Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.ich ertrag' es nicht länger! Der Traum von Freundschaft ist hin, ich fühle nichts als die glühendste, zerstörendste Leidenschaft; ich muß Sie sprechen, heute noch -- gewiß, Luise, heute noch -- oder wir sehen uns nie wieder, oder dieser Augenblick ist der letzte meines Lebens. Er trat dicht an den Abhang des Felsens; den Kopf weit vorgebeugt, sah er schwindelnd in den Abgrund. Ich will, ich will Sie ja sprechen! rief Luise. O, mein Gott, wann! fragte er mit einem wilden Blick. Ich weiß es nicht, sagte sie zitternd. Ach Gott! wie soll ich in der Todesangst -- Nun denn, hub er milder an, diesen Abend, wenn alles schläft, dann erwarte ich Sie da drüben in dem stillen Buchengange vor dem Kloster. Luise schauderte zusammen. Fernando hatte sich schnell zu dem rückkehrenden Julius gesellt. Sie hatte nicht die Kraft, den Fuß von der Stelle zu bewegen. Wie gebannt stand sie an die Felswand gelehnt. Luise! rief Julius, Du wirst Dich in der feuchten Abendluft erkälten. Sie schwankte unsicher an seiner Seite zum Schlosse zurück. Als nun in der Nacht die Uhr, welche die Todesstunde ihrer Mutter anzeigte, Eins schlug, hüllte sie sich in einen Shawl und ging, die Hölle in der Brust, dumpf und zagend zur Gartenthür hinaus. ich ertrag’ es nicht länger! Der Traum von Freundschaft ist hin, ich fühle nichts als die glühendste, zerstörendste Leidenschaft; ich muß Sie sprechen, heute noch — gewiß, Luise, heute noch — oder wir sehen uns nie wieder, oder dieser Augenblick ist der letzte meines Lebens. Er trat dicht an den Abhang des Felsens; den Kopf weit vorgebeugt, sah er schwindelnd in den Abgrund. Ich will, ich will Sie ja sprechen! rief Luise. O, mein Gott, wann! fragte er mit einem wilden Blick. Ich weiß es nicht, sagte sie zitternd. Ach Gott! wie soll ich in der Todesangst — Nun denn, hub er milder an, diesen Abend, wenn alles schläft, dann erwarte ich Sie da drüben in dem stillen Buchengange vor dem Kloster. Luise schauderte zusammen. Fernando hatte sich schnell zu dem rückkehrenden Julius gesellt. Sie hatte nicht die Kraft, den Fuß von der Stelle zu bewegen. Wie gebannt stand sie an die Felswand gelehnt. Luise! rief Julius, Du wirst Dich in der feuchten Abendluft erkälten. Sie schwankte unsicher an seiner Seite zum Schlosse zurück. Als nun in der Nacht die Uhr, welche die Todesstunde ihrer Mutter anzeigte, Eins schlug, hüllte sie sich in einen Shawl und ging, die Hölle in der Brust, dumpf und zagend zur Gartenthür hinaus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0173" n="165"/> ich ertrag’ es nicht länger! Der Traum von Freundschaft ist hin, ich fühle nichts als die glühendste, zerstörendste Leidenschaft; ich muß Sie sprechen, heute noch — gewiß, Luise, heute noch — oder wir sehen uns nie wieder, oder dieser Augenblick ist der letzte meines Lebens. Er trat dicht an den Abhang des Felsens; den Kopf weit vorgebeugt, sah er schwindelnd in den Abgrund. Ich will, ich will Sie ja sprechen! rief Luise. O, mein Gott, wann! fragte er mit einem wilden Blick. Ich weiß es nicht, sagte sie zitternd. Ach Gott! wie soll ich in der Todesangst — Nun denn, hub er milder an, diesen Abend, wenn alles schläft, dann erwarte ich Sie da drüben in dem stillen Buchengange vor dem Kloster. Luise schauderte zusammen. Fernando hatte sich schnell zu dem rückkehrenden Julius gesellt. Sie hatte nicht die Kraft, den Fuß von der Stelle zu bewegen. Wie gebannt stand sie an die Felswand gelehnt. Luise! rief Julius, Du wirst Dich in der feuchten Abendluft erkälten. Sie schwankte unsicher an seiner Seite zum Schlosse zurück.</p> <p>Als nun in der Nacht die Uhr, welche die Todesstunde ihrer Mutter anzeigte, Eins schlug, hüllte sie sich in einen Shawl und ging, die Hölle in der Brust, dumpf und zagend zur Gartenthür hinaus. </p> </div> </body> </text> </TEI> [165/0173]
ich ertrag’ es nicht länger! Der Traum von Freundschaft ist hin, ich fühle nichts als die glühendste, zerstörendste Leidenschaft; ich muß Sie sprechen, heute noch — gewiß, Luise, heute noch — oder wir sehen uns nie wieder, oder dieser Augenblick ist der letzte meines Lebens. Er trat dicht an den Abhang des Felsens; den Kopf weit vorgebeugt, sah er schwindelnd in den Abgrund. Ich will, ich will Sie ja sprechen! rief Luise. O, mein Gott, wann! fragte er mit einem wilden Blick. Ich weiß es nicht, sagte sie zitternd. Ach Gott! wie soll ich in der Todesangst — Nun denn, hub er milder an, diesen Abend, wenn alles schläft, dann erwarte ich Sie da drüben in dem stillen Buchengange vor dem Kloster. Luise schauderte zusammen. Fernando hatte sich schnell zu dem rückkehrenden Julius gesellt. Sie hatte nicht die Kraft, den Fuß von der Stelle zu bewegen. Wie gebannt stand sie an die Felswand gelehnt. Luise! rief Julius, Du wirst Dich in der feuchten Abendluft erkälten. Sie schwankte unsicher an seiner Seite zum Schlosse zurück.
Als nun in der Nacht die Uhr, welche die Todesstunde ihrer Mutter anzeigte, Eins schlug, hüllte sie sich in einen Shawl und ging, die Hölle in der Brust, dumpf und zagend zur Gartenthür hinaus.
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/173>, abgerufen am 16.02.2025. |