Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.daß der Mönch seine Liebe und Sorgfalt zwischen mir und dem wiedergefundnen Sohne theilt. Du weißst ja wohl? oder weißst Du nicht? Er meint ja, Du habest die letzten Worte gehört, und seiest erst, nachdem Fernando fiel, verschwunden. Ja wohl, verschwunden! Vergebens strecke ich meine Arme nach Dir aus; das Luftbild ist zerronnen, meine Luise bleibt ewig fern. Man sagt, Du seiest krank. Ich kann das wohl begreifen; und doch erschrickt's mich nicht wie sonst. Der Tod scheint mir so wünschenswerth, so lösend und beruhigend. Ganz anders fühl' ich die Schmerzen Deiner Seele." Luise ward für den Augenblick ruhiger. Fernando lebte, Julius redete zu ihr, keines seiner Worte verdammte sie, ihr Vergehn erschien ihr weniger groß, seit der Ausgang der letzten Begebenheiten milder war als sie fürchtete. Nach und nach ward es heller in ihrer Seele. Sie konnte das Einzelne festhalten, ansehn und erkennen. Nur war ihr die Zeit zwischen jenem blutigen Ereigniß im Walde und ihrem jetzigen Erwachen ganz entfallen. Sie sann lange darauf, wie sie hieher gekommen sei, konnte aber nichts als einzelne vorüberfliegende Erinnrungen auffinden. Mariane saß indeß unermüdet zu ihren Füßen und schien bereit, das lange Schweigen auf den daß der Mönch seine Liebe und Sorgfalt zwischen mir und dem wiedergefundnen Sohne theilt. Du weißst ja wohl? oder weißst Du nicht? Er meint ja, Du habest die letzten Worte gehört, und seiest erst, nachdem Fernando fiel, verschwunden. Ja wohl, verschwunden! Vergebens strecke ich meine Arme nach Dir aus; das Luftbild ist zerronnen, meine Luise bleibt ewig fern. Man sagt, Du seiest krank. Ich kann das wohl begreifen; und doch erschrickt’s mich nicht wie sonst. Der Tod scheint mir so wünschenswerth, so lösend und beruhigend. Ganz anders fühl’ ich die Schmerzen Deiner Seele.« Luise ward für den Augenblick ruhiger. Fernando lebte, Julius redete zu ihr, keines seiner Worte verdammte sie, ihr Vergehn erschien ihr weniger groß, seit der Ausgang der letzten Begebenheiten milder war als sie fürchtete. Nach und nach ward es heller in ihrer Seele. Sie konnte das Einzelne festhalten, ansehn und erkennen. Nur war ihr die Zeit zwischen jenem blutigen Ereigniß im Walde und ihrem jetzigen Erwachen ganz entfallen. Sie sann lange darauf, wie sie hieher gekommen sei, konnte aber nichts als einzelne vorüberfliegende Erinnrungen auffinden. Mariane saß indeß unermüdet zu ihren Füßen und schien bereit, das lange Schweigen auf den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="9"/> daß der Mönch seine Liebe und Sorgfalt zwischen mir und dem wiedergefundnen Sohne theilt. Du weißst ja wohl? oder weißst Du nicht? Er meint ja, Du habest die letzten Worte gehört, und seiest erst, nachdem Fernando fiel, verschwunden. Ja wohl, verschwunden! Vergebens strecke ich meine Arme nach Dir aus; das Luftbild ist zerronnen, meine Luise bleibt ewig fern.</p> <p>Man sagt, Du seiest krank. Ich kann das wohl begreifen; und doch erschrickt’s mich nicht wie sonst. Der Tod scheint mir so wünschenswerth, so lösend und beruhigend. Ganz anders fühl’ ich die Schmerzen Deiner Seele.«</p> <p>Luise ward für den Augenblick ruhiger. Fernando lebte, Julius redete zu ihr, keines seiner Worte verdammte sie, ihr Vergehn erschien ihr weniger groß, seit der Ausgang der letzten Begebenheiten milder war als sie fürchtete.</p> <p>Nach und nach ward es heller in ihrer Seele. Sie konnte das Einzelne festhalten, ansehn und erkennen. Nur war ihr die Zeit zwischen jenem blutigen Ereigniß im Walde und ihrem jetzigen Erwachen ganz entfallen. Sie sann lange darauf, wie sie hieher gekommen sei, konnte aber nichts als einzelne vorüberfliegende Erinnrungen auffinden.</p> <p>Mariane saß indeß unermüdet zu ihren Füßen und schien bereit, das lange Schweigen auf den </p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0011]
daß der Mönch seine Liebe und Sorgfalt zwischen mir und dem wiedergefundnen Sohne theilt. Du weißst ja wohl? oder weißst Du nicht? Er meint ja, Du habest die letzten Worte gehört, und seiest erst, nachdem Fernando fiel, verschwunden. Ja wohl, verschwunden! Vergebens strecke ich meine Arme nach Dir aus; das Luftbild ist zerronnen, meine Luise bleibt ewig fern.
Man sagt, Du seiest krank. Ich kann das wohl begreifen; und doch erschrickt’s mich nicht wie sonst. Der Tod scheint mir so wünschenswerth, so lösend und beruhigend. Ganz anders fühl’ ich die Schmerzen Deiner Seele.«
Luise ward für den Augenblick ruhiger. Fernando lebte, Julius redete zu ihr, keines seiner Worte verdammte sie, ihr Vergehn erschien ihr weniger groß, seit der Ausgang der letzten Begebenheiten milder war als sie fürchtete.
Nach und nach ward es heller in ihrer Seele. Sie konnte das Einzelne festhalten, ansehn und erkennen. Nur war ihr die Zeit zwischen jenem blutigen Ereigniß im Walde und ihrem jetzigen Erwachen ganz entfallen. Sie sann lange darauf, wie sie hieher gekommen sei, konnte aber nichts als einzelne vorüberfliegende Erinnrungen auffinden.
Mariane saß indeß unermüdet zu ihren Füßen und schien bereit, das lange Schweigen auf den
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/11>, abgerufen am 16.07.2024. |