Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.in meiner Seele spricht, um ihn nie zu überhören. Guten Morgen, liebe Luise! rief hier Julius, der eben unter ihrem Fenster, an welches sie sich gedankenvoll lehnte, vorüberging. Sie fuhr unwillkührlich zusammen. Seine Stimme traf sie wie ein innrer Vorwurf. Er sah so gut, so herzensgut, aus, die Thränen traten ihr in die Augen. Guten Morgen! rief sie aus voller Seele, als er in dem Augenblick zu ihr hereintrat. Er hatte ihr heut tausend Dinge zu sagen. Sein Herz öffnete sich wie unter freundlicher Berührung; es war klar, irgend etwas Aeußres regte ihn ungewöhnt an. Luise lenkte das Gespräch auf den gestrigen Abend, und bemerkte bald, daß er auch in ihm einen Eindruck zurückgelassen, der noch jetzt fortwirkte. Es ist nicht jene Geschichte, sagte Julius, ihre Fragen beantwortend, was mich bewegt. Ich möchte ihren Inhalt vergessen können, der die Möglichkeit des plötzlichen Sündenfalls in einer bis dahin frommen und reinen Seele, so schauderhaft, in dieser blutigen Verzerrung hinstellt. Nein, es ist der Mönch, den ich nicht vergessen kann. Wie verzückt sah er auf eine Stelle, als ich zu ihm hintrat, und ohne meinen Gruß zu beachten, sagte er vor sich hinredend: unbegreifliches, unbegreifliches Schicksal! dann fragte er mit einer Heftigkeit, die ich ihm in meiner Seele spricht, um ihn nie zu überhören. Guten Morgen, liebe Luise! rief hier Julius, der eben unter ihrem Fenster, an welches sie sich gedankenvoll lehnte, vorüberging. Sie fuhr unwillkührlich zusammen. Seine Stimme traf sie wie ein innrer Vorwurf. Er sah so gut, so herzensgut, aus, die Thränen traten ihr in die Augen. Guten Morgen! rief sie aus voller Seele, als er in dem Augenblick zu ihr hereintrat. Er hatte ihr heut tausend Dinge zu sagen. Sein Herz öffnete sich wie unter freundlicher Berührung; es war klar, irgend etwas Aeußres regte ihn ungewöhnt an. Luise lenkte das Gespräch auf den gestrigen Abend, und bemerkte bald, daß er auch in ihm einen Eindruck zurückgelassen, der noch jetzt fortwirkte. Es ist nicht jene Geschichte, sagte Julius, ihre Fragen beantwortend, was mich bewegt. Ich möchte ihren Inhalt vergessen können, der die Möglichkeit des plötzlichen Sündenfalls in einer bis dahin frommen und reinen Seele, so schauderhaft, in dieser blutigen Verzerrung hinstellt. Nein, es ist der Mönch, den ich nicht vergessen kann. Wie verzückt sah er auf eine Stelle, als ich zu ihm hintrat, und ohne meinen Gruß zu beachten, sagte er vor sich hinredend: unbegreifliches, unbegreifliches Schicksal! dann fragte er mit einer Heftigkeit, die ich ihm <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0119" n="111"/> in meiner Seele spricht, um ihn nie zu überhören.</p> <p>Guten Morgen, liebe Luise! rief hier Julius, der eben unter ihrem Fenster, an welches sie sich gedankenvoll lehnte, vorüberging. Sie fuhr unwillkührlich zusammen. Seine Stimme traf sie wie ein innrer Vorwurf. Er sah so gut, so herzensgut, aus, die Thränen traten ihr in die Augen. Guten Morgen! rief sie aus voller Seele, als er in dem Augenblick zu ihr hereintrat. Er hatte ihr heut tausend Dinge zu sagen. Sein Herz öffnete sich wie unter freundlicher Berührung; es war klar, irgend etwas Aeußres regte ihn ungewöhnt an. Luise lenkte das Gespräch auf den gestrigen Abend, und bemerkte bald, daß er auch in ihm einen Eindruck zurückgelassen, der noch jetzt fortwirkte. Es ist nicht jene Geschichte, sagte Julius, ihre Fragen beantwortend, was mich bewegt. Ich möchte ihren Inhalt vergessen können, der die Möglichkeit des plötzlichen Sündenfalls in einer bis dahin frommen und reinen Seele, so schauderhaft, in dieser blutigen Verzerrung hinstellt. Nein, es ist der Mönch, den ich nicht vergessen kann. Wie verzückt sah er auf eine Stelle, als ich zu ihm hintrat, und ohne meinen Gruß zu beachten, sagte er vor sich hinredend: unbegreifliches, unbegreifliches Schicksal! dann fragte er mit einer Heftigkeit, die ich ihm </p> </div> </body> </text> </TEI> [111/0119]
in meiner Seele spricht, um ihn nie zu überhören.
Guten Morgen, liebe Luise! rief hier Julius, der eben unter ihrem Fenster, an welches sie sich gedankenvoll lehnte, vorüberging. Sie fuhr unwillkührlich zusammen. Seine Stimme traf sie wie ein innrer Vorwurf. Er sah so gut, so herzensgut, aus, die Thränen traten ihr in die Augen. Guten Morgen! rief sie aus voller Seele, als er in dem Augenblick zu ihr hereintrat. Er hatte ihr heut tausend Dinge zu sagen. Sein Herz öffnete sich wie unter freundlicher Berührung; es war klar, irgend etwas Aeußres regte ihn ungewöhnt an. Luise lenkte das Gespräch auf den gestrigen Abend, und bemerkte bald, daß er auch in ihm einen Eindruck zurückgelassen, der noch jetzt fortwirkte. Es ist nicht jene Geschichte, sagte Julius, ihre Fragen beantwortend, was mich bewegt. Ich möchte ihren Inhalt vergessen können, der die Möglichkeit des plötzlichen Sündenfalls in einer bis dahin frommen und reinen Seele, so schauderhaft, in dieser blutigen Verzerrung hinstellt. Nein, es ist der Mönch, den ich nicht vergessen kann. Wie verzückt sah er auf eine Stelle, als ich zu ihm hintrat, und ohne meinen Gruß zu beachten, sagte er vor sich hinredend: unbegreifliches, unbegreifliches Schicksal! dann fragte er mit einer Heftigkeit, die ich ihm
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/119>, abgerufen am 19.07.2024. |