Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.sie die Regsamkeit der Sinne hemmt, oder doch nur einseitig und mechanisch übt, den innern Reichthum der Gefühle einengt, den Blick verdunkelt und den Geist mit bleiernen Gewichten zu dem kurzgesteckten Ziele hinabdrängt." Alle lachten, denn seine Augen schienen noch jetzt von diesen bleiernen Gewichten herabgezogen. Der Engländer aber meinte, es gehe ihm wie den Somnambülen, die im Schlafe das Beste zu Tage fördern; denn, setzte er hinzu, im Grunde hat er doch eine Saite angeschlagen, die jeden mehr oder weniger trifft. Wahr ist es am Ende, daß wir alle nach und nach von der innern Regsamkeit verlieren, und daß selbst das wackerste, mit Lust und Liebe unternommne Geschäft den Mehrsten unter den Händen zum abschmeckenden Einerlei wird. Das müde Auge heftet sich dann auf irgend einen befreundeten Gegenstand, und starrt ihn so lange gedankenlos an, bis es gar nichts mehr sieht und alle Dinge in einem trüben Dämmerlichte vor ihm hinziehn. Der Professor ward von einem kleinen Froste überfallen, den ein unterbrochner Schlaf allemal zurückläßt; er schüttelte sich gähnend und sagte dann, um die an ihn gerichtete Rede einigermaßen zu beantworten: was sich nicht unaufhörlich aus sich selbst erzeugt, das gehört einer fremden Gewalt sie die Regsamkeit der Sinne hemmt, oder doch nur einseitig und mechanisch übt, den innern Reichthum der Gefühle einengt, den Blick verdunkelt und den Geist mit bleiernen Gewichten zu dem kurzgesteckten Ziele hinabdrängt.« Alle lachten, denn seine Augen schienen noch jetzt von diesen bleiernen Gewichten herabgezogen. Der Engländer aber meinte, es gehe ihm wie den Somnambülen, die im Schlafe das Beste zu Tage fördern; denn, setzte er hinzu, im Grunde hat er doch eine Saite angeschlagen, die jeden mehr oder weniger trifft. Wahr ist es am Ende, daß wir alle nach und nach von der innern Regsamkeit verlieren, und daß selbst das wackerste, mit Lust und Liebe unternommne Geschäft den Mehrsten unter den Händen zum abschmeckenden Einerlei wird. Das müde Auge heftet sich dann auf irgend einen befreundeten Gegenstand, und starrt ihn so lange gedankenlos an, bis es gar nichts mehr sieht und alle Dinge in einem trüben Dämmerlichte vor ihm hinziehn. Der Professor ward von einem kleinen Froste überfallen, den ein unterbrochner Schlaf allemal zurückläßt; er schüttelte sich gähnend und sagte dann, um die an ihn gerichtete Rede einigermaßen zu beantworten: was sich nicht unaufhörlich aus sich selbst erzeugt, das gehört einer fremden Gewalt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0085" n="77"/> sie die Regsamkeit der Sinne hemmt, oder doch nur einseitig und mechanisch übt, den innern Reichthum der Gefühle einengt, den Blick verdunkelt und den Geist mit bleiernen Gewichten zu dem kurzgesteckten Ziele hinabdrängt.«</p> <p>Alle lachten, denn seine Augen schienen noch jetzt von diesen bleiernen Gewichten herabgezogen. Der Engländer aber meinte, es gehe ihm wie den Somnambülen, die im Schlafe das Beste zu Tage fördern; denn, setzte er hinzu, im Grunde hat er doch eine Saite angeschlagen, die jeden mehr oder weniger trifft. Wahr ist es am Ende, daß wir alle nach und nach von der innern Regsamkeit verlieren, und daß selbst das wackerste, mit Lust und Liebe unternommne Geschäft den Mehrsten unter den Händen zum abschmeckenden Einerlei wird. Das müde Auge heftet sich dann auf irgend einen befreundeten Gegenstand, und starrt ihn so lange gedankenlos an, bis es gar nichts mehr sieht und alle Dinge in einem trüben Dämmerlichte vor ihm hinziehn.</p> <p>Der Professor ward von einem kleinen <choice><sic>Ernste</sic><corr>Froste</corr></choice> überfallen, den ein unterbrochner Schlaf allemal zurückläßt; er schüttelte sich gähnend und sagte dann, um die an ihn gerichtete Rede einigermaßen zu beantworten: was sich nicht unaufhörlich aus sich selbst erzeugt, das gehört einer fremden Gewalt </p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0085]
sie die Regsamkeit der Sinne hemmt, oder doch nur einseitig und mechanisch übt, den innern Reichthum der Gefühle einengt, den Blick verdunkelt und den Geist mit bleiernen Gewichten zu dem kurzgesteckten Ziele hinabdrängt.«
Alle lachten, denn seine Augen schienen noch jetzt von diesen bleiernen Gewichten herabgezogen. Der Engländer aber meinte, es gehe ihm wie den Somnambülen, die im Schlafe das Beste zu Tage fördern; denn, setzte er hinzu, im Grunde hat er doch eine Saite angeschlagen, die jeden mehr oder weniger trifft. Wahr ist es am Ende, daß wir alle nach und nach von der innern Regsamkeit verlieren, und daß selbst das wackerste, mit Lust und Liebe unternommne Geschäft den Mehrsten unter den Händen zum abschmeckenden Einerlei wird. Das müde Auge heftet sich dann auf irgend einen befreundeten Gegenstand, und starrt ihn so lange gedankenlos an, bis es gar nichts mehr sieht und alle Dinge in einem trüben Dämmerlichte vor ihm hinziehn.
Der Professor ward von einem kleinen Froste überfallen, den ein unterbrochner Schlaf allemal zurückläßt; er schüttelte sich gähnend und sagte dann, um die an ihn gerichtete Rede einigermaßen zu beantworten: was sich nicht unaufhörlich aus sich selbst erzeugt, das gehört einer fremden Gewalt
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/85>, abgerufen am 16.07.2024. |