Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.Liebe Mutter, mich quält so oft der Gedanke, daß ich überall nicht fähig sei, ein weibliches Gemüth zu beglücken, am wenigsten ein solches, das sich im zartesten Liebeshauch erschloß. Der schwerfällige Ernst unsrer Altväter, der auf mir und meinen düstren Umgebungen ruht, und den die Gluth meiner italienischen Mutter nur im Innern, wie eine zuckende Flamme, durchbricht, läßt mich so wortarm, so schroff, wo ich voll Liebe die Menschen an meine Brust drücken und das tiefste innerste Leben ausweinen möchte! Oft ist es grade das Gefühl dieser äußren Starrheit, was meine Zunge lähmt und mich in wildem Unmuth über die Welt und mich selbst hinaustreibt. Und wie ich dann so einsam hier im dunklen Harzwalde auf mich und den uralten Sitz meiner Ahnen blicke, und es inne werde, daß so wenig modische Macht dem alten Falkenstein ein heitres Ansehn geben konnten, auch mich Jahre langes Reisen und ein bewegliches Leben unter fremdem Himmel unverändert ließen, so denke ich zagend an die lachende Luise und den seltsamen Willen des Schicksals, das uns beide verband. Sie sehen, der wunderliche Knabe blickt noch überall hindurch, der einst Musik und Kerzenschein verschmähend, ruhig in der nahen Klosterkirche, unter dem steinernen Bilde seiner Ahnfrau schlief, Liebe Mutter, mich quält so oft der Gedanke, daß ich überall nicht fähig sei, ein weibliches Gemüth zu beglücken, am wenigsten ein solches, das sich im zartesten Liebeshauch erschloß. Der schwerfällige Ernst unsrer Altväter, der auf mir und meinen düstren Umgebungen ruht, und den die Gluth meiner italienischen Mutter nur im Innern, wie eine zuckende Flamme, durchbricht, läßt mich so wortarm, so schroff, wo ich voll Liebe die Menschen an meine Brust drücken und das tiefste innerste Leben ausweinen möchte! Oft ist es grade das Gefühl dieser äußren Starrheit, was meine Zunge lähmt und mich in wildem Unmuth über die Welt und mich selbst hinaustreibt. Und wie ich dann so einsam hier im dunklen Harzwalde auf mich und den uralten Sitz meiner Ahnen blicke, und es inne werde, daß so wenig modische Macht dem alten Falkenstein ein heitres Ansehn geben konnten, auch mich Jahre langes Reisen und ein bewegliches Leben unter fremdem Himmel unverändert ließen, so denke ich zagend an die lachende Luise und den seltsamen Willen des Schicksals, das uns beide verband. Sie sehen, der wunderliche Knabe blickt noch überall hindurch, der einst Musik und Kerzenschein verschmähend, ruhig in der nahen Klosterkirche, unter dem steinernen Bilde seiner Ahnfrau schlief, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0013" n="5"/> <p> Liebe Mutter, mich quält so oft der Gedanke, daß ich überall nicht fähig sei, ein weibliches Gemüth zu beglücken, am wenigsten ein solches, das sich im zartesten Liebeshauch erschloß.</p> <p>Der schwerfällige Ernst unsrer Altväter, der auf mir und meinen düstren Umgebungen ruht, und den die Gluth meiner italienischen Mutter nur im Innern, wie eine zuckende Flamme, durchbricht, läßt mich so wortarm, so schroff, wo ich voll Liebe die Menschen an meine Brust drücken und das tiefste innerste Leben ausweinen möchte! Oft ist es grade das Gefühl dieser äußren Starrheit, was meine Zunge lähmt und mich in wildem Unmuth über die Welt und mich selbst hinaustreibt. Und wie ich dann so einsam hier im dunklen Harzwalde auf mich und den uralten Sitz meiner Ahnen blicke, und es inne werde, daß so wenig modische Macht dem alten Falkenstein ein heitres Ansehn geben konnten, auch mich Jahre langes Reisen und ein bewegliches Leben unter fremdem Himmel unverändert ließen, so denke ich zagend an die lachende Luise und den seltsamen Willen des Schicksals, das uns beide verband.</p> <p>Sie sehen, der wunderliche Knabe blickt noch überall hindurch, der einst Musik und Kerzenschein verschmähend, ruhig in der nahen Klosterkirche, unter dem steinernen Bilde seiner Ahnfrau schlief, </p> </div> </body> </text> </TEI> [5/0013]
Liebe Mutter, mich quält so oft der Gedanke, daß ich überall nicht fähig sei, ein weibliches Gemüth zu beglücken, am wenigsten ein solches, das sich im zartesten Liebeshauch erschloß.
Der schwerfällige Ernst unsrer Altväter, der auf mir und meinen düstren Umgebungen ruht, und den die Gluth meiner italienischen Mutter nur im Innern, wie eine zuckende Flamme, durchbricht, läßt mich so wortarm, so schroff, wo ich voll Liebe die Menschen an meine Brust drücken und das tiefste innerste Leben ausweinen möchte! Oft ist es grade das Gefühl dieser äußren Starrheit, was meine Zunge lähmt und mich in wildem Unmuth über die Welt und mich selbst hinaustreibt. Und wie ich dann so einsam hier im dunklen Harzwalde auf mich und den uralten Sitz meiner Ahnen blicke, und es inne werde, daß so wenig modische Macht dem alten Falkenstein ein heitres Ansehn geben konnten, auch mich Jahre langes Reisen und ein bewegliches Leben unter fremdem Himmel unverändert ließen, so denke ich zagend an die lachende Luise und den seltsamen Willen des Schicksals, das uns beide verband.
Sie sehen, der wunderliche Knabe blickt noch überall hindurch, der einst Musik und Kerzenschein verschmähend, ruhig in der nahen Klosterkirche, unter dem steinernen Bilde seiner Ahnfrau schlief,
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/13>, abgerufen am 16.02.2025. |