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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

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sich seiner vorigen Heftigkeit, daher ging er um so eher in Luisens Pläne ein, das kleine Unrecht auf diese Weise vor sich selbst wieder gut zu machen.

Es war indeß spät geworden. Der Mond stand hoch am Himmel, von den Wiesen stieg ein frischer Dampf herauf, der sich wie ein Flor über die grüne Fläche hinzog. Glühwürmchen leuchteten, herabgefallnen Sternen gleich, aus den Büschen, und kreisend durchzogen einzelne Vögel die Luft, um dann von den letzten Geschäften des Tages auszuruhen. Luise fuhr unwillkührlich zusammen, als Julius freudig rief: das ist der Falkenstein! Sie blickte auf. Graue Thürme sahen im bleichen Mondenlicht zwischen Felsenwänden und dunklen Tannen hervor. Das ist der Falkenstein, wiederholte sie langsam. Sie fuhren jetzt einem Wasserfall vorüber, der sich in einen breiten Graben ergoß. Eine wohlerhaltne Zugbrücke führte über letztern in den Schloßhof hinein. Luise trat mit wankenden Knien aus dem Wagen, in das weite Portal, wo die Dienerschaft des Hauses sie unter tausend Glückwünschen erwarteten. Willkommen, meine Luise! rief Julius aus bewegter Brust; willkommen! tönte es von mehrern Stimmen durch die gewölbten Hallen. Luise neigte sich freundlich gegen Alle und folgte Julius die Steintreppe hinauf zu Violas Zimmer, die er, als die heitersten und schönsten, für sie bestimmt

sich seiner vorigen Heftigkeit, daher ging er um so eher in Luisens Pläne ein, das kleine Unrecht auf diese Weise vor sich selbst wieder gut zu machen.

Es war indeß spät geworden. Der Mond stand hoch am Himmel, von den Wiesen stieg ein frischer Dampf herauf, der sich wie ein Flor über die grüne Fläche hinzog. Glühwürmchen leuchteten, herabgefallnen Sternen gleich, aus den Büschen, und kreisend durchzogen einzelne Vögel die Luft, um dann von den letzten Geschäften des Tages auszuruhen. Luise fuhr unwillkührlich zusammen, als Julius freudig rief: das ist der Falkenstein! Sie blickte auf. Graue Thürme sahen im bleichen Mondenlicht zwischen Felsenwänden und dunklen Tannen hervor. Das ist der Falkenstein, wiederholte sie langsam. Sie fuhren jetzt einem Wasserfall vorüber, der sich in einen breiten Graben ergoß. Eine wohlerhaltne Zugbrücke führte über letztern in den Schloßhof hinein. Luise trat mit wankenden Knien aus dem Wagen, in das weite Portal, wo die Dienerschaft des Hauses sie unter tausend Glückwünschen erwarteten. Willkommen, meine Luise! rief Julius aus bewegter Brust; willkommen! tönte es von mehrern Stimmen durch die gewölbten Hallen. Luise neigte sich freundlich gegen Alle und folgte Julius die Steintreppe hinauf zu Violas Zimmer, die er, als die heitersten und schönsten, für sie bestimmt

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[60/0068] sich seiner vorigen Heftigkeit, daher ging er um so eher in Luisens Pläne ein, das kleine Unrecht auf diese Weise vor sich selbst wieder gut zu machen. Es war indeß spät geworden. Der Mond stand hoch am Himmel, von den Wiesen stieg ein frischer Dampf herauf, der sich wie ein Flor über die grüne Fläche hinzog. Glühwürmchen leuchteten, herabgefallnen Sternen gleich, aus den Büschen, und kreisend durchzogen einzelne Vögel die Luft, um dann von den letzten Geschäften des Tages auszuruhen. Luise fuhr unwillkührlich zusammen, als Julius freudig rief: das ist der Falkenstein! Sie blickte auf. Graue Thürme sahen im bleichen Mondenlicht zwischen Felsenwänden und dunklen Tannen hervor. Das ist der Falkenstein, wiederholte sie langsam. Sie fuhren jetzt einem Wasserfall vorüber, der sich in einen breiten Graben ergoß. Eine wohlerhaltne Zugbrücke führte über letztern in den Schloßhof hinein. Luise trat mit wankenden Knien aus dem Wagen, in das weite Portal, wo die Dienerschaft des Hauses sie unter tausend Glückwünschen erwarteten. Willkommen, meine Luise! rief Julius aus bewegter Brust; willkommen! tönte es von mehrern Stimmen durch die gewölbten Hallen. Luise neigte sich freundlich gegen Alle und folgte Julius die Steintreppe hinauf zu Violas Zimmer, die er, als die heitersten und schönsten, für sie bestimmt

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/68>, abgerufen am 24.11.2024.