitz zu sehen. Hier stand es mit Flammenzügen, die keine Macht der Erde auslöschte, sie habe das Böse herauf beschworen, dadurch, daß sie sich seinen frühesten Lockungen zagend hingab. Jetzt, das fühlte sie, hatte es sie berührt, und alles was ihr lieb war, bis auf die heiligsten Erinnrungen befleckt. Der arme Julius, hub Carl auf's neue an, hat nun seit dem nirgend Ruhe. Er sagte mir einmal, was ihn am meisten quäle, sei, daß er nicht wisse, wo er mit den eignen Gedanken hin solle. In der Vergangenheit sei ihm alles zusammengestürzt, die vertrautesten Bilder sehen ihn fremd an, er suche und suche, und finde weder Kindheit noch Jugend. Die Zukunft aber stehe wie ein bleiches Gespenst da; ihn schaudre wenn er darauf hinblicke. Ich sprach ihm Muth ein, und mit klopfender Brust, wie ein Getriebener. Plötzlich stand ich vor Beiden. O erlaß mir – ich bitte Dich – – Er schwieg. Ach Gott, ich wußte ja das Uebrige und weinte aus Herzensgrunde mit ihm. Luise hatte nicht den Muth, die Augen aufzuschlagen. Carls Worte fielen schonungslos in ihre Seele. Seine treue Schilderung zeigte ihr die Dinge wie sie waren, und gestatteten durchaus kein Verkleiden der Wahrheit, die sie derb anfaßte, und zwang, ihr in das strenge Antlitz zu sehen. Hier stand es mit Flammenzügen, die keine Macht der Erde auslöschte, sie habe das Böse herauf beschworen, dadurch, daß sie sich seinen frühesten Lockungen zagend hingab. Jetzt, das fühlte sie, hatte es sie berührt, und alles was ihr lieb war, bis auf die heiligsten Erinnrungen befleckt. Der arme Julius, hub Carl auf’s neue an, hat nun seit dem nirgend Ruhe. Er sagte mir einmal, was ihn am meisten quäle, sei, daß er nicht wisse, wo er mit den eignen Gedanken hin solle. In der Vergangenheit sei ihm alles zusammengestürzt, die vertrautesten Bilder sehen ihn fremd an, er suche und suche, und finde weder Kindheit noch Jugend. Die Zukunft aber stehe wie ein bleiches Gespenst da; ihn schaudre wenn er darauf hinblicke. Ich sprach ihm Muth ein, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="22"/> mit klopfender Brust, wie ein Getriebener. Plötzlich stand ich vor Beiden. O erlaß mir – ich bitte Dich – – Er schwieg. Ach Gott, ich wußte ja das Uebrige und weinte aus Herzensgrunde mit ihm.</p> <p>Luise hatte nicht den Muth, die Augen aufzuschlagen. Carls Worte fielen schonungslos in ihre Seele. Seine treue Schilderung zeigte ihr die Dinge wie sie waren, und gestatteten durchaus kein Verkleiden der Wahrheit, die sie derb anfaßte, und zwang, ihr in das strenge Antlitz zu sehen. Hier stand es mit Flammenzügen, die keine Macht der Erde auslöschte, sie habe das Böse herauf beschworen, dadurch, daß sie sich seinen frühesten Lockungen zagend hingab. Jetzt, das fühlte sie, hatte es sie berührt, und alles was ihr lieb war, bis auf die heiligsten Erinnrungen befleckt.</p> <p>Der arme Julius, hub Carl auf’s neue an, hat nun seit dem nirgend Ruhe. Er sagte mir einmal, was ihn am meisten quäle, sei, daß er nicht wisse, wo er mit den eignen Gedanken hin solle. In der Vergangenheit sei ihm alles zusammengestürzt, die vertrautesten Bilder sehen ihn fremd an, er suche und suche, und finde weder Kindheit noch Jugend. Die Zukunft aber stehe wie ein bleiches Gespenst da; ihn schaudre wenn er darauf hinblicke. Ich sprach ihm Muth ein, und </p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0024]
mit klopfender Brust, wie ein Getriebener. Plötzlich stand ich vor Beiden. O erlaß mir – ich bitte Dich – – Er schwieg. Ach Gott, ich wußte ja das Uebrige und weinte aus Herzensgrunde mit ihm.
Luise hatte nicht den Muth, die Augen aufzuschlagen. Carls Worte fielen schonungslos in ihre Seele. Seine treue Schilderung zeigte ihr die Dinge wie sie waren, und gestatteten durchaus kein Verkleiden der Wahrheit, die sie derb anfaßte, und zwang, ihr in das strenge Antlitz zu sehen. Hier stand es mit Flammenzügen, die keine Macht der Erde auslöschte, sie habe das Böse herauf beschworen, dadurch, daß sie sich seinen frühesten Lockungen zagend hingab. Jetzt, das fühlte sie, hatte es sie berührt, und alles was ihr lieb war, bis auf die heiligsten Erinnrungen befleckt.
Der arme Julius, hub Carl auf’s neue an, hat nun seit dem nirgend Ruhe. Er sagte mir einmal, was ihn am meisten quäle, sei, daß er nicht wisse, wo er mit den eignen Gedanken hin solle. In der Vergangenheit sei ihm alles zusammengestürzt, die vertrautesten Bilder sehen ihn fremd an, er suche und suche, und finde weder Kindheit noch Jugend. Die Zukunft aber stehe wie ein bleiches Gespenst da; ihn schaudre wenn er darauf hinblicke. Ich sprach ihm Muth ein, und
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/24>, abgerufen am 16.07.2024. |