Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.täglich auf das freundlichste empfangen ward, ja sich sogar mancher sehr günstigen Blicke und Worte zu rühmen hatte. Viele Ritter und Herren, denen es auf gleiche Weise erging, wurden endlich eins, die Schöne um eine bestimmte Erklärung anzugehn, und wenn sie auch noch von keiner bestimmten Wahl hören wollte, sie doch wenigstens um die Aufgabe irgend einer That oder eines Geschenkes zu bitten, wodurch man des Glückes ihrer Minne theilhaftig werden könne; des vergeblichen Harrens und Seufzens, wie aller fortdauernden Ungewißheit, sei man nun einmal durchaus überdrüssig. Man brachte ihr auch diese Willensmeinung vor, obgleich mit den allerzierlichsten und verbindlichsten Worten, welche sich nur erdenken lassen. Die Schöne aber entgegnete den versammelten Werbern: Ihr Herren, meine Antwort wird kurz sein, wie Ihr Euch denn die Aufgabe leicht selbst hättet machen können, wenn irgend etwas Wahres an Eurer Bewundrung meiner Schönheit zu finden wäre. Ist die Gestalt, in welche es dem Himmel beliebt hat, mich zu kleiden, so gänzlich makellos, als Ihr zu glauben vorgebt, wie ist es dann noch Keinem eingefallen, daß einer solchen auch ein makelloses Gewand gebühre? Was ich aber bis jetzt von Seide, Stoff, Leinen, Flor und irgend andern Kleidungsstücken gesehn täglich auf das freundlichste empfangen ward, ja sich sogar mancher sehr günstigen Blicke und Worte zu rühmen hatte. Viele Ritter und Herren, denen es auf gleiche Weise erging, wurden endlich eins, die Schöne um eine bestimmte Erklärung anzugehn, und wenn sie auch noch von keiner bestimmten Wahl hören wollte, sie doch wenigstens um die Aufgabe irgend einer That oder eines Geschenkes zu bitten, wodurch man des Glückes ihrer Minne theilhaftig werden könne; des vergeblichen Harrens und Seufzens, wie aller fortdauernden Ungewißheit, sei man nun einmal durchaus überdrüssig. Man brachte ihr auch diese Willensmeinung vor, obgleich mit den allerzierlichsten und verbindlichsten Worten, welche sich nur erdenken lassen. Die Schöne aber entgegnete den versammelten Werbern: Ihr Herren, meine Antwort wird kurz sein, wie Ihr Euch denn die Aufgabe leicht selbst hättet machen können, wenn irgend etwas Wahres an Eurer Bewundrung meiner Schönheit zu finden wäre. Ist die Gestalt, in welche es dem Himmel beliebt hat, mich zu kleiden, so gänzlich makellos, als Ihr zu glauben vorgebt, wie ist es dann noch Keinem eingefallen, daß einer solchen auch ein makelloses Gewand gebühre? Was ich aber bis jetzt von Seide, Stoff, Leinen, Flor und irgend andern Kleidungsstücken gesehn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0156" n="148"/> täglich auf das freundlichste empfangen ward, ja sich sogar mancher sehr günstigen Blicke und Worte zu rühmen hatte.</p> <p>Viele Ritter und Herren, denen es auf gleiche Weise erging, wurden endlich eins, die Schöne um eine bestimmte Erklärung anzugehn, und wenn sie auch noch von keiner bestimmten Wahl hören wollte, sie doch wenigstens um die Aufgabe irgend einer That oder eines Geschenkes zu bitten, wodurch man des Glückes ihrer Minne theilhaftig werden könne; des vergeblichen Harrens und Seufzens, wie aller fortdauernden Ungewißheit, sei man nun einmal durchaus überdrüssig. Man brachte ihr auch diese Willensmeinung vor, obgleich mit den allerzierlichsten und verbindlichsten Worten, welche sich nur erdenken lassen. Die Schöne aber entgegnete den versammelten Werbern: Ihr Herren, meine Antwort wird kurz sein, wie Ihr Euch denn die Aufgabe leicht selbst hättet machen können, wenn irgend etwas Wahres an Eurer Bewundrung meiner Schönheit zu finden wäre. Ist die Gestalt, in welche es dem Himmel beliebt hat, mich zu kleiden, so gänzlich makellos, als Ihr zu glauben vorgebt, wie ist es dann noch Keinem eingefallen, daß einer solchen auch ein makelloses Gewand gebühre? Was ich aber bis jetzt von Seide, Stoff, Leinen, Flor und irgend andern Kleidungsstücken gesehn </p> </div> </body> </text> </TEI> [148/0156]
täglich auf das freundlichste empfangen ward, ja sich sogar mancher sehr günstigen Blicke und Worte zu rühmen hatte.
Viele Ritter und Herren, denen es auf gleiche Weise erging, wurden endlich eins, die Schöne um eine bestimmte Erklärung anzugehn, und wenn sie auch noch von keiner bestimmten Wahl hören wollte, sie doch wenigstens um die Aufgabe irgend einer That oder eines Geschenkes zu bitten, wodurch man des Glückes ihrer Minne theilhaftig werden könne; des vergeblichen Harrens und Seufzens, wie aller fortdauernden Ungewißheit, sei man nun einmal durchaus überdrüssig. Man brachte ihr auch diese Willensmeinung vor, obgleich mit den allerzierlichsten und verbindlichsten Worten, welche sich nur erdenken lassen. Die Schöne aber entgegnete den versammelten Werbern: Ihr Herren, meine Antwort wird kurz sein, wie Ihr Euch denn die Aufgabe leicht selbst hättet machen können, wenn irgend etwas Wahres an Eurer Bewundrung meiner Schönheit zu finden wäre. Ist die Gestalt, in welche es dem Himmel beliebt hat, mich zu kleiden, so gänzlich makellos, als Ihr zu glauben vorgebt, wie ist es dann noch Keinem eingefallen, daß einer solchen auch ein makelloses Gewand gebühre? Was ich aber bis jetzt von Seide, Stoff, Leinen, Flor und irgend andern Kleidungsstücken gesehn
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/156>, abgerufen am 16.02.2025. |