Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.sogleich stark nieste und die großen Augen verwundert aufschlug. Mariechen, liebes Mariechen! rief die Mutter, kennst Du mich? Das Kind schloß aufs neue die Augen und wandte sich auf die Seite. -- Luise schickte die Frau nach dem Wagen, indem sie ihr auftrug, sich dort den mitgebrachten Wein und Zwieback geben zu lassen, und fuhr fort, der Kleinen die Schläfe mit dem Balsam zu reiben. In Kurzem kam die Mutter zurück. Luise nahm das Kind in den Arm und flößte etwas Wein in den halbgeöffneten Mund. -- Nach einer Viertelstunde ermunterte sich Marie, sah umher, und spielte mit Luisens Fingern, an welchen mehrere Ringe glänzten. Liebe Frau, sagte diese, unter den freudigsten Thränen die sie jemals vergoß, das Kind wird gewiß besser, wenn es alle Stunden, von jetzt an bis morgen Mittag, einen Löffel von dem Weine bekömmt. Dann werde ich wieder herschicken und für weitre Hülfe sorgen. Die Frau faßte Luisens Hände, streichelte ihr die schönen frischen Wangen, bog sich dann wieder zu der Kleinen, küßte und drückte sie, ohne ein Wort hervorbringen zu können. Nachdem ihr Luise noch manches über die Behandlung der Kranken gesagt hatte, fragte sie nach den nähern Umständen der kleinen Haushaltung. Ach Gott, sagte die Frau, ich bin von je her an Kummer und Trübsal gewöhnt, und habe auf Erden sogleich stark nieste und die großen Augen verwundert aufschlug. Mariechen, liebes Mariechen! rief die Mutter, kennst Du mich? Das Kind schloß aufs neue die Augen und wandte sich auf die Seite. — Luise schickte die Frau nach dem Wagen, indem sie ihr auftrug, sich dort den mitgebrachten Wein und Zwieback geben zu lassen, und fuhr fort, der Kleinen die Schläfe mit dem Balsam zu reiben. In Kurzem kam die Mutter zurück. Luise nahm das Kind in den Arm und flößte etwas Wein in den halbgeöffneten Mund. — Nach einer Viertelstunde ermunterte sich Marie, sah umher, und spielte mit Luisens Fingern, an welchen mehrere Ringe glänzten. Liebe Frau, sagte diese, unter den freudigsten Thränen die sie jemals vergoß, das Kind wird gewiß besser, wenn es alle Stunden, von jetzt an bis morgen Mittag, einen Löffel von dem Weine bekömmt. Dann werde ich wieder herschicken und für weitre Hülfe sorgen. Die Frau faßte Luisens Hände, streichelte ihr die schönen frischen Wangen, bog sich dann wieder zu der Kleinen, küßte und drückte sie, ohne ein Wort hervorbringen zu können. Nachdem ihr Luise noch manches über die Behandlung der Kranken gesagt hatte, fragte sie nach den nähern Umständen der kleinen Haushaltung. Ach Gott, sagte die Frau, ich bin von je her an Kummer und Trübsal gewöhnt, und habe auf Erden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="55"/> sogleich stark nieste und die großen Augen verwundert aufschlug. Mariechen, liebes Mariechen! rief die Mutter, kennst Du mich? Das Kind schloß aufs neue die Augen und wandte sich auf die Seite. — Luise schickte die Frau nach dem Wagen, indem sie ihr auftrug, sich dort den mitgebrachten Wein und Zwieback geben zu lassen, und fuhr fort, der Kleinen die Schläfe mit dem Balsam zu reiben. In Kurzem kam die Mutter zurück. Luise nahm das Kind in den Arm und flößte etwas Wein in den halbgeöffneten Mund. — Nach einer Viertelstunde ermunterte sich Marie, sah umher, und spielte mit Luisens Fingern, an welchen mehrere Ringe glänzten. Liebe Frau, sagte diese, unter den freudigsten Thränen die sie jemals vergoß, das Kind wird gewiß besser, wenn es alle Stunden, von jetzt an bis morgen Mittag, einen Löffel von dem Weine bekömmt. Dann werde ich wieder herschicken und für weitre Hülfe sorgen. Die Frau faßte Luisens Hände, streichelte ihr die schönen frischen Wangen, bog sich dann wieder zu der Kleinen, küßte und drückte sie, ohne ein Wort hervorbringen zu können. Nachdem ihr Luise noch manches über die Behandlung der Kranken gesagt hatte, fragte sie nach den nähern Umständen der kleinen Haushaltung. Ach Gott, sagte die Frau, ich bin von je her an Kummer und Trübsal gewöhnt, und habe auf Erden </p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0063]
sogleich stark nieste und die großen Augen verwundert aufschlug. Mariechen, liebes Mariechen! rief die Mutter, kennst Du mich? Das Kind schloß aufs neue die Augen und wandte sich auf die Seite. — Luise schickte die Frau nach dem Wagen, indem sie ihr auftrug, sich dort den mitgebrachten Wein und Zwieback geben zu lassen, und fuhr fort, der Kleinen die Schläfe mit dem Balsam zu reiben. In Kurzem kam die Mutter zurück. Luise nahm das Kind in den Arm und flößte etwas Wein in den halbgeöffneten Mund. — Nach einer Viertelstunde ermunterte sich Marie, sah umher, und spielte mit Luisens Fingern, an welchen mehrere Ringe glänzten. Liebe Frau, sagte diese, unter den freudigsten Thränen die sie jemals vergoß, das Kind wird gewiß besser, wenn es alle Stunden, von jetzt an bis morgen Mittag, einen Löffel von dem Weine bekömmt. Dann werde ich wieder herschicken und für weitre Hülfe sorgen. Die Frau faßte Luisens Hände, streichelte ihr die schönen frischen Wangen, bog sich dann wieder zu der Kleinen, küßte und drückte sie, ohne ein Wort hervorbringen zu können. Nachdem ihr Luise noch manches über die Behandlung der Kranken gesagt hatte, fragte sie nach den nähern Umständen der kleinen Haushaltung. Ach Gott, sagte die Frau, ich bin von je her an Kummer und Trübsal gewöhnt, und habe auf Erden
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/63>, abgerufen am 16.07.2024. |