Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Aline niedergelegt ist. Das eben, das eben, unterbrach ihn der Professor, ist das frevelhafte Spiel, was durch das ganze Buch geht. Das Heiligste wird niedergetreten, weil es schwach, ohnmächtig, abhängig, erscheint, indeß die reichste Kraft sich in sich selbst zernichtet.

Für mich ist es immer schwer, von diesem Buche reden zu hören, sagte Reinhold, im Guten sowohl als im Bösen, denn ich möchte gegen Beides anstreiten, und gerathe deshalb unausbleiblich ins Gefecht, oft gar auch in ein kreuzendes Feuer, wie es mir zum Beispiel hier gehen würde. Aber eine bloße Gefühlsäußerung, die keinen Anspruch auf irgend eine richtende Kraft hegt, zieht wohl als ein friedlicher Gesandter durchhin, und ich will es daher nur dreist heraussagen, daß ich von dem Rodrich tief angesprochen werde, dann wieder unendlich hart abgestoßen, dann wieder zum allerkühnsten Spott gereizt. Oft tritt er ganz fremd vor mich hin, als wäre gar keine Berührung zwischen uns Beiden, treibt mich durch gezierte Gesellschaften vornehm umher, erinnert mich an andre Bücher, die eben so vornehm thun und die ich nicht leiden kann, der Unwille runzelt meine Stirn, der Hohn schwebt auf meiner Lippe -- und plötzlich brechen die Stralen des reinsten, seligsten Friedens hervor; das Wehmüthigste aus meinem Leben, das Lieblichste aus

Aline niedergelegt ist. Das eben, das eben, unterbrach ihn der Professor, ist das frevelhafte Spiel, was durch das ganze Buch geht. Das Heiligste wird niedergetreten, weil es schwach, ohnmächtig, abhängig, erscheint, indeß die reichste Kraft sich in sich selbst zernichtet.

Für mich ist es immer schwer, von diesem Buche reden zu hören, sagte Reinhold, im Guten sowohl als im Bösen, denn ich möchte gegen Beides anstreiten, und gerathe deshalb unausbleiblich ins Gefecht, oft gar auch in ein kreuzendes Feuer, wie es mir zum Beispiel hier gehen würde. Aber eine bloße Gefühlsäußerung, die keinen Anspruch auf irgend eine richtende Kraft hegt, zieht wohl als ein friedlicher Gesandter durchhin, und ich will es daher nur dreist heraussagen, daß ich von dem Rodrich tief angesprochen werde, dann wieder unendlich hart abgestoßen, dann wieder zum allerkühnsten Spott gereizt. Oft tritt er ganz fremd vor mich hin, als wäre gar keine Berührung zwischen uns Beiden, treibt mich durch gezierte Gesellschaften vornehm umher, erinnert mich an andre Bücher, die eben so vornehm thun und die ich nicht leiden kann, der Unwille runzelt meine Stirn, der Hohn schwebt auf meiner Lippe — und plötzlich brechen die Stralen des reinsten, seligsten Friedens hervor; das Wehmüthigste aus meinem Leben, das Lieblichste aus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="71"/>
Aline niedergelegt ist. Das eben, das eben, unterbrach ihn der Professor, ist das frevelhafte Spiel, was durch das ganze Buch geht. Das Heiligste wird niedergetreten, weil es schwach, ohnmächtig, abhängig, erscheint, indeß die reichste Kraft sich in sich selbst zernichtet.</p>
        <p>Für mich ist es immer schwer, von diesem Buche reden zu hören, sagte Reinhold, im Guten sowohl als im Bösen, denn ich möchte gegen Beides anstreiten, und gerathe deshalb unausbleiblich ins Gefecht, oft gar auch in ein kreuzendes Feuer, wie es mir zum Beispiel hier gehen würde. Aber eine bloße Gefühlsäußerung, die keinen Anspruch auf irgend eine richtende Kraft hegt, zieht wohl als ein friedlicher Gesandter durchhin, und ich will es daher nur dreist heraussagen, daß ich von dem Rodrich tief angesprochen werde, dann wieder unendlich hart abgestoßen, dann wieder zum allerkühnsten Spott gereizt. Oft tritt er ganz fremd vor mich hin, als wäre gar keine Berührung zwischen uns Beiden, treibt mich durch gezierte Gesellschaften vornehm umher, erinnert mich an andre Bücher, die eben so vornehm thun und die ich nicht leiden kann, der Unwille runzelt meine Stirn, der Hohn schwebt auf meiner Lippe &#x2014; und plötzlich brechen die Stralen des reinsten, seligsten Friedens hervor; das Wehmüthigste aus meinem Leben, das Lieblichste aus
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0079] Aline niedergelegt ist. Das eben, das eben, unterbrach ihn der Professor, ist das frevelhafte Spiel, was durch das ganze Buch geht. Das Heiligste wird niedergetreten, weil es schwach, ohnmächtig, abhängig, erscheint, indeß die reichste Kraft sich in sich selbst zernichtet. Für mich ist es immer schwer, von diesem Buche reden zu hören, sagte Reinhold, im Guten sowohl als im Bösen, denn ich möchte gegen Beides anstreiten, und gerathe deshalb unausbleiblich ins Gefecht, oft gar auch in ein kreuzendes Feuer, wie es mir zum Beispiel hier gehen würde. Aber eine bloße Gefühlsäußerung, die keinen Anspruch auf irgend eine richtende Kraft hegt, zieht wohl als ein friedlicher Gesandter durchhin, und ich will es daher nur dreist heraussagen, daß ich von dem Rodrich tief angesprochen werde, dann wieder unendlich hart abgestoßen, dann wieder zum allerkühnsten Spott gereizt. Oft tritt er ganz fremd vor mich hin, als wäre gar keine Berührung zwischen uns Beiden, treibt mich durch gezierte Gesellschaften vornehm umher, erinnert mich an andre Bücher, die eben so vornehm thun und die ich nicht leiden kann, der Unwille runzelt meine Stirn, der Hohn schwebt auf meiner Lippe — und plötzlich brechen die Stralen des reinsten, seligsten Friedens hervor; das Wehmüthigste aus meinem Leben, das Lieblichste aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/79
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/79>, abgerufen am 27.11.2024.