Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.mir bist? und das weißst Du nicht, und ich nicht, und kein Gott kann mir's sagen. Mir war leichter, als ich anfing mit Dir zu zu reden. Nun zieht sich wieder alles dicht um mich her; ich kann kaum athmen! Lebe wohl! ach lebe tausendmal wohl, Du schöne Frühlingsblume meines Lebens, Du hast Dir wie mir gelogen, der Sommer bleibt wohl ewig fern! Wärst Du todt, ich könnte sagen, was vergangen, ist dennoch gewesen; aber so ist nichts vergangen und nichts gewesen, und das süßeste Glück meines Lebens, ja mein ganzes Dasein, ist nur ein neckendes Traumgesicht. Noch schwebe ich oft am goldnen Saum des Traumes zwischen Wachen und Schlafen; wenn nun aber der volle bleibende Tag hereinbricht, dann muß ich vergehn wie alle Truggestalten der Nacht. O es ist erschrecklich, Luise, wenn uns die Vergangenheit so zur Lüge wird und wir hinter uns in das öde Nichts sehn! Ich sollte Dir das alles wohl nicht sagen, aber Du fühlst es, um der Wahrheit willen, die in Deiner Seele ist und die nichts daraus verdrängen kann. Auch bestand ja von je mein lebendigstes Denken aus innren an Dich gerichteten Worten. Gönne mir noch eine Zeitlang die liebe Gewohnheit, sie ist mir zur Natur geworden. Vielleicht freuet es Dich, wenn ich Dir sage, mir bist? und das weißst Du nicht, und ich nicht, und kein Gott kann mir’s sagen. Mir war leichter, als ich anfing mit Dir zu zu reden. Nun zieht sich wieder alles dicht um mich her; ich kann kaum athmen! Lebe wohl! ach lebe tausendmal wohl, Du schöne Frühlingsblume meines Lebens, Du hast Dir wie mir gelogen, der Sommer bleibt wohl ewig fern! Wärst Du todt, ich könnte sagen, was vergangen, ist dennoch gewesen; aber so ist nichts vergangen und nichts gewesen, und das süßeste Glück meines Lebens, ja mein ganzes Dasein, ist nur ein neckendes Traumgesicht. Noch schwebe ich oft am goldnen Saum des Traumes zwischen Wachen und Schlafen; wenn nun aber der volle bleibende Tag hereinbricht, dann muß ich vergehn wie alle Truggestalten der Nacht. O es ist erschrecklich, Luise, wenn uns die Vergangenheit so zur Lüge wird und wir hinter uns in das öde Nichts sehn! Ich sollte Dir das alles wohl nicht sagen, aber Du fühlst es, um der Wahrheit willen, die in Deiner Seele ist und die nichts daraus verdrängen kann. Auch bestand ja von je mein lebendigstes Denken aus innren an Dich gerichteten Worten. Gönne mir noch eine Zeitlang die liebe Gewohnheit, sie ist mir zur Natur geworden. Vielleicht freuet es Dich, wenn ich Dir sage, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="8"/> mir bist? und das weißst Du nicht, und ich nicht, und kein Gott kann mir’s sagen.</p> <p>Mir war leichter, als ich anfing mit Dir zu zu reden. Nun zieht sich wieder alles dicht um mich her; ich kann kaum athmen! Lebe wohl! ach lebe tausendmal wohl, Du schöne Frühlingsblume meines Lebens, Du hast Dir wie mir gelogen, der Sommer bleibt wohl ewig fern! Wärst Du todt, ich könnte sagen, was vergangen, ist dennoch gewesen; aber so ist nichts vergangen und nichts gewesen, und das süßeste Glück meines Lebens, ja mein ganzes Dasein, ist nur ein neckendes Traumgesicht. Noch schwebe ich oft am goldnen Saum des Traumes zwischen Wachen und Schlafen; wenn nun aber der volle bleibende Tag hereinbricht, dann muß ich vergehn wie alle Truggestalten der Nacht. O es ist erschrecklich, Luise, wenn uns die Vergangenheit so zur Lüge wird und wir hinter uns in das öde Nichts sehn!</p> <p>Ich sollte Dir das alles wohl nicht sagen, aber Du fühlst es, um der Wahrheit willen, die in Deiner Seele ist und die nichts daraus verdrängen kann. Auch bestand ja von je mein lebendigstes Denken aus innren an Dich gerichteten Worten. Gönne mir noch eine Zeitlang die liebe Gewohnheit, sie ist mir zur Natur geworden.</p> <p>Vielleicht freuet es Dich, wenn ich Dir sage, </p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0010]
mir bist? und das weißst Du nicht, und ich nicht, und kein Gott kann mir’s sagen.
Mir war leichter, als ich anfing mit Dir zu zu reden. Nun zieht sich wieder alles dicht um mich her; ich kann kaum athmen! Lebe wohl! ach lebe tausendmal wohl, Du schöne Frühlingsblume meines Lebens, Du hast Dir wie mir gelogen, der Sommer bleibt wohl ewig fern! Wärst Du todt, ich könnte sagen, was vergangen, ist dennoch gewesen; aber so ist nichts vergangen und nichts gewesen, und das süßeste Glück meines Lebens, ja mein ganzes Dasein, ist nur ein neckendes Traumgesicht. Noch schwebe ich oft am goldnen Saum des Traumes zwischen Wachen und Schlafen; wenn nun aber der volle bleibende Tag hereinbricht, dann muß ich vergehn wie alle Truggestalten der Nacht. O es ist erschrecklich, Luise, wenn uns die Vergangenheit so zur Lüge wird und wir hinter uns in das öde Nichts sehn!
Ich sollte Dir das alles wohl nicht sagen, aber Du fühlst es, um der Wahrheit willen, die in Deiner Seele ist und die nichts daraus verdrängen kann. Auch bestand ja von je mein lebendigstes Denken aus innren an Dich gerichteten Worten. Gönne mir noch eine Zeitlang die liebe Gewohnheit, sie ist mir zur Natur geworden.
Vielleicht freuet es Dich, wenn ich Dir sage,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/10 |
Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/10>, abgerufen am 16.07.2024. |