Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.Sie es nur, fuhr er fort, die Bekannten und Freunde sollen doch den lästigen Fremdling nur übertragen helfen; Luise, was habe ich Ihnen gethan, daß Sie mich hassen. Jenes Berühren von Haß und Liebe, in dem Briefe der Baronin, fiel ihr plötzlich ein. Mein Gott, sagte sie schnell, nein, ich hasse Sie nicht, gewiß nicht! Warum fürchten Sie mich denn? fragte er ernst. Mit vollen Schwingen hob sich bei diesen Worten die eingeborne Würde der Weiblichkeit in Luisens Seele. Sie sah ihn ruhig an, und sagte fester, als sie es vor einem Augenblick noch gekonnt hätte, wie sollten Sie mir furchtbar sein, ich kenne Sie weder im Guten noch Bösen. Fernando wollte einlenken, allein Luise blieb für jetzt gefaßt und sicher, weshalb er sich denn auch verletzt zurückzog, und gedankenlos am nächsten Fenster in einem Buche blätterte. Einige Anordnungen nöthigten sie, sich zu entfernen; als sie wieder hereintrat, fand sie das Zimmer leer; allein, zu ihrem großen Schreck, den Brief der Baronin, den sie bei Julius Eintritt in ein Buch gelegt hatte, offen auf demselben Fenster, an dem sie Fernando verlassen. Ich bin verloren, sagte sie, das Blatt in tausend Stücke reißend, wenn er ihn gelesen hat. O über meine Thorheit, jedem Gefühl, das flüchtig durch meine Seele hinzieht, Worte zu leihen, und dadurch so Sie es nur, fuhr er fort, die Bekannten und Freunde sollen doch den lästigen Fremdling nur übertragen helfen; Luise, was habe ich Ihnen gethan, daß Sie mich hassen. Jenes Berühren von Haß und Liebe, in dem Briefe der Baronin, fiel ihr plötzlich ein. Mein Gott, sagte sie schnell, nein, ich hasse Sie nicht, gewiß nicht! Warum fürchten Sie mich denn? fragte er ernst. Mit vollen Schwingen hob sich bei diesen Worten die eingeborne Würde der Weiblichkeit in Luisens Seele. Sie sah ihn ruhig an, und sagte fester, als sie es vor einem Augenblick noch gekonnt hätte, wie sollten Sie mir furchtbar sein, ich kenne Sie weder im Guten noch Bösen. Fernando wollte einlenken, allein Luise blieb für jetzt gefaßt und sicher, weshalb er sich denn auch verletzt zurückzog, und gedankenlos am nächsten Fenster in einem Buche blätterte. Einige Anordnungen nöthigten sie, sich zu entfernen; als sie wieder hereintrat, fand sie das Zimmer leer; allein, zu ihrem großen Schreck, den Brief der Baronin, den sie bei Julius Eintritt in ein Buch gelegt hatte, offen auf demselben Fenster, an dem sie Fernando verlassen. Ich bin verloren, sagte sie, das Blatt in tausend Stücke reißend, wenn er ihn gelesen hat. O über meine Thorheit, jedem Gefühl, das flüchtig durch meine Seele hinzieht, Worte zu leihen, und dadurch so <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0121" n="113"/> Sie es nur, fuhr er fort, die Bekannten und Freunde sollen doch den lästigen Fremdling nur übertragen helfen; Luise, was habe ich Ihnen gethan, daß Sie mich hassen. Jenes Berühren von Haß und Liebe, in dem Briefe der Baronin, fiel ihr plötzlich ein. Mein Gott, sagte sie schnell, nein, ich hasse Sie nicht, gewiß nicht! Warum fürchten Sie mich denn? fragte er ernst. Mit vollen Schwingen hob sich bei diesen Worten die eingeborne Würde der Weiblichkeit in Luisens Seele. Sie sah ihn ruhig an, und sagte fester, als sie es vor einem Augenblick noch gekonnt hätte, wie sollten Sie mir furchtbar sein, ich kenne Sie weder im Guten noch Bösen. Fernando wollte einlenken, allein Luise blieb für jetzt gefaßt und sicher, weshalb er sich denn auch verletzt zurückzog, und gedankenlos am nächsten Fenster in einem Buche blätterte. Einige Anordnungen nöthigten sie, sich zu entfernen; als sie wieder hereintrat, fand sie das Zimmer leer; allein, zu ihrem großen Schreck, den Brief der Baronin, den sie bei Julius Eintritt in ein Buch gelegt hatte, offen auf demselben Fenster, an dem sie Fernando verlassen. Ich bin verloren, sagte sie, das Blatt in tausend Stücke reißend, wenn er ihn gelesen hat. O über meine Thorheit, jedem Gefühl, das flüchtig durch meine Seele hinzieht, Worte zu leihen, und dadurch so </p> </div> </body> </text> </TEI> [113/0121]
Sie es nur, fuhr er fort, die Bekannten und Freunde sollen doch den lästigen Fremdling nur übertragen helfen; Luise, was habe ich Ihnen gethan, daß Sie mich hassen. Jenes Berühren von Haß und Liebe, in dem Briefe der Baronin, fiel ihr plötzlich ein. Mein Gott, sagte sie schnell, nein, ich hasse Sie nicht, gewiß nicht! Warum fürchten Sie mich denn? fragte er ernst. Mit vollen Schwingen hob sich bei diesen Worten die eingeborne Würde der Weiblichkeit in Luisens Seele. Sie sah ihn ruhig an, und sagte fester, als sie es vor einem Augenblick noch gekonnt hätte, wie sollten Sie mir furchtbar sein, ich kenne Sie weder im Guten noch Bösen. Fernando wollte einlenken, allein Luise blieb für jetzt gefaßt und sicher, weshalb er sich denn auch verletzt zurückzog, und gedankenlos am nächsten Fenster in einem Buche blätterte. Einige Anordnungen nöthigten sie, sich zu entfernen; als sie wieder hereintrat, fand sie das Zimmer leer; allein, zu ihrem großen Schreck, den Brief der Baronin, den sie bei Julius Eintritt in ein Buch gelegt hatte, offen auf demselben Fenster, an dem sie Fernando verlassen. Ich bin verloren, sagte sie, das Blatt in tausend Stücke reißend, wenn er ihn gelesen hat. O über meine Thorheit, jedem Gefühl, das flüchtig durch meine Seele hinzieht, Worte zu leihen, und dadurch so
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/121>, abgerufen am 16.02.2025. |